Nach Wahlen Island steht schwierige Regierungsbildung bevor

Die Regierungsbildung in Island könnte sich als kompliziert erweisen, nachdem die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Bjarni Bendeiktsson in Folge politischer Skandale von 70 Prozent der Stimmen abgewählt worden ist.
Dies könnte nun den Weg frei machen für eine linksgerichtete Koalition unter der Anführerin der Links-Grüne-Bewegung Katrin Jakobsdottir. Den jüngsten Ergebnissen vom Sonntag zufolge käme das Bündnis aus vier Parteien auf die äußerst knappe Mehrheit von 32 Mandaten im 63 Sitze zählenden Parlament.
Die konservative Unabhängigkeitspartei von Benediktsson verlor bei den vorgezogenen Wahlen zwar Stimmen, wurde aber trotzdem stärkste Kraft. Allerdings hat eine der bisherigen Regierungsparteien den Wiedereinzug ins Parlament verpasst, während dies zwei neuen Parteien gelang.
Der Inselstaat im Nordatlantik mit 340.000 Einwohnern gehört zu den von der Finanzkrise 2008 am stärksten getroffenen Ländern. Das gesamte Bankensystem kollabierte nach Jahrzehnten der aggressiven Expansion in Übersee innerhalb einer Woche. Nur durch die Verstaatlichung seiner Banken und mit Hilfe ausländischer Darlehen in Milliardenhöhe konnte eine Staatspleite verhindert werden. Zuletzt ging es der Wirtschaft – vor allem wegen des Booms im Tourismus – immer besser. Trotzdem kommt der Aufschwung nicht bei allen Isländern an. Zuletzt klagten viele über das Gefühl einer zunehmenden Ungleichheit und äußerten ihr Unbehagen über die Zuwanderung in einem der ethnisch homogensten Länder der Welt.
Links-Grün wird zweitstärkste Kraft
Die Links-Grün-Bewegung der 41-jährigen Jakobsdottir wurde nach Auszählung von rund zwei Dritteln zweitstärkste Kraft. Die Partei setzt sich für eine bessere Gesundheitsversorgung und höhere Ausgaben für Bildung und Infrastruktur im Gegenzug für eine Anhebung der Steuern für Reiche und die Einführung einer Immobilienabgabe ein. Jakobsdottir sagte zu Reuters, bisher keine Zusammenarbeit mit irgendeiner Partei auszuschließen.
Regierungschef Benediktsson hatte die Parlamentswahl vorgezogen. Hintergrund ist ein Skandal, in dem sein Vater versucht hatte, das Vorstrafenregister eines alten Freundes zu löschen, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war. Einer der beiden Koalitionspartner warf Benediktssons Partei vor, die Affäre zu vertuschen, und verließ die Regierung.