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Jan Böhmermann klagt gegen Imker aus Sachsen: "Hätte ich nie gedacht"


Honigstreit mit TV-Satiriker
"Ich hätte nie gedacht, dass Jan Böhmermann darauf reagiert"


Aktualisiert am 12.06.2024Lesedauer: 3 Min.
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Rico Heinzig: Vor dem Prozess gegen den TV-Star sagt der Imker im Gespräch mit t-online, wie er seine Chancen vor dem Oberlandesgericht einschätzt. (Quelle: privat)

Jan Böhmermann knöpfte sich in seiner Fernsehshow einen Imker aus Meißen vor. Der Imker wehrte sich mit einer Kampagne samt Foto von dem Moderator. Deshalb steht er zum zweiten Mal vor Gericht. Wie ist es, von einem TV-Star verklagt zu werden?

"Als ich diese Sendung zum ersten Mal gesehen habe, war ich regelrecht geschockt", berichtet der Imker Rico Heinzig, nachdem er sich im "ZDF Magazine Royale" entdeckt hat – mit einer Filmsequenz aus seinem Imkeralltag.

Es ist November 2023, als Jan Böhmermann Heinzig in seiner Sendung sogenanntes "Beewashing" vorwirft. Böhmermann kritisiert, dass Heinzigs Imkerei Honigbienenvölker an Firmen vermietet und dies als Nachhaltigkeitsmaßnahme vermarktet. "Imkereien, die Bienenpatenschaften anbieten, sind dadurch pauschal verunglimpft worden. Und das vor einem Millionenpublikum", sagt Heinzig.

Da der Honigkauf Vertrauenssache sei, sieht der Imker aus Meißen durch die Sendung seine berufliche Existenz bedroht. Doch was soll ein einzelner Imker gegen einen prominenten TV-Satiriker ausrichten?

Um seine Sicht der Dinge darzustellen, greift Heinzig deshalb zu ungewöhnlichen Mitteln: Er stellt sich mit einem Werbeaufsteller und einer limitierten Auflage seines "Beewashing"-Honigs in einen Dresdner Edeka-Markt. Über die Honiggläser verbreitet er per QR-Code ein Video mit seiner Gegendarstellung zu den Vorwürfen des ZDF Magazins.

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"Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass meine satirische Antwort nur ansatzweise solche Wellen schlägt: Ich wollte zwar, dass die Öffentlichkeit aufmerksam wird, aber ich hätte nie gedacht, dass Jan Böhmermann darauf reagiert", sagt Heinzig. Hätte der TV-Satiriker nicht wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geklagt, wäre seine Aktion wohl verpufft: "Wahrscheinlich hätte der Edeka-Markt nach zwei Wochen meine Aktion abgeblasen und gesagt, holen Sie die restlichen Gläser ab."

Die vergangenen Wochen belasteten Heinzig sehr – und mit dem Berufungsverfahren stieg die Anspannung noch weiter. Da Imkerei ein Saisongeschäft ist, war Heinzig froh, dass vor dem Landgericht im Winter verhandelt wurde. In der zweiten Runde muss er sich nun um Bienen und Böhmermann kümmern.

"Urteil fällt der gleiche Senat wie damals das Weselsky-Urteil"

So unfair Heinzig Böhmermanns TV-Sendung auch fand: Der Imker räumt ein, dass "Beewashing" genauso wie "Greenwashing" eine zweischneidige Angelegenheit sei. "Natürlich gibt es Unternehmen, die mit ihrer Patenschaft den Anschein erwecken möchten, sich für Umwelt und Bienen einzusetzen – das aber nur als Feigenblatt nutzen." Sein Unternehmen nehme die Verantwortung für die Tiere aber sehr ernst, betont Heinzig.

Damit die Bienenvölker nicht auf ungeeigneten Firmengeländen landen, hat er extra eine App entwickelt. Die Tiere seien dafür an geeigneten Standorten mit genügend Wasser, Nahrung und ohne schädliche Emissionen platziert.

Urteil am OLG wird in einem Monat verkündet

Heinzigs Anwalt rechnet aufgrund der Komplexität des Falls nicht mit einem sofortigen Urteil. Am Oberlandesgericht (OLG) müssen sich drei Richter einig sein, nicht nur einer wie im ersten Verfahren. "Ich denke, dass sich die Richter der Verantwortung dieses Urteils bewusst sind: Der gleiche Senat hatte damals das Weselsky-Urteil zur Werbung des Autovermieters Sixt gefällt – und das wird ja immer noch hoch und runter zitiert."

2018 hatte das OLG entschieden, dass der Autovermieter Sixt mit einem Foto des Gewerkschaftschefs Claus Weselsky und der Bildunterschrift "Mitarbeiter des Monats" werben durfte. Weselsky hatte gegen die Werbung geklagt, da er darin eine Persönlichkeitsverletzung sah, doch das Gericht räumte der Meinungsfreiheit von Sixt ein größeres Gewicht ein als dem Persönlichkeitsrecht des Gewerkschaftsführers.

Deshalb sieht Heinzig das Verfahren mitnichten als Heimspiel: "Nur weil das Landesgericht so entschieden hat, kann das Oberlandesgericht ganz anders entscheiden." Die Kosten des Verfahrens seien wenigstens dank der überwältigenden Spendenbereitschaft gedeckt, so der Imker. Die mentale Belastung würde jedoch im Falle einer Niederlage bleiben: "Allerdings habe ich den Rechtsstreit mit bestem Gewissen geführt und dann muss ich das auch verdauen." Die Urteilsverkündung wird am Donnerstag, 18. Juli 2024 am OLG Dresden erwartet.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Imker Rico Heinzig – per Telefon
  • Eigene Beobachtungen vor Gericht
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