Konzern vor Zerschlagung? Thyssenkrupp plant umfassende Neuausrichtung

Beim Essener Industriekonzern Thyssenkrupp steht ein großer Umbruch an. Der Konzern plant, mehrere Geschäftsbereiche zu verselbstständigen. Was das bedeutet.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp steht vor einer weitreichenden strategischen Neuausrichtung. Das teilt das Unternehmen in einer Pressemitteilung am Montag (26. Mai) mit. Ziel der neugestalteten Struktur sei es, die einzelnen Geschäftsbereiche Schritt für Schritt in die Eigenständigkeit zu entlassen – bei gleichzeitiger Mehrheitsbeteiligung durch die Konzernmutter.
Der Vorstand um Konzernchef Miguel Ángel López arbeitet derzeit an einem Zukunftsmodell, das noch im laufenden Geschäftsjahr dem Aufsichtsrat vorgestellt werden soll. Dieses sieht vor, dass sich Thyssenkrupp zu einer strategischen Führungsholding entwickelt. Die einzelnen Geschäftsbereiche sollen eigenverantwortlich operieren und für Investoren geöffnet werden. Eine Ausnahme bildet das geplante 50/50-Joint-Venture von Thyssenkrupp Steel Europe mit dem tschechischen Energieunternehmen EPG.
Der Minderheitsanteil von Thyssenkrupp Marine Systems soll zudem noch in diesem Jahr an die Börse gebracht werden. Auch Materials Services, Automotive Technology und das neue Segment Decarbon Technologies sollen mittelfristig kapitalmarktfähig aufgestellt und verselbstständigt werden – letzteres jedoch erst, wenn die Märkte für grüne Technologien entsprechend gereift sind.
Veränderungen sollen unternehmerische Flexibilität erhöhen
Die geplanten Veränderungen sollen die unternehmerische Flexibilität erhöhen, Investitionen erleichtern und die Transparenz für Investoren verbessern. "Die Eigenständigkeit ermöglicht es, das volle Wertschöpfungspotenzial der Geschäfte zu heben", sagt López. Die thyssenkrupp AG wolle sich künftig auf die Steuerung und strategische Entwicklung konzentrieren – ohne dabei die Kontrolle über die Geschäftsbereiche vollständig aufzugeben.
Laut Personalvorstand Wilfried von Rath bietet die Neuaufstellung auch den weltweit rund 96.000 Beschäftigten klare Zukunftsperspektiven. "Wir schaffen die Grundlage für wettbewerbsfähige und zukunftsfähige Geschäftsmodelle – und damit auch für langfristig sichere Arbeitsplätze", betont er.
Bereits am Sonntag (26. Mai) hatte die Bild über die drastischen Umbaupläne beim Essener Konzern berichtet. Demnach solle die Zentrale von 500 auf nur noch 100 Mitarbeiter verkleinert werden, dazu seien weitere Streichungen in der Verwaltung mit etwa 1.000 Beschäftigten geplant. Zudem soll der Verkauf der Stahlsparte geplant sowie ein Teil der Autozulieferer-Sparte geschlossen werden, hatte die Zeitung berichtet. Die genaue Anzahl an betroffenen Mitarbeitern wollte Thyssenkrupp auf t-online-Anfrage jedoch nicht bestätigen.
- Anfrage von t-online am 26. Mai 2025
- Pressemitteilung von Thyssenkrupp am 26. Mai 2025 (per E-Mail)
- bild.de: "Nach 214 Jahren wird Thyssenkrupp zerschlagen" vom 25. Mai 2025