Schulministerium erlässt neue Regelung NRW verteilt seine Lehrer neu – und die Region verliert

Neue Regeln in NRW erlauben die bezirksübergreifende Abordnung von Grundschullehrkräften. Was bedeutet das für die Städteregion Aachen?
Das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen hat neue Regeln zur Verteilung von Grundschullehrkräften in Kraft gesetzt. Laut einem Erlass dürfen nun auch Lehrkräfte direkt nach der Einstellung bezirksübergreifend abgeordnet werden – etwa von der Städteregion Aachen in andere Teile des Landes. Besonders schlecht ist die Lage aktuell etwa im Ruhrgebiet
Ziel ist es, große Unterschiede in der Versorgungssituation zwischen den Regierungsbezirken auszugleichen. In der Städteregion Aachen sowie in den Kreisen Düren und Heinsberg hat dies direkte Folgen: Die Zahl der frei auszuschreibenden Stellen vor Ort sinkt spürbar.
Weniger Stellen, mehr Abordnungen
Die Bezirksregierung Köln sagte der "Aachener Zeitung", dass die rechnerische Personalausstattung in der Städteregion Aachen und den benachbarten Kreisen Düren und Heinsberg jeweils bei mehr als 100 Prozent liege. Laut Lokalzeitung seinen allerdings tatsächlich viele Stellen mit Seiteneinsteigerinnen besetzt. Dennoch erlaube der neue Erlass an den betreffenden Orten nur noch einen Bruchteil der früheren Ausschreibungen.
In der Städteregion Aachen sind 16 reguläre Grundschullehrerstellen zur Ausschreibung freigegeben. Acht weitere Stellen dürfen nur vergeben werden, wenn die Bewerber bereit sind, zunächst zwei Jahre im Rhein-Kreis Neuss oder in Mönchengladbach zu arbeiten. Auch im Kreis Heinsberg und im Kreis Düren sind Stellen mit sofortiger Abordnung verbunden – unter anderem in Richtung Viersen.
Kritische Stimmen und offene Fragen
Matthias Kürten vom Verband Bildung und Erziehung sagte der Zeitung, dass er die neuen Regeln für eine "Katastrophe" halte. Trotz intensiver Bemühungen zur Lehrergewinnung, etwa durch die neue Grundschullehrerausbildung an der RWTH und Programme für Seiteneinsteiger, würden die Schulen in der Region nun benachteiligt. Besonders ärgere ihn, dass viele der rund 100 Referendarinnen und Referendare, die im Herbst in Aachen ihre Ausbildung beenden, keine Perspektive in der Region erhalten könnten.
Auch Schulamtsdirektor Jörg Funk sieht in der Maßnahme einen Einschnitt, betont im Gespräch mit der "Aachener Zeitung" jedoch, dass derzeit keine Lehrkräfte aus Aachen ins Ruhrgebiet versetzt werden. Die Ausschreibungen mit Abordnungsauflagen seien transparent und für die Region verträglich gestaltet.
Abordnungen im Dominoeffekt
Hinter dem neuen Verteilungssystem steckt das Prinzip der sogenannten Kaskadenabordnungen. Das bedeutet: Lehrkräfte aus Regionen wie Aachen, Düren oder Heinsberg werden zunächst in nahegelegene Städte wie Viersen, Neuss oder Mönchengladbach abgeordnet.
Die dortigen Stellen gelten dann als besetzt – was es der Bezirksregierung Düsseldorf ermöglicht, eigene Lehrkräfte aus diesen Städten ins besonders unterversorgte Ruhrgebiet zu versetzen. Der Erlass selbst sieht keine direkte Versetzung aus der Städteregion ins Ruhrgebiet vor, dennoch tragen die betroffenen Regionen indirekt zur Umverteilung bei.
Langfristige Perspektive unklar
Ob abgeordnete Lehrkräfte nach zwei oder drei Jahren zurückkehren können, ist laut Schulaufsicht offen – auch wenn es formell eine Rückkehrgarantie gibt. Viele in der Verwaltung bezweifeln, dass sich junge Bewerberinnen und Bewerber auf solche Bedingungen einlassen. Die Sorge, dass die Stellen für die Region dauerhaft verloren gehen, ist weit verbreitet.
Städteregionsrat Tim Grüttemeier (CDU) fordert in der "Aachener Zeitung", dass bei der Vergabe von Lehrerstellen künftig nicht nur statistische Quoten, sondern auch die Qualifikation der Lehrkräfte berücksichtigt wird. Zudem setzt er auf die neu angelaufene Ausbildung von Grundschullehrkräften an der RWTH Aachen.
- NRW-Schulministerium: Aktueller Einstellungserlass vom 27. Januar 2025 (PDF)
- aachener-zeitung.de: "NRW-Schulministerium erlässt neue Regelung: Weniger Grundschullehrer für die Region"