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Eröffnung des "Hildegard von Bingen Pilgerwanderwegs"


"Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg" wird eröffnet

srt, Heidrun Braun

08.09.2017Lesedauer: 4 Min.
Der mächtige Rundturm und die Schlosskirche erinnern an die Grafen von Sponheim.Vergrößern des BildesHerrstein ist eine Perle unter den Hunsrückdörfern. Ein mächtiger Rundturm und die Schlosskirche erinnern in dem malerischen Fachwerkort an die Grafen von Sponheim (Quelle: srt/Heidrun Braun)
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Im September 2017 wird der "Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg" von Idar-Oberstein an der Nahe bis nach Bingen am Rhein eröffnet.

Der Disibodenberg am Zusammenfluss von Nahe und Glan war schon in der Keltenzeit ein Kultplatz. Die Römer bauten auf ihm einen Jupitertempel und der Mönch Disibod lebte dort im 7. Jahrhundert als Einsiedler. Im 12. Jahrhundert errichteten die Benediktiner auf dem Berg eine große Klosteranlage, die für ein halbes Leben lang Wirkungsort der Nonne wurde, die als Hildegard von Bingen in die Geschichte einging und 2012 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen wurde. Nun ist der mystische Berg Mittelpunkt des ökumenischen "Hildegard von Bingen Pilgerwanderweges".

137 Kilometer Lang

Der 137 Kilometer lange Pilgerweg beginnt in Idar-Oberstein an der Nahe und endet in Bingen am Rhein. Dort findet er Anschluss an den Binger Hildegardweg und an den Hildegardweg auf der anderen Rheinseite in Rüdesheim, der zur letzten Station der als Zehn-Tage-Tour konzipierten Pilgerwanderung zum Hildegardschrein in der Wallfahrtskirche Eibingen führt. Ausgeschildert ist der neue Pilgerweg mit dem stilisierten Abbild einer Nonne auf weißem Grund.

Auf der gesamten Strecke nutzt der "Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg" bereits bestehende Wanderwege, die abwechslungsreich durch Weinberge und über Wald- und Feldwege zu Klöstern, Kirchen, Burgen, Museen und Kräutergärten führen. Von Idar-Oberstein bis Herrstein folgt er zum Beispiel, dem Saar-Hunsrück-Steig, der in diesem Jahr von den Lesern des "Wandermagazins" zu Deutschlands schönstem Weitwanderweg gewählt wurde.

"Omas gefüllten Klößen in Specksoße" in Herrstein

Herrstein ist eine Perle unter den Hunsrückdörfern. Ein mächtiger Rundturm und die Schlosskirche erinnern in dem malerischen Fachwerkort an die Grafen von Sponheim. Sie lebten gut von den Abgaben der Bauern, die in der Zehntscheune gelagert wurden. Heute ist dort eine urige Gaststätte und jedes Pilgerherz wird bei "Omas gefüllten Klößen in Specksoße" schwach. Schon die halbe Portion dieses köstlichen Hunsrücker Nationalgerichts ist eine Herausforderung. So einen Sattmacher hätte auch Hildegard von Bingen gelobt. Sie kam im Alter von acht Jahren in das Haus der Grafen und wurde von Jutta von Sponheim unterrichtet. Gemeinsam traten die beiden 1112 in das Kloster auf dem Disibodenberg ein. Damals war Hildegard gerade 14 Jahre alt. Von der Stammburg der Grafen in Sponheim steht nur noch der Turm. 108 Stufen führen hinauf zur 360-Grad-Sicht.

Stopp in Hildegards wahrscheinlichem Geburtsort Niederhosenbach

Auf der zweiten Etappe erreichen die Pilger Niederhosenbach, das in der neueren Hildegard-Forschung als wahrscheinlicher Geburtsort Hildegards angesehen wird. "Im Römischen Reich lebte während der Regierungszeit Heinrichs, des vierten Kaisers dieses Namens, im Gebiet des diesseitigen Galliens eine Jungfrau, berühmt durch den Adel ihrer Herkunft als auch ihrer Heiligkeit, mit Namen Hildegard, Tochter des Vaters Hildebert und der Mutter Mechtild", heißt es in der Vita Hildegards. Hildegard verlebte eine wohlbehütete Kindheit. Ihre vornehme Herkunft war der Grund dafür, dass sie lange Zeit an ihrem Standesbewusstsein festhielt. Erst im hohen Alter akzeptierte sie auch nichtadelige Nonnen in ihren Klöstern. Außerdem verhalf ihr die hohe Geburt zur nötigen Anerkennung und zu den Mitteln für ihr erfolgreiches Wirken.

