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Bandenkrieg in Frankfurt | Soko macht Ansage: "Nicht mit uns"


Gewaltexzesse in Frankfurt
Polizei macht Ansage im Bandenkrieg: "Nicht mit uns"


17.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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Viktor Lekic: Seit Anfang des Jahres ist er Leitender Kriminaldirektor in Frankfurt.Vergrößern des Bildes
Viktor Lekic: Seit Anfang des Jahres ist er Leitender Kriminaldirektor in Frankfurt. (Quelle: Sabine Schramek)

Im Kampf gegen Clan- und Bandenkriminalität in Frankfurt gibt es eine neue Sonderkommission. Der Leitende Kriminaldirektor sagt: Die Gewalt muss durchbrochen werden.

Schüsse aus einem fahrenden Auto im fließenden Verkehr, ein Messerangriff auf einem Parkdeck am helllichten Tag, Tritte und Pfefferspray am Kiosk – es ist nur ein Ausschnitt aus der Serie an Gewalttaten, die seit zwei Jahren in Frankfurt anhält.

Die Polizei vermutet dahinter einen Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Gruppen. Um ihn zu stoppen, wurde kürzlich die Sonderkommission 2804 eingerichtet. Der Mann, der die Soko ins Leben gerufen hat, meint es ernst. "Es gibt in Frankfurt keine rechtsfreien Räume. Auch nicht bei Ehrverletzungen und Revierkämpfen", sagt Viktor Lekic (50) mit durchdringendem Blick.

Seit Anfang des Jahres ist er Leitender Kriminaldirektor in der Stadt. Das Wort "Clan" will er nicht fokussieren. Es geht ihm nicht um die Bezeichnung oder Klassifizierung, die nicht entscheidend ist. Auch geht es ihm nicht darum, jemanden zu verdächtigen, der einen bestimmten Nachnamen trägt. "Es geht um die, die meinen, dass ihnen das Recht auf der Straße gehört, unabhängig davon, welcher Gruppierung sie sich zugehörig fühlen, oder als was sich diese Personen in der Öffentlichkeit darstellen. Unser Ziel ist, die Hauptaggressoren und Rädelsführer zu inhaftieren", erklärt er.

Revierstreitigkeiten und Ehrverletzungen werden offen ausgetragen

Es kommt nicht so oft vor, dass in Frankfurt eine Sonderkommission gegründet wird. "Frankfurt ist bei Kapitaldelikten gut aufgestellt. Im Kommissariat 11 arbeiten allein vier Mordkommissionen", so Lekic. In anderen Präsidien wie in Wiesbaden und Offenbach sei das nicht so. Deshalb gibt es dort häufiger Sokos. Sie werden dann gebildet, wenn ein Fall für die Alltagsarbeit zu komplex ist. Mit Spezialisten für verschiedene Bereiche wie operative Maßnahmen und Ermittlungen. Mit deutlich mehr Personal und Koordinierung als in Allgemeinen Aufbauorganisationen, die sich um einzelne Fälle im Alltagsdienst kümmern.

Wie groß die Soko 2804 ist, die sich bei der Arbeit ausschließlich auf die beiden gewalttätigen Gruppen konzentriert, verrät er nicht. "Beim BKA gibt es durchaus Sokos mit mehreren hundert Mitarbeitern." Die Delikte müssen hohen Personalbedarf rechtfertigen. "Jeder, der in einer Soko tätig ist, fehlt woanders. Es muss abgewogen werden." Er ist sicher, dass die Rechnung aufgeht. So wie im Jahr 2014 bei der Soko Walter mit 350 Vernehmungen nach dem Auftragsmord an einem Wettbürobetreiber in Sachsenhausen.

Oder die Soko Cash, die 2013 die S&K-Gruppe hochgehen ließ, die Anlegern Traumrenditen mit Immobilienfonds versprach und sie damit um 240 Millionen Euro geprellt hat. "Die Beamten in der Soko arbeiten zielgerichtet nur an dieser einen Sache, an diesem einen Thema. Sie schießen nur in eine Richtung und dafür braucht man viele PS auf der Straße. Die Polizei kann sehr viel. In der Soko sind all diese Fähigkeiten vereint", so Lekic.

Seit zwei Jahren zeigt die Frankfurter Polizei hohe Präsenz bei den beiden verfeindeten Gruppen, die seit Jahren Revierstreitigkeiten und Ehrverletzungen offen austragen. Sie agieren nach dem Motto "Auge um Auge und Zahn um Zahn" in aller Öffentlichkeit.

Am 29. Januar 2021 fielen Schüsse auf einen Kiosk im Allheiligenviertel. 30 Männer kamen in acht Autos, stiegen aus, mit Baseballschlägern und Waffen in der Hand. Einer schoss sechsmal und verletzte einen Mann am Kiosk. Die Polizei hat eine besondere Aufbauorganisiation gegründet, Täter gefasst. Der Schütze und weitere fünf Männer wurden angeklagt, fünf verurteilt. Drei Monate später wurde ein 23-Jähriger vor einer Shisha-Bar in der Nähe des Kiosks angeschossen. Danach wurde es ruhig.

Leitender Kriminaldirektor: "Es gibt keinen rechtsfreien Raum"

Bis zum 28. April 2023 hat die Polizei keine besonderen Vorkommnisse mehr zwischen den Gruppierungen beobachtet. Dort wurde auf dem Parkdeck des "Skyline Plazas" ein 40-Jähriger bei einem Streit angegriffen und mit einem Messer schwer, ein 28-Jähriger leicht verletzt. Das Shoppingcenter musste teilweise geräumt werden, weil die Männer auch Pfefferspray eingesetzt hatten. "Die Gewaltspirale muss durchbrochen werden, um zu verhindern, dass jemand tot auf der Straße liegt. Es gibt in Frankfurt keinen rechtsfreien Raum. Nicht mit uns.

Darum wird jetzt sehr gezielt und offensiv kontrolliert. Jeden Tag und jede Nacht", so Lekic, der viel Erfahrung mitbringt und wirkt, als habe er alles in Sachen Kriminalität gesehen.

Er hat im Rauschgiftdezernat gearbeitet, beim Landeskriminalamt im Dezernat Islamismus, als Kripochef und als Leiter der Kriminaldirektion Westhessen. Sein Tonfall ist ebenso fest und scharf wie sein Blick. "Den Kontrolldruck halten wir, um die Gefährdung Unbeteiligter im öffentlichen Raum fernzuhalten. Die Sicherheit von 760.000 Menschen in der Stadt ist mein Job.

Die Frankfurter sollen sich sicher fühlen und nicht aus Sorge die Straßenseite wechseln. Die Gruppierungen wissen, dass wir ihretwegen unterwegs sind und dass es kein Zufall ist, dass wir genau dort sind, wo sie sind." Für Frankfurt hat sich Lekic ein weiteres Ziel gesetzt. "Dass scharfe Schusswaffen in der Stadt nur von der Polizei getragen werden."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Viktor Lekic
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