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Extremismus | Experte über Terrorverdächtige von Castrop-Rauxel


Festnahmen in Castrop-Rauxel
Experte: Die mutmaßlichen Gift-Terroristen waren ferngesteuert

Von Florian Eßer

Aktualisiert am 09.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Großaufgebot der Polizei: Ein Video zeigt, wie der Verdächtige leicht bekleidet abgeführt wird.

In Castrop-Rauxel hat die Polizei zwei Brüder wegen Terrorverdachts gefasst. Ein Terrorismus-Experte ordnet den spektakulären Fall ein.

Zwei Brüder aus Castrop-Rauxel stehen im Verdacht, einen Terroranschlag auf deutschem Boden geplant zu haben. Nach Informationen aus den Vereinigten Staaten sollen die beiden Iraner Cyanid und Rizin beschafft haben, um aus den Giftstoffen eine toxikologische Bombe zu bauen. "Dabei handelt es sich eindeutig um eine Kriegswaffe", erklärt Rolf Tophoven. Der Journalist und Experte für Terrorismus hat sich in zahlreichen Publikationen mit Terrorgruppen und ihren Vorgehensweisen beschäftigt. Im aktuellen Fall sieht er deutliche Parallelen zu einem geplanten Anschlag in Köln 2018.

Damals bereitete ein Ehepaar, das der militant-islamistischen Szene zuzuordnen ist, einen Anschlag mit einem toxischen Sprengsatz vor. Auch hier auf der Zutatenliste: Samen aus dem Wunderbaum, die den hochgiftigen Stoff Rizin enthalten. Mithilfe von elektrischen Kaffeemaschinen konnte das Paar damals 84,3 Milligramm des Stoffes gewinnen. "Ein Anschlag mit einer solchen Menge hätte bis zu 100 Todesopfer fordern können", erklärt Tophoven, der das Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik (Iftus) in Essen leitet.

"Es wird stark in den sozialen Medien rekrutiert"

Den nötigen Sachverstand bezog das Kölner Terroristenpaar aus dem Internet. Die Anleitung zum Bau der Rizinbombe stammte vom "Islamischen Staat", ein Mittelsmann im Nahen Osten wies die Kölner in das blutige Geschäft des Terrorismus ein. Ein Phänomen, das laut Tophoven in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen hat – und womöglich auch in Castrop-Rauxel eine Rolle spielte.

"Terroristische Fernsteuerung" nennt Fachmann Rolf Tophoven dieses Vorgehen von Terrorgruppen. Nach der Niederlage des "Islamischen Staates" in Syrien wurde zwar die komplexe Struktur der Organisation zerschlagen, tot aber sei der IS noch lange nicht. "Es wird sehr stark in den sozialen Medien rekrutiert und propagiert", erklärt Tophoven. Die meisten Anschläge der jüngeren Vergangenheit seien von radikalisierten Einzeltätern oder Kleingruppen verübt beziehungsweise geplant worden.

Täter werden aus der Ferne gesteuert und angeleitet

"Wir haben in Deutschland vielleicht kein komplettes Terrornetzwerk. Vielmehr setzen die militant-islamistischen Terroristen auf Mentoren, die den Täter aus der Ferne steuern und Anweisungen geben", erklärt Tophoven. In Köln waren die Vorbereitungen damals aber schon weiter fortgeschritten, als dies jetzt in Castrop-Rauxel der Fall war. Das lasse sich zumindest nach dem jetzigen Erkenntnisstand ableiten, so der Journalist und Autor weiter. Bisher konnten die Einsatzkräfte nämlich weder Cyanid noch Rizin im Besitz des iranischen Bruderpaares finden.

"Es ist aber möglich, dass die USA – aus denen der Hinweis ja kam – entsprechende Internetaktivitäten der Verdächtigen abgefangen haben", sagt Tophoven. Dies könnte schon ausreichen, um Geheimdienste in Alarmbereitschaft zu versetzen. Schließlich reagierten die Vereinigten Staaten bei Terrorverdacht sensibel. "Da wird häufig auch präventiv gewarnt, um auf Nummer sicher zu gehen."

Sicherheitsbehörden "besser als ihr Ruf"

Auch in Köln hatte ein Hinweis aus den USA zur Festnahme der Terroristen geführt. Das liege laut Tophoven daran, dass die USA finanziell und technologisch besser aufgestellt seien als die deutschen Behörden. "Grundsätzlich aber sind unsere Dienste und Sicherheitsbehörden besser als ihr Ruf", betont der Experte. Das habe sich zum Beispiel auch bei den umfangreichen Ermittlungen in der "Reichsbürger"-Szene gezeigt.

Deutschland sei also durchaus fähig, Bedrohungslagen selbst zu erkennen. Die Unterstützung aus den USA aber begrüßt Tophoven trotzdem. "Durch die bessere Vernetzung der einzelnen Sicherheitsbehörden ist es schwieriger geworden, einen großen Anschlag durchzuführen." Der Fall in Castrop-Rauxel mache aber auch noch einmal deutlich, dass die Gefahr durch islamistischen Terrorismus noch nicht gebannt sei. "Die Verdächtigen sind wahrscheinlich Anhänger einer militant-islamistischen Gruppe wie dem IS oder Al-Quaida", so Tophoven.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Rolf Tophoven
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