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Zwei Kinder bei Autorennen getötet: Urteil in Hannover


Raserin tötete Kinder
"Der Richter hat uns Eltern bestraft"


Aktualisiert am 17.04.2023Lesedauer: 3 Min.
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Urteil im Prozess um illegales AutorennenVergrößern des Bildes
Die Hauptangeklagte kommt im Landgericht in den Gerichtssaal: Nach dem Unfalltod von zwei kleinen Kindern infolge eines illegalen Autorennens ist die 20-Jährige zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. (Quelle: Christina Sticht/dpa/dpa)

Haftstrafen im Prozess um ein Autorennen bei Hannover, bei dem zwei Kinder starben. Den Eltern geht das Urteil nicht weit genug.

Vor dem Schwurgericht des Landgerichts Hannover ist am Montag im Prozess um ein illegales Autorennen das Urteil gefallen. Die Eltern zweier getöteter Kinder zeigten sich nicht zufrieden mit den Haftstrafen für die Angeklagten. Der Vater sagte: "Der Richter hat uns bestraft." Er selbst hätte mit einer Haftstrafe von mindestens zehn Jahren für die Angeklagten gerechnet. "Die kommen nach sechs Jahren raus und können wieder mit ihren Kindern spielen. Ich habe meine Kinder für immer verloren", so der Vater.

Und weiter: "Die der Täterin sitzen irgendwo – und spielen Playstation." Seine Ehefrau hätte seit dem Unfall zudem mehrere Operationen über sich ergehen lassen müssen – weitere stünden an. Während des Gesprächs bricht die Mutter in Tränen aus, die Eltern brechen das Gespräch ab.

Das Landgericht Hannover war in seiner Urteilsverkündung am Montag nicht der Argumentation der Staatsanwaltschaft gefolgt, wonach ein Tötungsvorsatz vorgelegen hätte. Ursprünglich waren eine 40-jährige Frau und ein gleichaltriger Mann wegen Mordes, beziehungsweise Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen. Doch laut dem vorsitzenden Richter Martin Grote habe es sich um eine "bewusste Fahrlässigkeit" gehandelt. Laut der Urteilsbegründung hätten sich die beiden bei einem Überholmanöver in Barsinghausen (Region Hannover) ein Autorennen geliefert.

Angeklagte bestreiten Rennen

Demnach sollen sie im Februar 2022 mit 180 Kilometern pro Stunde nebeneinander gefahren sein. Die Frau habe die Kontrolle verloren, das Heck brach aus, dann kam das Auto der Familie um die Kurve. Zwei kleine Kinder, die ordnungsgemäß angeschnallt waren, starben bei dem Unfall. Die Eltern der getöteten Brüder traten im Prozess gegen die Polin und den Deutschen als Nebenkläger auf. Die Angeklagten hatten bestritten, ein Rennen veranstaltet zu haben.

Das Gericht sah es jedoch als erwiesen an, dass sich beide wahrgenommen und während des Überholvorgangs ihre Fahrzeuge noch weiter beschleunigt haben. "Sie wollten die Leistungsmöglichkeiten ihrer Fahrzeuge mit völlig unangemessener Geschwindigkeit testen", begründete Grote das Urteil. Beiden Angeklagten sei bewusst gewesen, dass sie eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellten und dass ein solches Rennen tödlich enden kann. Laut psychologischem Gutachten ist die Hauptangeklagte empathielos und rücksichtslos. "Sie hat die Erfahrung gemacht, das sei schon immer gut gegangen, warum nicht auch jetzt?" Auch später soll sie sich laut Richter Grote eher um ihr Schicksal gesorgt haben, weniger um das der Eltern, die ihre Kinder verloren haben.

Die 40-Jährige wurde wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Zudem wird ihr der Führerschein für fünf Jahre entzogen. Ihr Mitangeklagter wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge zu vier Jahren Haft verurteilt.

Tödlicher Unfall bei Hannover: Flucht nach Polen

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zuvor berichtete, wurden zwei Kollegen der Angeklagten Ewa P. als Zeugen vernommen. Beide berichteten über den rasanten Fahrstil der Frau. Laut einem Zeugen habe P. Blitzer-Bescheide nach zu schnellen Rückfahrten aus Polen an ihre Schwester schicken wollen. Ein anderer Kollege bezeichnete ihren Fahrstil als "sehr rasant ist untertrieben" und gab an, dass sie regelmäßig waghalsige Überholmanöver auf Landstraßen mit Geschwindigkeiten von 150 km/h unternommen habe. In der Firma wurde sie angeblich als "Schumi" oder "Bleifuß" bezeichnet.

Die Angeklagte widersprach jedoch. Ihr Fahrstil sei angemessen gewesen und der Überholvorgang des Mitangeklagten sei normal verlaufen. Doch ein Dashcam-Video soll belegen, dass P. tatsächlich mit 180 km/h auf einer Straße gefahren sei, auf der nur 70 erlaubt waren. Ihr Audi A6 hatte mehr als 250 PS.

Nur ein "Augenblickversagen"?

Die Angeklagte Ewa P. hatte zu Prozessbeginn angegeben, in einer psychischen Ausnahmesituation während eines Überholmanövers die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Nachdem die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hatte, wurde ein internationaler Haftbefehl gegen P. erlassen. Sie wurde schließlich im September 2022 in Polen festgenommen.

Die Verteidigung beider Angeklagten haben nach dem Urteil angekündigt, Revision einzulegen. Laut der Anwältin von Ewa P. handelte es sich nicht um ein illegales Rennen, sondern um ein "Augenblickversagen" während eines missglückten Überholvorgangs, das ihrer Mandantin leid täte: "Für die Familie, aber auch für sich selbst", so die Anwältin. Die Frau hätte demnach nur weiter beschleunigt, um der Gefahrensituation zu entgehen.

Der Strafrahmen für unerlaubte Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge liegt zwischen einem und zehn Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
  • faz.net: "Sie nannten sie "Schumi"" (kostenpflichtig)
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