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Thailand: Jugendliche in Höhle – So riskant ist die Rettungsaktion


Gefährliches Höhlentauchen
So riskant ist die Rettungsaktion in Thailand

Von t-online, dpa, str

Aktualisiert am 06.07.2018Lesedauer: 5 Min.
Rettungstaucher vor der Tham Luang Höhle in Thailand: Die speziell ausgebildeten Höhlentaucher verwenden mit hochkonzentriertem Sauerstoff angereicherte Atemluft.Vergrößern des BildesRettungstaucher vor der Tham Luang Höhle in Thailand: Die Höhlentaucher verwenden mit hochkonzentriertem Sauerstoff angereicherte Atemluft. Damit können sie länger unter Wasser bleiben. Dafür braucht man aber eine besondere Ausbildung. (Quelle: Sakchai Lalit/ap-bilder)
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Die Rettung der zwölf in einer Höhle eingeschlossenen Jugendlichen in Thailand gestaltet sich äußerst kompliziert. Jetzt ist ein Rettungstaucher tödlich verunglückt. Was sagt das über die Bedingungen vor Ort und die Überlebenschancen der Jungen aus?

Saman Kunan wird als Held begraben. Der 37-Jährige starb bei dem Versuch, die seit zwei Wochen in einer Höhle eingeschlossenen Jugendlichen in Thailand mit Atemluft zu versorgen. Dabei ist der erfahrene Rettungstaucher offenbar selbst in dem komplexen Höhlensystem erstickt. Und nun sollen die Kinder, die zum Teil nicht einmal schwimmen können, nach einem Crash-Kurs im Tauchen befreit werden.

Der Plan, die Jugendlichen mit Hilfe von Tauchern aus der Tham Luang Höhle herauszuholen, ist nur eine von mehreren riskanten Operationen. Die Rettungskräfte wollen nichts unversucht lassen. Doch der Einsatz muss extrem gut vorbereitet werden. Wir erklären, worauf es beim Höhlentauchen ankommt.

Warum ist der Taucher gestorben?

Kunan sei aufgrund von Sauerstoffmangel bewusstlos geworden und gestorben, hieß es zunächst. Das Unglück ereignete sich nach Informationen des britischen "Guardian" auf dem Rückweg in "Kammer Drei", auf halber Strecke nach draußen. Der ehemalige Marinesoldat hatte zusammen mit einem Begleiter am Aufbau einer Sauerstoffleitung gearbeitet. Denn tief in der Höhle, wo die Jugendlichen ausharren, gibt es immer weniger Luft zum Atmen.

Warum Kunan beim Tauchen das Bewusstsein verlor, ist unklar. Normalerweise werden Tauchgänge minutiös geplant, gerade beim Höhlentauchen. An ihren Geräten sehen Taucher, wie viel Luft im Tank verbleibt und wann es Zeit ist, umzukehren. Für den Rückweg wird dabei immer eine Notreserve eingeplant.

Doch um die Rettungsaktion voranzutreiben, müssen die Helfer Risiken eingehen. Technische Taucher verwenden oft mit hochkonzentriertem Sauerstoff angereicherte Luft, die es ihnen erlaubt, länger unter Wasser zu bleiben. Bei falscher Anwendung kann diese Luftmischung aber zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit führen.

Es könnte aber auch sein, dass weitere Höhlengänge geflutet wurden, während die Männer noch im Inneren beschäftigt waren. Kunan hatte seine Sauerstoffvorräte womöglich ausgereizt, bevor sie es zurück an die Oberfläche schaffen konnten. Denkbar wäre auch, dass das technische Equipment versagt hat oder in den engen Höhlenschächten beschädigt wurde.

Zwar sind Taucher in solchen Lagen niemals alleine unterwegs; es ist immer der sogenannte "Dive Buddy" dabei. Der muss im Fall einer Technik-Panne schnell genug zur Stelle sein, um den verunglückten Taucher mit Luft aus dem eigenen Tank versorgen zu können. Kunans Tauchpartner konnte jedoch nicht viel tun. Er musste hilflos mit ansehen, wie sein Freund ertrank. Vergeblich habe er noch versucht, ihn in Sicherheit zu bringen, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

Aufnahmen der Helmkamera eines Helfers zeigen die beschwerlichen Bedingungen:

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Was wissen wir über die Gegebenheiten in der Höhle?

Mehr als drei Kilometer liegen zwischen dem Eingang der Höhle und der Anhöhe, auf die sich die Jugendlichen und ihr Trainer zurückgezogen haben. Der Weg ist lang und extrem beschwerlich. An einigen Stellen ist die Höhle wohl so eng, dass die Taucher den Sauerstofftank ablegen müssen. Sechs Stunden brauchten die ersten Rettungstrupps, um die Vermissten zu erreichen.

Immerhin steht die Höhle nur noch teilweise unter Wasser. Doch der Wasserspiegel kann jederzeit wieder sprunghaft ansteigen und zur tödlichen Falle werden. Hunderte Pumpen arbeiten pausenlos daran, das zu verhindern. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Es drohen weitere schwere Regenfälle.

