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Berlin-Wahl 2023 | Droht ein Chaos? Wahlhelferin sicher: "Dann ist das eine Blamage"


Wahlhelferin vor der Berlin-Wahl
"Das war der Anfang vom Ende"

InterviewVon Kim Steinke

Aktualisiert am 11.02.2023Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Wegweiser zu einem Wahllokal (Archivbild): Die Wiederholungswahl steht kurz bevor.Vergrößern des Bildes
Wegweiser zu einem Wahllokal (Archivbild): Die Wiederholungswahl steht kurz bevor. (Quelle: Foto: Frank Sorge via www.imago-images.de)

Bei der Berlin-Wahl 2021 ist so viel schiefgelaufen, dass sie diesen Sonntag wiederholt werden muss. t-online hat mit einer Berlinerin gesprochen, die damals wie heute Wahlhelferin ist.

Knapp 18 Monate liegt die Pannenwahl in Berlin zurück. Nach der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts müssen die Berliner jetzt noch einmal ran: Am Sonntag findet die Wiederholungswahl statt – und alle hoffen, dass jetzt alles glattgeht.

Eine, die vor anderthalb Jahren als Wahlhelferin dabei war, ist Antonia, 20 Jahre alt, Studentin. Auch jetzt wird sie wieder dabei sein, Tausenden Wählern ihre Stimmzettel aushändigen und die abgegebenen Stimmen anschließend auszählen. Im Interview mit t-online erklärt sie, welche Pannen ihr und ihrer Gruppe unterlaufen sind und dass der Sonntag besser funktionieren sollte.

t-online: Antonia, was lief alles schief bei der vergangenen Wahl?

Antonia: Platt gesagt: eigentlich alles. Die Organisation am Tag selbst war eine Katastrophe, aber es fing schon vorher an.

Das müssen Sie erklären.

Im Jahr 2021 waren wir mitten in der Corona-Pandemie – und alle rissen sich um die Schutzimpfungen, die damals noch knapp waren. Um möglichst viele Wahlhelfer zu gewinnen, hatte sich der Senat überlegt: Wer sich meldet, rutscht in der Prioritätengruppe nach oben und bekommt die Impfung früher. Vermutlich haben sich deshalb viele Menschen dazu entschieden, Wahlhelfer zu werden. Das Problem dabei: Nachdem sie geimpft wurden, sind kaum noch Personen am 26. September im Wahllokal erschienen. In meinem Wahllokal waren wir deshalb nur zu sechst, obwohl eigentlich deutlich mehr Wahlhelfer eingeplant waren.

Es gab also weniger Wahlhelfer, obwohl gleichzeitig mehr gewählt wurde?

Genau. Denn es waren ja gleich vier Wahlen auf einmal: die zum Berliner Abgeordnetenhaus, die für die Bezirksparlamente, die Bundestagswahl und dann noch die Abstimmung zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen enteignen". Dafür brauchten wir verschiedene Briefumschläge, in denen die Wahlergebnisse verpackt werden sollten. Das war der Anfang vom Ende. Wir hatten von Anfang an viel zu wenige Briefumschläge und mussten dann Zettel vermischen – was eigentlich verboten ist. Den anderen Wahllokalen ging es ähnlich. Keiner konnte uns Briefumschläge geben. Der Abend war das absolute Chaos, das Auszählen hat dann erst recht nicht mehr geklappt. Doch das war längst nicht alles.

Was denn noch?

Unsere Schriftführerin, die die Anzahl der Wähler in ihrem Stimmbezirk auszählt und alle Angaben in die Niederschrift einträgt, war nicht da. Statt ihr gab es nur eine Stellvertreterin. Die aber hatte leider nicht so viel Ahnung von dem, was sie überhaupt macht.

Wie kann das sein?

Meiner Ansicht lag das vor allem an der fehlenden Schulung. Als Wahlhelfer bekommt man nämlich vorab nur ein paar Informationen per E-Mail, das war's. Ich selbst habe die mir ehrlich gesagt auch erst auf der Autofahrt zum Wahllokal durchgelesen. Einige andere haben sich die gar nicht angeschaut. Dadurch wussten viele gar nicht, was sie tun sollten.

Auffällig bei der Wahl war auch, dass viele Lokale noch nach 18 Uhr geöffnet waren. War das bei Ihnen auch so?

Ja, auch wir haben das Wahllokal über die eigentliche Wahlzeit hinaus geöffnet gehalten. Was sollten wir denn auch machen? Draußen war eine superlange Schlange. Und wir konnten nicht überprüfen, wer sich vor 18 Uhr noch angestellt hatte und wer nicht. So zog sich der Abend weiter in die Länge. Wann genau der Letzte raus war, weiß ich nicht mehr, aber wir konnten erst um 19 Uhr mit dem Auszählen beginnen.

Dieses Mal soll alles anders laufen. Statt einer Impfung winkt das Land Berlin jetzt mit deutlich mehr Erfrischungsgeld für alle Wahlhelfer. 240 Euro statt wie damals 60 Euro soll es jetzt für den Einsatz geben. Haben Sie sich auch deshalb noch einmal als Helfer gemeldet?

Auch, aber nicht nur. Ich will jetzt dafür sorgen, dass diese Wahl funktioniert. Und zum Erfrischungsgeld muss man sagen: Berlin lag mit einer Summe von 60 Euro deutschlandweit eher im Mittelfeld. Bielefeld zahlte mit 80 Euro das höchste Erfrischungsgeld. Der neue Betrag ist viel, klar. Allerdings sind wir dafür ja auch einen ganzen Tag beschäftigt, wenn nötig bis tief in die Nacht.

Hat sich sonst etwas für die Wahlhelfer geändert, zum Beispiel bei den Schulungen?

Nein, eigentlich nicht. Es ist zum Beispiel weiter nicht verpflichtend, an einem Wahlhelferkurs teilzunehmen, was ich persönlich falsch finde. Immerhin, es gibt dafür jetzt einen Anreiz: Wenn Wahlhelfer sich eine online verfügbare Schulung ansehen und Fragen beantworten, dann erhalten sie 25 Euro. Ich habe die Schulung gemacht. Aber wer sonst noch – keine Ahnung.

Das heißt, es kann wieder sein, dass die Wahlhelfer nicht wissen, was genau ihr Job ist.

Möglich ist das, ja. Auch wenn das eigentlich nicht passieren darf. Es ist absolut wichtig, dass die Wahl jetzt funktioniert. Wenn es jetzt wieder zu Pannen kommt, dann ist das eine Blamage für das Land Berlin.

Was wäre das Schlimmste, was diesen Sonntag passieren könnte?

Katastrophal wäre, wenn jetzt wieder zu wenige Briefumschläge vorhanden wären – und wir das erst dann merken, wenn es zu spät ist. Ich habe keine Lust, mich den ganzen Tag zu verausgaben für nichts. Denn dann hätte ich auch einfach Fußball spielen gehen können.

Vielen Dank für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Wahlhelferin Antonia aus Berlin-Hohenschönhausen
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