Bettwanzen in Berlin "Menschen weinen, weil ihre Wohnung so stark befallen ist"
Paris ekelt sich vor Bettwanzen. Im Netz verbreiten sich die Bilder, im Parlament sind sie Thema. Und in Berlin? "Sind sie längst auch", sagt ein Schädlingsbekämpfer.
Sie sind schuppig, einen halben Zentimeter groß – und wer die kleinen Blutsauger in der Wohnung hat, "für den ist es die Hölle", formuliert der französische Gesundheitsminister Aurélien Rousseau das Problem. Es scheint, als würden Bettwanzen im Augenblick Frankreich erobern. Laut einer aktuellen Studie sind elf Prozent aller Haushalte betroffen.
Fragt man Kammerjäger in der deutschen Hauptstadt, dann sind Bettwanzen-Einsätze auch hier nichts Außergewöhnliches. "In Berlin sind sie längst auch", sagt der Schädlingsbekämpfer Mario Heising auf Nachfrage von t-online. "Bettwanzen gehören seit Jahren zu unserem Alltag."
Bettwanzen in Berlin: Fälle haben sich vervierfacht
Und sie scheinen sich auszubreiten. Das Gesundheitsamt des Bezirks Mitte teilt laut "Tagesspiegel" mit, man habe den Eindruck eines zunehmenden Problems.
Heising kann das bestätigen. Im Unterschied zum Gesundheitsamt hat der Vorsitzende des Berliner Landesverbands der Deutschen Schädlingsbekämpfer sogar Zahlen. Sie zeigen ein rapides Wachstum der Fälle, das allerdings noch weit entfernt ist von dem Horrorszenario, über das in Frankreich berichtet wird.
Waren die im Landesverband organisierten Firmen 2009 noch zu 470 Bettwanzen-Einsätzen ausgerückt, suchten zehn Jahre später schon knapp 2.000 Berliner Familien Hilfe. Dann kam Corona, und weil die Menschen zeitweise das Reisen einstellten, sanken die Zahlen laut Heising leicht.
Zahlen muss meist der Vermieter
Mittlerweile würden sie aber wieder in die Höhe schnellen. "Allein unsere Firma hat inzwischen täglich Fälle", sagt Heising t-online. "Manche Menschen weinen, weil ihre Wohnung so stark befallen ist. Sie schämen sich und haben Angst, vor ihren Nachbarn in Misskredit zu geraten. Und manche weinen auch wegen der Kosten, die auf sie zukommen: im Schnitt 600 bis 2.000 Euro."
Hierzu hält der Berliner Mieterverein allerdings fest: "In den allermeisten Fällen hat der Vermieter für die Entfernung des Ungeziefers zu sorgen." Häufig würden sich die Vermieter zwar weigern, die Kosten zu übernehmen, aber die einzige Ausnahme sei: "Der Mieter hat den Mangel schuldhaft verursacht, etwa indem er Bettwanzen wissentlich eingeschleppt und sich nicht weiter darum gekümmert hat." Das müsse der Vermieter allerdings erst einmal beweisen.
Kann ich mich gegen Bettwanzen schützen?
"Bettwanzen bevorzugen Räume, in denen sich Menschen lange aufhalten", berichtet Schädlingsbekämpfer Heising. "Sie verstecken sich oft am Bett selbst, etwa am Kopfende oder im Gestell. Nachts kommen sie raus, um Blut zu saugen. Das CO2, das wir ausatmen, lockt sie ebenso an wie unsere Körperwärme. Bis zu zehn Minuten dauert der Saugvorgang. Weibliche Bettwanzen, die befruchtet wurden, legen Eier: Wenn sie diese in einem Koffer ablegen, nehmen Reisende das Problem mit nach Hause. Schützen kann man sich kaum, solange der Befall in einer Wohnung oder in einem Hotel nicht offensichtlich ist. Man kann vielleicht den Koffer weit weg vom Bett stellen, viel mehr lässt sich nicht machen. Trotzdem würde ich jetzt niemandem von Reisen nach Frankreich abraten. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Bettwanzen-Problematik dort ein wenig schlimmer dargestellt wird, als sie in Wirklichkeit ist."
"Ich kenne nicht einen Fall ..."
Meist werden Bettwanzen aus dem Urlaub mitgebracht. In einigen Häusern in Berlin würden sie sich aber mitunter auch von Wohnung zu Wohnung ausbreiten, sagt Schädlingsbekämpfer Heising. Problematisch seien große Plattenbauten mit Versorgungsschächten oder Altbauten mit vielen Ritzen.
Man dürfe die Sache nicht unterschätzen, sagt Heising. So schlimm wie sie in Frankreich dargestellt werde, sei sie hier aber lange nicht. Wichtig sei, dass die Menschen von der Gefahr wüssten – und dass sie sich rechtzeitig an Profis wenden: "Ich kenne nicht einen Fall, wo es eine Privatperson alleine geschafft hat, Bettwanzen wieder loszuwerden – aber dafür viele Menschen, die jede Menge Geld für unwirksame Mittelchen im Internet gelassen haben."
Auch der Berliner Mieterverein schreibt: Sei die Wohnung erst einmal befallen, gehe es ohne Chemie nicht. Professionelle Schädlingsbekämpfer müssten her, denn Bettwanzen seien extrem schwer zu bekämpfen. Und: Mit einem einzigen Einsatz sei es meist nicht getan.
Das betont auch Heising: In vielen Fällen seien zwei oder mehr Nachbehandlungen nötig, um die Bettwanzen wirklich loszuwerden.
- Telefonat mit Schädlingsbekämpfer Mario Heising
- berliner-mieterverein.de: "Ungeziefer in der Wohnung"
- tagesspiegel.de: "Kammerjäger sieht massives Bettwanzen-Problem in Berlin"