Am Freitag standen noch etwa zwei Kilometer der Strecke unter Wasser und müssen tauchend zurückgelegt werden. Ein Taucher berichtete, es habe sie drei Stunden gekostet, die eingeschlossenen Teenager zu erreichen. Das liegt an der starken Strömung, die es den Rettungshelfern teilweise sogar unmöglich machte, ihre Arbeit fortzusetzen. Gegen die Fluten anzukämpfen, ist zwecklos.

Auf dem Weg nach draußen schwimmen die Taucher mit der Strömung. Das ist weniger anstrengend, birgt aber besondere Gefahren. Vor allem dort wo sich Gänge verengen, können sich die Wassermassen unvermittelt beschleunigen, den Taucher mitreißen und gegen Höhlenwände schmettern. Es gilt also, den richtigen Moment abzupassen, wenn weniger Wasser nachdrängt. Die wechselnden Bedingungen bremsen die Rettungsarbeiten immer wieder aus.

Worauf kommt es beim Höhlentauchen an?

Die Grundlagen des Sporttauchens lernt man in wenigen Tagen. Doch es erfordert extrem viel Übung, sich kraftsparend und kontrolliert unter Wasser zu bewegen. Die meisten Anfänger rudern wild mit Armen und Beinen. In einer engen Höhle besteht dabei die Gefahr, sich zu verletzen.

Es braucht eigentlich ein Spezialtraining und viel Erfahrung, um unter diesen Bedingungen zu tauchen. Man muss sich das so vorstellen: Die knapp 20° C Wassertemperatur fühlen sich im fünf oder sieben Millimeter dünnen Wetsuit bald bitterkalt an. In der Höhle ist es stockdunkel. Unter Wasser hilft auch die Taschenlampe nicht weiter. Denn das Wasser hat den Kalkstein abgewaschen. Dessen feine Partikel machen es teilweise undurchsichtig wie eine Wand. In der Schwerelosigkeit geht jeder Orientierungssinn verloren, bis man nicht mehr weiß, wo oben und wo unten ist.

Normalerweise kommunizieren Taucher per Handzeichen. Die Teams hoffen daher, dass sich die Sichtbarkeit unter Wasser bald bessert. Wiederum hängt alles vom Wetter ab.

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Wie geht es weiter?

Noch lassen die hunderten Helfer und Rettungsspezialisten nichts unversucht, um die junge Fußballmannschaft aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien. Doch bisher erweist sich die einzige risikofreie Lösung als nutzlos: Die Pumpen können die Wege nicht freilegen, weil immer wieder Wasser nachströmt. Zwischenzeitlich gab es deshalb die Überlegung, die Eingeschlossenen mit Sauerstoff, Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen und monatelang bis zum Ende der Regensaison ausharren zu lassen. Das hieße: bis Ende Oktober.

Die meisten wollen die Befreiung früher wagen. Spezialisten aus aller Welt haben ihre Hilfe angeboten. Sie wollen versuchen, die Höhle mit effektiveren Pumpsystemen trocken zu legen oder ein Loch in die Höhlendecke zu bohren. Das Problem: Die Jugendlichen sitzen in einer Tiefe von mehr als 800 Metern fest.

Die Retter müssen Zeit gewinnen. Für die Taucher geht es jetzt vor allem darum, sich mit den Gegebenheiten der Höhle vertraut zu machen und potenzielle Gefahrenstellen zu identifizieren. Gleichzeitig wird eine Infrastruktur aufgebaut, die Risiken reduziert: Entlang des Weges werden in kurzen Abständen Sauerstoffvorräte platziert. Die Retter müssen sicherstellen, dass die unerfahrenen Jugendlichen möglichst gefahrlos nach draußen begleitet werden können. Eine Leine, an der sich die Taucher orientieren und festhalten können, ist bereits installiert.

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Wie könnte die Rettung verlaufen?

Zunächst müssen die Jungen aufgepäppelt werden. Eine gute körperliche Verfassung ist außerordentlich wichtig beim Tauchen. Schon eine Erkältung könnte die Rettungspläne zunichte machen.

Wenn sie sich bereit fühlen, werden die Jungen einer nach dem anderen herausgebracht. Sie bekommen Tauchmasken, die das ganze Gesicht bedecken, Tauchanzüge, Stiefel und Helme. Den Sauerstofftank teilen sie sich mit dem Rettungstaucher.

Die Jungen werden von thailändisch sprechenden Tauchprofis auf die Herausforderungen vorbereitet. Das wichtigste ist, dass sie unter Wasser die Ruhe bewahren können. Die Jugendlichen müssen ihren Rettern im wahrsten Sinne des Wortes blind vertrauen können. Ein Taucher, der unter Wasser in Panik gerät, bringt sich und seinen Begleiter in Lebensgefahr.

Mit einem traumatisierten Jugendlichen im Schlepptau wird das für die Retter kein einfacher Weg. Vielleicht finden die Spezialisten doch noch einen anderen, sicheren Weg aus der Höhle.

Verwendete Quellen
  • The Guardian Live-Blog zur Rettungsaktion
  • Mit Informationen der dpa
  • Eigene Recherche
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