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Sankt Martin abschaffen? Kindergarten feiert 2013 alternatives Fest


Rituale mit Kleinkindern
Brauchtum: Wird Sankt Martin abgeschafft?

t-online, dpa, mmh

Aktualisiert am 06.11.2013Lesedauer: 3 Min.
Diskussion um den Sankt-Martins-Umzug: Passen Feste und Bräuche mit religiösem Hintergrund noch in unsere Zeit?Vergrößern des BildesDiskussion um den Sankt-Martins-Umzug: Passen Feste und Bräuche mit religiösem Hintergrund noch in unsere Zeit? (Quelle: dpa-bilder)
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Rabimmel, rabammel, rabumm! November ist Laternenzeit: Erleuchtete Kürbisgesichter und selbstgebastelte Martinslaternen beim Laternenumzug der Kleinkinder gehören dazu. Oder etwa nicht mehr? Ein Kindergarten in Hessen sorgt jetzt für hitzige Diskussionen: Sankt Martin wurde umbenannt in "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest". Muss Sankt Martin abgeschafft werden, weil das Fest auf einer christlichen Legende beruht und somit politisch nicht korrekt ist? Das sagen Brauchtumsforscher, Eltern und Politiker dazu.

Die Laternen bleiben, doch Sankt Martin hat ausgedient. Der traditionell verkleidete Ritter, der laut einer christlichen Sage auf einem Schimmel reitet und mit seinem Schwert seinen Mantel zerschneidet, um ihn mit einem Bettler zu teilen, wurde abgeschafft. Er reitet nicht mehr dem Kinder-Umzug in Bad Homburg voran, den Kindern wird der Ursprung des Brauchs nicht mehr vermittelt.

Sonne-Mond-und-Sterne-Fest statt Martinsumzug

Eltern berichten, man habe das Fest umbenannt, um niemanden zu diskriminieren, einer Mutter wurde gesagt, dass das "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest politisch korrekter" sei. Die Stadt bestreitet einen religiösen Hintergrund der Umbenennung. Angeblich sei der Name nur inoffiziell, und entstanden, weil bei vorhergehenden Festen Sternchensuppe gereicht wurde.

Mit der Diskussion steht der Kindergarten nicht alleine. Andere städtische Kindergärten in Deutschland haben das Fest inzwischen ganz abgeschafft und feiern stattdessen Halloween. Viele Eltern fragen sich, was dann mit Festen wie Nikolaus und Weihnachten geschieht. Wintermarkt statt Weihnachtsmarkt, Lichterfest statt Weihnachten: Sterben die Feste mit christlichen Wurzeln aus?

Universeller Gedanke: Es geht um das Teilen mit Armen

Der ehemalige Oberbürgermeister des Ortes, Wolfgang Assmann, eine führende Kraft beim Trialog der drei monotheistischen Weltreligionen, hat der Frankfurter Neuen Presse zufolge für derlei Verrenkungen wenig Verständnis. Immerhin sei der Grundgedanke, der hinter dem Martinsfest stehe, für alle Religionen gültig. "Das Teilen mit Armen ist ein sehr vernünftiger Gedanke. Daher ist die Umbenennung in meinen Augen seltsam."

Heftige Diskussion um Umbenennung

Inzwischen diskutieren Eltern, auch nichtchristliche, darüber, ob man einen liebgewordenen Brauch behalten oder zugunsten neuer, nichtreligiöser Feste abschaffen soll. Andere fragen sich, ob in unserer modernen Gesellschaft nicht alles seinen Platz hat.

Der Brauchtumsforscher und Sankt-Martins-Experte Manfred Becker-Huberti hat beobachtet, dass Sankt Martin sogar unter Muslimen viele Anhänger hat und sich sehr gut gegen Halloween behaupten kann. Häufig werde einfach beides gefeiert. "Wobei ich das Gefühl habe, dass an Sankt Martin der eigentliche Festinhalt - das Teilen - wieder stärker im Vordergrund steht. Entweder indem man zusammen gripschen geht oder aber indem man das Gripschen so betreibt, dass das, was man gegripscht hat, anderen zugutekommt " Gripschen, so der Experte, ist eine Variante von "Trick or treat". Kinder ziehen mit ihren Laternen von Haus zu Haus, singen ein Martinslied und werden mit Süßigkeiten belohnt. Dieser Brauch sei vor allem in katholischen Gegenden wie dem Rheinland verbreitet.

Regionale Unterschiede im Brauchtum

Im Osten setze man die Akzente anders. "Luther ist am 10. November, also am Martinsabend, geboren und hat den Heiligen Martin sofort zum Namenspatron bekommen. Und so wird dann in Erfurt aus dem Martinsbrötchen ein Lutherbrötchen."

Der Brauchtumsexperte sieht das religiöse Nebeneinander gelassen, nicht nur katholisch und evangelisch, sondern auch die Teilnahme muslimischer Kinder am Martinsumzug: "Wenn die Eltern kein Problem damit haben, warum nicht? Ich habe mit etlichen Eltern darüber gesprochen, und die sagen: 'Der Martin war ein guter Mann, der hat ein Beispiel gegeben, und das können unsere Kinder auch nachahmen." Teilen ist doch ein universeller Wert." Er ist der Meinung, "Traditionen muss man weiterentwickeln, sonst sterben sie aus".

Dem stimmt auch Aiman A. Mazyek zu. Der Teilnahme muslimischer Kinder an Martinszügen steht nach Ansicht des Zentralrats der Muslime nichts im Wege. Im Gegenteil: "Ich habe gerne mit meiner Mutter in der Grundschulzeit mitgemacht. Viele muslimische Familien nehmen das gerne auf, und dieser Laternen- und Fackelzug ist für Kinder und Erwachsene natürlich auch ein Spektakel." Dass Sankt Martin ein katholischer Heiliger sei, stelle für Muslime keinen Hinderungsgrund da. "Das Leben von St. Martin ist doch geradezu vorbildlich, auch für Muslime. Der Gedanke des Teilens spielt im Islam eine große Rolle", sagt Mazyek. Inzwischen nehmen auch immer mehr muslimische Kinder an den Martinszügen teil.

"Traditionen muss man weiterentwickeln"

Becker-Huberti sieht ein ganz anderes Problem, das dem Martinsumzug heute zu schaffen macht: "Die Pferde sind heute oft das große Problem. Denn Sie können nicht jedes Pferd dafür nehmen. Es muss ein weißes Pferd sein, weil ein Heiliger immer auf einem weißen Pferd reitet, und das Pferd muss an Lärm gewöhnt sein. Genügend weiße Pferde am Martinstag zu bekommen, war früher wesentlich einfacher. Deshalb verschiebt man den Termin heute oft ein bisschen, so dass alle ans Pferd kommen können."

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