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Berlin-Tegel: Historischer Tanzsaal fast 60 Jahre verschollen


Versteckt über Supermarkt-Decke
Dieser historische Tanzsaal war fast 60 Jahre verschollen


Aktualisiert am 22.03.2024Lesedauer: 3 Min.
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58 Jahre lang hat diesen Raum niemand gesehen: Jetzt wurde er freigelegt.Vergrößern des Bildes
58 Jahre lang hatte diesen Raum niemand gesehen: Jetzt wurde er freigelegt. (Quelle: Immobilienfotograf Berlin)

Über einer Supermarkt-Decke in Tegel hat sich jahrzehntelang ein Schmuckstück befunden, das vergessen wurde. Nun ist der ehemalige Ballsaal freigelegt worden.

In "Trapp's Festsälen" tanzten die Menschen in Berlin-Tegel ab dem Jahr 1906. Bis zum Ersten Weltkrieg feierten sie hier ausgiebig. Sie tranken, rauchten und genossen den Abend im Tanzsaal, der aus heutiger Sicht wie aus dem Märchen erscheint. Dann bauten die Betreiber den riesigen Raum zu einem Stummfilmkino um, ab den 1930er-Jahren war er als "Filmpalast Tegel" bekannt. 1966 fiel der letzte Vorhang. Die Eigentümer zogen eine Zwischendecke ein: Unten war von nun an eine Verkaufsfläche, oben geriet der restliche historische Saal in Vergessenheit. Und das für 58 Jahre.

Kaum jemand wusste in den vergangenen Jahren, was sich über der Decke der Verkaufsfläche in der Buddestraße 13 befindet. Dabei können die Tegeler von außen bereits erahnen, dass an diesem Gebäude etwas besonders ist. Läuft man die Straße entlang, sind drei große rote, zugemauerte Bogenfenster zu sehen.

Der Unternehmer Hamid Djadda wurde im Jahr 2013 auf das Haus aufmerksam. Er wunderte sich, so sagt er t-online bei einer Führung durch das Gebäude, warum es so lange keine Interessierten für das Objekt gab. Der Makler zeigte ihm damals das Erdgeschoss. Doch Djadda wollte sehen, was sich darüber befindet.

"Der Makler meinte, dass es keinen Zugang zu dem Raum gibt", so Djadda. Dieser sei damals verbarrikadiert worden. Man habe auf ein Dach im Hinterhof steigen müssen, um durch ein kleines Fenster in den Saal hineinschauen zu können. "Ich habe einen Freund, der Bergsteiger ist. Den habe ich hochklettern und Fotos machen lassen", sagt Djadda.

Versteckter Raum nach 58 Jahren freigelegt

Djadda, der bereits die historische Avus-Tribüne erwarb und sanierte, war begeistert von den Saal-Fotos und kaufte das Haus. Elf Jahre lang konnte er selbst keinen Blick auf das schlummernde Juwel über dem Billigmarkt im Erdgeschoss werfen – bis zum 14. März 2024.

Der Mietvertrag mit der Marktkette lief aus und Djadda ließ die Zwischendecke entfernen. "Das war ein unbeschreibliches Gefühl", so der Unternehmer. Zum ersten Mal sah er den Stuck, die großen Säulen und die noch intakte Balustrade – alles in einem akzeptablen bis sehr guten Zustand. Sogar eine geheime Treppe hinter einer Wand kam zum Vorschein. Für ihn sei sofort klar gewesen, die Geschichte dieses Ortes erhalten zu wollen, sagt er.

Denn: Viele Menschen in Tegel scheinen wenig bis nichts von dem Ort zu wissen. Die Angestellten etwa, die fast 20 Jahre in dem Billigmarkt arbeiteten, hatten laut Djadda keine Ahnung, was sich all die Zeit über ihren Köpfen befand. "Als ich ihnen Fotos gezeigt habe, wären sie fast nach hinten gekippt", sagt er. Und auch ihn selbst habe die Geschichte des Ortes überrascht. "Es wurde mir vor elf Jahren lediglich als ein ehemaliges Kino angepriesen".

Erst ein Jahr, nachdem er das Gebäude erworben hatte, habe er erfahren, dass sich dort zuvor ein ehemaliger Tanzsaal befindet. Ein Kneipier der heutigen Gaststätte "Zum Kegel" ein paar Meter weiter habe ihn darauf hingewiesen. Und tatsächlich: In dem Wirtshaus, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, befindet sich ein Foto des ehemaligen Tanzsaales an der Wand.

"Es gibt keine Lebenden mehr, die diesen Tanzsaal gesehen haben. Nur noch welche, die später im Kino waren", so Djadda. In der Nachbarschaft werde daher häufig nur über das Kino, nicht aber über den Ballsaal geredet. Auch das Landesdenkmalamt scheint nicht viele Informationen zu dem Objekt gehabt zu haben. Es sei dort nicht gelistet, so Djadda.

Fitnessstudio statt Tanzlokal

Nun möchte Djadda das Innere sanieren. Die Struktur des freigelegten Raumes sei gut, es stünden allerdings unter anderem noch Putz- und Restaurierungsarbeiten an. Schon in den kommenden drei bis vier Monaten soll das Gebäude wieder öffnen.

Sein Wunsch, den Saal wieder für Veranstaltungen freizugeben, sei wegen möglicher Lärmbelästigungen der Nachbarschaft gescheitert. Stattdessen soll in dem ehemaligen Tanzsaal nun eine Art Fitnessstudio einziehen, mit einem Boxring in der Mitte.

Das habe den Vorteil, dass der Raum fast genauso bleiben könne wie er ist, so Djadda. Oben von der Balustrade sollen Fans dann die Kämpfe sehen oder Sport auf unterschiedlichen Geräten betreiben können.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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