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Gasbohrung vor Borkum: Greenpeace erhebt schwere Vorwürfe gegen Behörde


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Erdgasbohrung vor Borkum
Ministerium hält brisantes Gutachten angeblich unter Verschluss


Aktualisiert am 29.04.2023Lesedauer: 3 Min.
Von Greenpeace beauftragte Spezialtaucher untersuchten den Meeresgrund zwischen Borkum und Schiermonnikoog. Dort hätten sie artenreiche Steinriffe gefunden, heißt es.Vergrößern des Bildes
Von Greenpeace beauftragte Spezialtaucher untersuchten den Meeresgrund zwischen Borkum und Schiermonnikoog. Dort hätten sie artenreiche Steinriffe gefunden, heißt es. (Quelle: Greenpeace/Uli Kunz)
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Mögliche Erdgasbohrungen vor Borkum stehen massiv in der Kritik. Jetzt erhebt Greenpeace zudem schwere Vorwürfe gegen das zuständige Ministerium.

Ist bei den Planungen zu den potenziellen Erdgasbohrungen vor der ostfriesischen Insel Borkum alles mit rechten Dingen zugegangen? Die Umweltorganisation Greenpeace sagt: Nein. Wie die Organisation am Freitag in einem Schreiben, das t-online vorliegt, mitteilt, sollen bei den Planungen entscheidende Dokumente unter den Tisch gekehrt worden sein. Umweltminister Christian Meyer widersprach diesem Vorwurf auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Greenpeace erhebt schwere Vorwürfe gegen das niedersächsische Umweltministerium und spricht von einem Skandal.

Im Detail geht es um ein wichtiges Gutachten zu "schützenswerten Riffstrukturen" nahe den geplanten Bohrstellen. Dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), das dem Umweltministerium unterstellt ist, soll dieses Gutachten zwar vorliegen, in das Planfeststellungsverfahren zur geplanten Errichtung von Erdgasförderanlagen sei es jedoch nicht mit eingeflossen. Das habe eine Greenpeace-Anfrage nach dem Niedersächsischen Umweltinformationsgesetz (NUIG) ergeben, heißt es.

Greenpeace spricht von "Skandal"

Greenpeace-Energieexpertin Anike Perts spricht davon, dass das Gutachten in Bezug auf mögliche Umweltschäden durch die geplanten Gasbohrungen als "höchst relevant" zu bewerten sei. Ihrer Auffassung nach sei es ein "Skandal, dass Niedersachsens Umweltministerium derart zentrale Informationen bislang zurückgehalten hat". Die Landesregierung, heißt es weiter, müsse die geplanten Bohrungen "unmittelbar neben schützenswerten Riffen sofort stoppen".

Greenpeace-Recherchen hätten zudem ergeben, dass die "ökologisch schutzwürdigen Riffverdachtsflächen" zwar dem Bundesamt für Naturschutz gemeldet, jedoch "die Existenz des erstellten Gutachtens zur Bewertung der Meeresgrund-Biotope der Küstengewässer vor Borkum im Genehmigungsverfahren verschwiegen" wurden.

Umweltminister Christian Meyer widersprach den Vorwürfen. "Es gibt keine Verheimlichungen", sagte der Grünen-Politiker der dpa. "Es gibt Untersuchungen des Wattenmeers durch die Nationalparkverwaltung, die ständig schaut, was verändert sich dort an Biotopstrukturen. Diese neuen Erkenntnisse haben wir auch dem Bund gemeldet, haben wir auch auf Anfrage von Greenpeace herausgegeben." Diese Informationen würden auch Teil des Planfeststellungsverfahrens sein, so der Minister. Wie genau diese neuen Erkenntnisse aussehen, ist offen. Von einem Gutachten sprach Meyer nicht.

Ein Sprecher des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie, das das Planfeststellungsverfahren führt, sagte zur dpa, dass bislang weder ein Gutachten noch andere Untersuchungen zu den möglichen Steinriffen Teil des Verfahrens seien.

Forschungstaucher erkunden Meeresboden

Die Vorwürfe der Umweltorganisation fußen den Angaben nach unter anderem auf eigenen Untersuchungen vor Ort. Greenpeace habe Forschungstaucher der Firma Submaris den Meeresgrund an den betreffenden Stellen abtauchen lassen. Dabei handelt es sich um ein Areal zwischen der niederländischen Insel Schiermonnikoog und der ostfriesischen Insel Borkum.

Die Forscher fanden demnach "stark bewachsene, artenreiche Steinstrukturen". Diese seien Lebensraum für Hummer, Taschenkrebse und einer Vielzahl von Fischen. Sie alle seien "stark bedroht", teilt Greenpeace weiter mit. Das Areal erstrecke sich zum einen auf die auf niederländischer Seite vorgesehenen Bohrstellen, zum anderen aber auch auf die Kabeltrasse, die in unmittelbarer Nähe für die Bohrplattform auf deutscher Seite geplant sei.

Die Riffe, die es "unbedingt zu schützen" gelte, seien ein "Zaubergarten aus Seenelken, Schwämmen, Weichkorallen und Seemoos", machte Philipp Schubert, Meeresbiologe von Submaris, laut Greenpeace deutlich. Nur weil es dort die beschriebenen Steinriffe gebe, sei eine solche Artenvielfalt überhaupt möglich. Die Riffe seien "Oasen der Artenvielfalt" und müssten "unter strengen Schutz" gestellt werden. Zurzeit würden Proben an den Steinen entnommen und weitere Untersuchungen durchgeführt.

Gasbohrungen vorerst gestoppt

Das niederländische Unternehmen One-Dyas plant, rund 20 Kilometer nordwestlich der Nordseeinsel Borkum ein Erdgasfeld zu erschließen. Eigentlich sollten die Vorarbeiten dafür bereits beginnen, doch ein niederländisches Gericht stoppte aufgrund von Klagen der Stadt Borkum und zahlreichen Umweltorganisationen vorerst alle Maßnahmen. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.

One-Dyas, so der Plan, will ab Ende 2024 Gas aus insgesamt zwölf Bohrungen fördern. In einer ersten Phase, so das Unternehmen, sollen 4,5 bis 13 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden. Was nach viel klingen mag, sei laut der Umweltorganisation "vernachlässigbar klein". Das geförderte Gas würde demnach "nicht einmal ein Prozent des derzeitigen jährlichen Gasbedarfs" Deutschlands decken, dabei aber 26 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid erzeugen. Das entspreche etwa der jährlichen Emissionsmenge von Rheinland-Pfalz.

Auch die Stadt Borkum klagt

Franziska Saalmann, Meeresbiologin bei Greenpeace, sagt dazu: "Wir können uns keine neuen Gasprojekte mehr leisten. Die Pläne von One-Dyas sind nicht nur eine weitere, massive Bedrohung für das Klima, sondern auch für die Artenvielfalt in der Nordsee." Neben Lärm durch Bauarbeiten, würde auch der Lebensbereich vieler Robben, Schweinswale und anderer Meeresbewohner in Gefahr geraten.

Die Stadt Borkum sieht zudem weitere Gefahren für den Tourismus auf der Insel. Da die Anlagen vom Strand aus zu sehen seien, befürchte man eine Verschandelung des Horizonts. Außerdem steige durch die Bohrungen die Gefahr möglicher Erdbeben.

Verwendete Quellen
  • Mitteilung von Greenpeace (per Mail)
  • greenpeace.de: Gas zerstört!
  • onedays.com: Projekte
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
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