Roboter als Teil der Familie? Studie: Familien bauen schnell Beziehung zu Robotern auf
Im Jahr 2021 bekamen Familien für eine Studie einen Vorleseroboter, der Kindern beim Lesenlernen helfen sollte. Vier Jahre später haben viele eine emotionale Bindung aufgebaut.
Haustier, kleiner Bruder, treuer Freund: Familien können innerhalb weniger Jahre schon zu einfachen Robotern enge Beziehungen aufbauen. Das berichtet ein kanadisches Forscherinnenduo nach einem Experiment im Fachjournal "Frontiers in Robotics and AI".
Bei dem Versuch bekamen 19 Familien im Jahr 2021 einen Vorleseroboter mit dem Namen Luka. Der sollte ihren Kindern im Vorschulalter dabei helfen, lesen zu lernen. Vier Jahre später befragten Zhao Zhao von der Universität Guelph und Rhonda McEwen von der Universität Toronto die Familien über ihr Verhältnis zu der Maschine.
Demnach hatte Luka seine eigentliche Aufgabe bereits erfüllt: Er sollte die Seiten gedruckter Bilderbücher scannen und vorlesen, um den Kindern so zu helfen, frühzeitig Lesekompetenz zu entwickeln. Doch obwohl die Kinder seine Hilfe später nicht mehr brauchten, wurde der Roboter meist nicht entsorgt: 18 der 19 Familien hatten Luka noch - und einige hatten eine Beziehung zu ihm aufgebaut.
"Das einzige Haustier, das ich je hatte" und "kleiner Bruder"
Demnach nannte ein Kind den 24 Zentimeter großen, weiß-roten Roboter, der wie ein Kopf aussieht und mit Kamera, Bildschirm und Lautsprechern ausgestattet ist, "meinen kleinen Bruder". Ein anderes sagte, Luka sei "das einzige Haustier, das ich je hatte", ein weiteres gab an, er sei der einzige Freund, der ihn nie verlassen habe.
Zudem bemerkten etliche Eltern, dass sie Luka eher für sich selbst als für ihre Kinder aufbewahrten – eine nostalgische Erinnerung an Gute-Nacht-Geschichten. In einem Fall wurde Luka an einen jüngeren Cousin weitergereicht.
Ein Teil der Familiengeschichte
Die Studie zeigt den Autoren zufolge, dass selbst relativ einfache Roboter Teil des Lebens einer Familie werden könnten. "Wir benutzen ihn eigentlich nicht mehr, aber wir konnten ihn nicht wegwerfen", sagte ein Elternteil. "Er ist wie ein Teil unserer Geschichte." Ein anderer scherzte, der Roboter werde dem Kind wahrscheinlich aufs College folgen.
Luka stand teils auf Bücherregalen, Schreibtischen oder Nachttischen. Eine Familie legte ein Deckchen darunter. Eine andere verpasste ihm ein handgemaltes Namensschild. Die Ergebnisse zeigten, dass Kinder, wenn sie älter werden, den Roboter nicht ignorierten, sondern neu interpretierten.
Beziehung entwickelt sich
Ihre Beziehung zu ihm entwickle sich, verschwinde aber nicht, schreiben die Autorinnen. Manche begannen demnach, Luka etwas beizubringen. Andere erfanden für ihn Gute-Nacht-Geschichten oder nutzten ihn, um jüngere Geschwister zu beruhigen. Viele luden ihn weiterhin auf, einige verwendeten ihn weiter als Musik- oder Hörspielgerät.
Besonders betont das Duo, dass die emotionale Bindung ohne aufwendige Technik entstand. Die Studie lege nahe, dass einfache soziale Signale ausreichen, um emotionale Beziehungen zwischen Mensch und Maschine entstehen zu lassen. Spannend sei, was ein komplexerer Roboter bewirken könne.
"Wenn soziale Roboter in Wohnungen gängiger werden, werden wir möglicherweise eine Zukunft erleben, in der Haushalte Generationen von Robotern haben", schreiben die Forscherinnen. "Manche davon sind aktiv, manche im Ruhestand, aber aufbewahrt an Ehrenplätzen."
- Nachrichtenagentur dpa