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Hamburg Schlagermove: Schafft das Event ab – pro und Kontra


Pro und Contra zum Schlagermove
Der Kiez sieht danach aus wie ein Schlachtfeld


Aktualisiert am 24.05.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

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Hamburgs Schlagermove zieht Tausende Menschen an. So siehts danach auch aus. (Quelle: Marcelo Hernandez / Funke Foto Services/imago)

Hunderttausede besuchen am Wochenende den Hamburger Schlagermove. Doch das Event steht in der Kritik: Sollte es ganz verschwinden?

Am Wochenende ist es wieder so weit: Der Schlagermove rollt durch St. Pauli. Da die Feierlichkeiten zur EM das Heiligengeistfeld blockieren, muss der Move in diesem Jahr schon im Mai stattfinden. Zu der Veranstaltung kamen zuletzt rund 400.000 Menschen. Mit den Besuchermassen schwappt auch eine Welle an zerbrochenen Glasflaschen, zerfetzten Federboas und Unmengen an Verpackungsmüll ins Viertel. Anwohner beschweren sich zudem über das Wildpinkeln überall im Wohnviertel. Sollte Hamburg sich vom Schlagermove trennen?

Pro
Katharina Grimm
Katharina GrimmHead of Regio Nord

Das Event passt nicht mehr ins Konzept der Stadt

Der Schlagermove ist ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit, als Hamburg unbedingt Großveranstaltungen in die Stadt holen wollte. Diese Gigantomanie rächt sich jetzt: Denn das Ballermann-Image dieser Veranstaltung passt nicht mehr zu Hamburg. Und erst recht nicht zu den Hamburgern.

Die Stadt setzt längst auf ein neues Zugpferd für die Hansestadt – nämlich Sport. Im Rahmen der Active-City-Pläne holt der Sportsenator Sand-Arenen aufs Heiligengeistfeld und lässt dort Beachvolleyball spielen, wo am kommenden Wochenende betrunkene Schlagerfans grölen. Auch die Europameisterschaft im Fußball wird mit Fan-Fest und Co. begleitet. Wenn Großevent, dann ein sportliches.

Dahinter steckt mehr als Sportinteresse. Diese Events sind niveauvoll, haben ein gesundes Image und ziehen ein neues und zahlungskräftiges Publikum an, das nicht unkontrolliert in die Straßen pinkelt.

Denn an diesem Vorurteil der saufenden Menschenmenge, die Anstand und Körperflüssigkeiten unkontrolliert verliert, ist leider viel Wahres dran. Der Kiez gleicht nach dem Schlager-Wochenende noch viel mehr einem Schlachtfeld als nach einem normalen Wochenende. Der Veranstalter kommt zwar für die zusätzliche Reinigung der Straßen auf. Sämtlichen Dreck zu entfernen, gelingt aber auch der Straßenreinigung nicht. Viele Spielplätze, die von den Schlagerfans zu Toiletten umfunktioniert werden, bleiben ungereinigt. Dort spielen am Morgen danach Kinder zwischen benutzten Taschentüchern.

Das Argument, St. Pauli sei nun mal ein Amüsierviertel, funktioniert nicht. Denn der Kiez war immer schon eine wilde Mischung aus Touristen und Einheimischen, Oberschicht und Obdachlosen, schicken Szeneclubs und billigen Bierschänken. Dieses feine Biotop gerät völlig aus den Fugen, wenn knapp eine halbe Million Menschen, schwer alkoholisiert, diesen kleinen Stadtteil mit schlechter Musik heimsuchen.

Doch wird Hamburg reagieren? Kurz vor der Pandemie sah es so aus, als sich der Cityausschuss in der Bezirksversammlung mit der Kritik beschäftigte. Von einer "Bewährungsprobe" war damals die Rede. Die Auflagen für den Veranstalter wurden erhöht. Doch das reicht nicht.

Denn die Bezirkspolitiker winken die Sondernutzung für die Gehwege weiterhin durch, die Wirtschaftsbehörde genehmigt die Party bis spät in die Nacht auf dem Heiligengeistfeld, und die Polizei sperrt die Straßen. Warum? Weil die Schlagerfans die Kassen der Gastronomen und Hotels füllen. Für einige ist es das umsatzstärkste Wochenende des Jahres. Anwohner haben da mit ihrer Kritik keine Chance.

Kontra
Martin Busche

Der Schlagermove bringt Frieden

Musiklegenden wie Roland Kaiser, Michael Holm, Roy Black oder Katja Ebstein haben ganze Generationen zum Mitsingen, Mitweinen, Mitschunkeln gebracht. Noch heute sorgen Lieder wie "Tränen lügen nicht", "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo" oder "Es war Sommer" für Gänsehaut und gute Stimmung. Was ist daran verkehrt oder schlimm?

Deshalb darf auch der Schlagermove nicht abgeschafft werden. Wer den abschafft, würgt den Schlager ab. Und das hat der Schlager nicht verdient. Im Gegenteil: Wir brauchen mehr Schlagermoves. Er bringt den Menschen Freude, Spaß, Geselligkeit und ein bisschen Frieden. Beim Schlagermove wird nur wenig gesoffen, noch weniger gekifft und schon gar nicht geprügelt. Jedes Jahr aufs Neue bestätigt die Polizei: Sehr friedliche Veranstaltung.

Wann gibt es das sonst auf der Reeperbahn? Das Fest ist so soft, die Polizei könnte das Waffenverbot abschaffen, das dort gilt. Es würde nichts passieren. Beim Schlagermove ist nämlich das Lied die Waffe, der Text, die Melodie. Ein großes, friedliches Miteinander.

Na klar ist der Schlagermove auch ein Geschäft. Nichts ist umsonst auf dieser Welt. Und so verdienen Hamburgs Gastronomen und Hotels ganz ausgezeichnet an dieser Veranstaltung. Aber machen wir uns nichts vor: Genau deshalb gibt es solche Veranstaltungen überhaupt noch, irgendjemand muss die Party bezahlen. Die Wagen, die Organisation, die ganzen Anlagen – all das ist teuer.

Nur weil es Sponsoren gibt, ist dieses wunderbare Fest kostenlos. Eine große Party für alle. Schön, dass es sie gibt.

Das muss so bleiben. Auch wenn es Kritik hagelt: von genervten Anwohnern. Oder Kritikern, denen die Ökobilanz des Festes nicht gefällt. Die vielen Trucks hinterlassen natürlich Spuren. Doch sie sind es wert. Denn mit dem Schlager und dem Move rollt eine überaus friedliche Veranstaltung durch Hamburg, von der viele profitieren: ob nun finanziell oder weil sie eine große Party feiern. Es lebe der Schlagermove. Denn: Ein bisschen Spaß muss sein.

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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