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Tim Mälzer im Interview: "Ich denke manchmal ans Aufhören"


Star-Koch Tim Mälzer
"Ich denke manchmal ans Aufhören"


Aktualisiert am 24.02.2024Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Tim MälzerVergrößern des Bildes
Tim Mälzer ist Koch, Gastronom, Fernsehmoderator und Unternehmer: In Hamburg betreibt er das Restaurant "Bullerei". (Quelle: Reinhard Hunger)

Fernsehkoch Tim Mälzer spricht über den Beginn seiner Leidenschaft fürs Kochen, Kritik an seinem neuen Buch und das Ende seiner Fernsehkarriere.

t-online: Herr Mälzer, wann und wie hat das große Kochen eigentlich bei Ihnen angefangen?

Tim Mälzer: Ich würde sagen, mit 18. Als ich von zu Hause ausgezogen, oder besser gesagt hinaus zitiert worden bin, habe ich die ersten drei Monate jeden Tag Spaghetti mit Tomatensoße gegessen. Und irgendwann habe ich diesen Geruch beim Aufstoßen nicht mehr ertragen. Also fing ich an, ein bisschen Speck anzubraten. Und dann habe ich irgendwann mal Karotten klein geschnitten und diese auch dazu getan. Später habe immer und immer wieder das Gleiche gekocht, überhaupt nicht abwechslungsreich. Steckrübeneintopf, Sauerkrautsuppe, eher so günstige Sachen. Aber ich habe für meine Kumpels gekocht und für die älteren, alleinstehenden Damen im Haus. Dafür haben diese dann wiederum meine Wäsche gemacht. Da habe ich dann schnell festgestellt, dass es ganz toll ist, auch für andere Leute zu kochen.

Sind Sie nicht in Ihrer Kindheit zu Hause inspiriert worden?

Bei uns in der Familie hat sich viel rund ums Essen abgespielt. Aber es war nie ein Thema. Wir haben sonntags unsere Familienzusammenkünfte gehabt. Da gab es Roastbeef, Bratkartoffeln, Remoulade. Mein Opa hat einen Butterkuchen gebacken. Wir haben alle gerne und abwechslungsreich gegessen. Ich weiß, dass wir schon Aubergine auf dem Teller hatten, als andere das noch für eine Krankheit hielten (lacht). Ich weiß, dass wir zum Metzger gegangen sind für Rippchen und er uns gefragt hat, was für einen Hund wir denn hätten. Das war damals noch eher ungewöhnlich als Gericht. Aber es wurde nie so viel darüber gesprochen. Es war nicht so, dass wir ein kulinarischer Haushalt waren. Gastronomisch würde ich sogar eher sagen, dass ich die Inspiration meiner Familie bin.

Wie das?

Erst als ich Berufskoch wurde, wurde auch das Thema Kochen in der Familie größer. Mein Vater, der vergangenes Jahr leider verstorben ist, war auch immer ein toller Koch. Er ist dann irgendwann mal in einen Kochclub eingestiegen und wollte sich dann ständig mit mir über Rezepte austauschen. Später hat meine Mutter bei mir gearbeitet und hat mich zeitweise tierisch genervt, weil sie mir immer gesagt hat, was ich zu tun hätte (lacht).

Es ist also nicht so viel aus der Familienküche hängen geblieben?

Ich glaube, dass das ein bisschen romantisiert wird. Ich habe Gerichte aus meiner Kindheit, die immer wieder auftauchen. Das sind aber gar nicht mal so viele. Das Klischee, mit dem ich immer wieder gerne spiele, ist der Steckrübeneintopf. Das ist ein Gericht meiner Urgroßmutter. Ich verbinde das auch ganz fest mit ihr. Meine Mutter macht den auch richtig gut. Ich glaube aber, dass ich den sogar besser als meine Mutter mache.

Sie haben gerade wieder ein Kochbuch auf den Markt gebracht, "Vierundzwanzigsieben kochen". Ihnen wurde vorgeworfen, eher zu schlichte Küche anzubieten.

Wir haben diesmal ganz bewusst zum Beispiel ein Sauerkraut Sandwich mit ins Buch genommen. Und dann kam eine Kritik in der FAZ, ob ein Kochbuch wirklich ein Rezept braucht, um ein belegtes Brot mit Sauerkraut und Nürnberger Bratwürstchen zu machen. Und ich sage: Ja, braucht es. Weil nicht alle im kulinarischen Feuilleton unterwegs sind. Es gibt so viele junge Leute, die von zu Hause ausziehen und zum ersten Mal alleine kochen. Und wenn man die durch eben solche vermeintlich leichten Rezepte mit an die Hand nimmt: toll. Ich habe nicht das Ziel, die Hochkultur zu bedienen, sondern Menschen zum Kochen bewegen.