In der schlichten evangelischen Kirche von Niederhosenbach ist ein Faksimile des Buches "Scivia - Wisse die Wege" ausgestellt. Das Original ging im Zweiten Weltkrieg verloren. Die Benediktinerinnen der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen hatten zum Glück vorher eine genaue Abschrift angefertigt und gelten als die Pioniere der Hildegardforschung.

27 Meditationstafeln mit Hildegards Gedanken zu ihren Visionen entlang des Weges

Hildegard-Expertin und Initiatorin des Pilgerweges, Dr. Annette Esser, liegt das Buch "Scivia" am Herzen: "Dieses visionäre und künstlerisch wertvolle und wichtigstes Werk Hildegards möchte ich den Pilgern über Meditationstafeln sehr gern nahebringen und verständlich machen." Hildegards Gedanken zu ihren Visionen werden auf 27 Meditationstafeln, die entlang des Weges aufgestellt werden, beschrieben. Auf jeder Tafel können sich die Pilger per QR-Code Kompositionen der Heiligen anhören, denn Hildegard schrieb nicht nur ihre Erkenntnisse auf, sondern komponierte auch Kirchenmusik.

Bis zum Jahresende sollen alle Meditationstafeln und 32 Informationstafeln zu den historischen Orten und zu Leben und Schaffen der für ihre natur- und heilkundlichen Erkenntnisse bekannt gewordenen Äbtissin aufgestellt sein. Schon jetzt sind die Wanderkarten zu den einzelnen Etappen und die dazugehörigen Informationstafeln auf der Rheinland-Pfalz-Touren-App abrufbar.

Die himmlisch ruhige Alternative zu Santiago de Compostela

Von Niederhosenbach führt der Pilgerweg unspektakulär durch Wald und offene Landschaft nach Bergen. Zeit genug, um seine Gedanken ohne Ablenkung dahin gehen zu lassen, wohin sie wollen. Nach dieser Möglichkeit der inneren Einkehr sehnen sich immer mehr Menschen. Im vergangenen Jahr pilgerten fast 280.000 Menschen aus aller Welt nach Santiago de Compostela. Da wird es auf dem Jakobsweg schon mal eng. Auf dem Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg ist es noch himmlisch ruhig.

Im evangelischen Dorf Bergen verbringt der Theologe Paul Krachen seinen Ruhestand. Er führt das kleine Gästehaus Toskana, das er sich auch als Pilgerstation vorstellen kann. Dafür plant er den Bau einer Hütte mit Getränkeangebot und Toilette auf der Grundlage einer Kasse des Vertrauens. "Jeder ist auf meinem Hof willkommen, um sich von der Wanderung auszuruhen oder sein Vesperbrot zu essen", lädt er die Pilger schon mal ein. Viele Olivenbäume rund um das Haus aus Sandsteinblöcken gebaute Haus sind eine Reminiszenz an sein Faible für Italien. Und auch da ist er ganz nah bei Hildegard von Bingen, die in ihren naturkundlichen Schriften die Heilkraft des Ölbaums preist.

"Wein vom Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg gibt"

Auch für den Wein bricht Hildegard eine Lanze. Da liegt es nahe, dass es auch einen "Wein vom Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg gibt". Es ist ein feinherber Riesling aus dem Weingut Grossarth in Odernheim am Glan. Die Trauben reiften auf der steilen Weinlage "Kloster Disibodenberg". Einige Gastronomen am Weg haben Hildegard-Menüs schon lange auf der Speisekarte. Das Dinkelratatouille von Wigbert Weck im Restaurant Hermannshöhle zum Beispiel lässt jedes Vorurteil gegenüber dem Urkorn schwinden und hat nichts mit dem eher trockenen Dinkelkeks zu tun, der im Namen von Hildegard gern als Mitbringsel vermarktet wird.

Schon in hohem Alter gründete Hildegard von Bingen noch zwei Frauenklöster in Rüdesheim/Eibingen und auf dem Bingener Rupertsberg. Sie verstarb im damals biblischen Alter von 81 Jahren. Ihr Streben danach, Fragen zu stellen, um die Welt und ihre Zusammenhänge besser zu verstehen, macht sie zu einer der bedeutendsten und interessantesten Frauen des Mittelalters.

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