Und welches Rezept verkörpert am ehesten die Philosophie Ihres neuen Kochbuchs?

Geriebene Tomatensoße.

Die geht wie?

Einfach Nudeln kochen und frische Tomaten über eine Vierkantreibe ziehen, damit reibt man ein bisschen die Haut ab. Das Fruchtfleisch wird mit Basilikum, ein bisschen Olivenöl, Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Dann die heiße Pasta hinzugeben und noch mal abschmecken. Das ist eine schlichte, wunderbar leichte Pasta und gerade für den Sommer superlecker.

Das klingt wieder relativ einfach. Hatten Sie nie Lust auf Sterneküche?

Vielleicht ganz am Anfang meiner Karriere mal. Aber ich habe dann schnell festgestellt, dass ich die Art und Weise des Kochens nicht mochte. Als ich mal in einem Sternerestaurant gearbeitet habe, hatte ich keinen Kontakt mit den Menschen, mit den Gästen. Vorher war ich Küchenchef in einem Szene-Restaurant, da haben wir gelacht, da habe ich die Teller selber rausgebracht und geschnackt. Ich bin mehr Gastgeber als Koch.

Wie gehts denn dem Gastgeber so im Allgemeinen mit der Gastrobranche derzeit?

Im Moment läuft viel falsch. Wir haben in den vergangenen drei Jahren so viele Preissteigerungen gehabt, da macht man sich als Außenstehender kein Bild von. Generationsbetriebe werden schließen, Konzessionsübernahmen werden immer schwieriger. In meiner Heimatstadt Pinneberg gibt es eine Konzeptgastronomie, dann zwei, drei Läden, die okay sind und sonst nichts mehr. Das wird jetzt peu à peu immer so weiter gehen.

Die geringere Mehrwertsteuer wäre schon sehr intelligent gewesen, um gerade bestehenden Gastronomen ein Überleben zu sichern. Klar, die etablierten Läden laufen in der Regel. Was wirklich ein Problem ist, ist der Wirt, der sein Bier um 20 Cent erhöhen muss. Die Leute sagen dann: Jetzt will der feine Herr aber einen Porsche fahren. Nee. Die Realität ist leider eine andere.

Dann klären Sie uns doch mal auf.

Es ist einfach alles zu teuer. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich das erste Mal über 30 Euro für einen Hauptgang genommen habe. Da dachte ich, jetzt gehts rund. Dann hatte ich zeitweise einen Hauptgang für 48 Euro auf der Karte. Da habe ich gesagt, das können wir nicht bringen, das bereitet mir Kopfschmerzen. Aber es ist wirklich hart kalkuliert. Top Produkt, top Handwerk, das Restaurant Bullerei, das Ambiente mit allem Drum und Dran. Da kommst du auf 40 Euro und dann kommen noch 8 Euro Mehrwertsteuer drauf. Und diese 8 Euro machen bei den Gästen etwas im Kopf. Essen gehen ist inzwischen zu teuer in Relation zu dem, was die Menschen verdienen.

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Die Menschen können sich dann wenigstens gutes Essen im Fernsehen ansehen. Es gibt viele Kochformate. Am 25. Februar sind Sie wieder mit Kitchen Impossible dabei. Bereits in der 9. Staffel. Denken sie manchmal darüber nach, aufzuhören?

Ich denke manchmal daran, wie es wäre aufzuhören. Und vor allem, wie ich aufhören wollen würde. Ich möchte zu denjenigen gehören, die selber ihr Ende setzen und nicht erst, wenn sich niemand mehr dafür interessiert. Die Medienlandschaft verändert sich. Ich werde älter, das Fernsehverhalten wird ein anderes. Das ist eine Sache, mit der ich mich fast tagtäglich auseinandersetze. Jetzt kommt ja aber erst mal Staffel 9 von Kitchen Impossible und die nächste Staffel ist auch schon in der Mache. Wir haben tolle Ideen dafür. Ich habe Gott sei Dank aber einen Beruf gelernt, ich bin Gastronom. Das ist mein Vorteil. Ich werde so gesehen nie in ein Loch fallen. Ich habe etwas, auf das ich immer zurückgreifen kann. Und Gastronomie ist und bleibt meine größte Leidenschaft.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Mälzer.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Tim Mälzer
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