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Windkraft in Hannover und Bayern: Energiewende – Wer gewinnt das Wettrennen?


Wettlauf der erneuerbaren Energien
Diese Region könnte ganz Bayern bei Windkraft überholen

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

Aktualisiert am 28.09.2023Lesedauer: 5 Min.
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Ein Windrad auf dem Kronsberg in Hannover.Vergrößern des Bildes
Ein Windrad auf dem Kronsberg in Hannover: Rein rechnerisch zieht die Region bald weit an Bayern vorbei. (Quelle: localpic/imago images)

Die Region Hannover will bis zum Jahr 2035 370 neue Windräder errichten. Das entspricht dem 92-Fachen der Windanlagen, die in Bayern in diesem Jahr bislang genehmigt wurden.

Die Region rund um die Landeshauptstadt Hannover verfügt über eine Fläche von 2.290 Quadratkilometern. Das entspricht ungefähr der Größe des Saarlandes – etwa 30-mal kleiner also als der Freistaat Bayern. Doch der niedersächsische Kommunalverband macht sich auf, selbst dem flächenmäßig größten Bundesland Konkurrenz zu machen – und zwar beim Ausbau der Windenergie.

Im vergangenen Jahr sind in Bayern nämlich lediglich 14 neue Windräder ans Netz gegangen. Zwar sollten es laut Bayerischer Staatskanzlei im Jahr 2023 "deutlich mehr werden", 200 Windräder etwa, wie es in einer Presseerklärung vom Januar heißt. In den "kommenden Jahren" plane das Land insgesamt mit etwa 1.000. Doch ob das wirklich gelingt, steht beim derzeitigen Tempo noch in den Sternen. Und auch die wesentlich kleinere Region Hannover hat sich in Sachen Strom aus Windenergie viel vorgenommen. Könnte sie am Ende sogar manchem Bundesland Konkurrenz machen?

2,5 Prozent seines Gebiets hat die Verwaltung der Region als sogenanntes Vorranggebiet für den Ausbau von Windenergieanlagen vorgesehen. Damit hat der Bau von Windenergieanlagen auf 57 Quadratkilometern vor allen anderen Nutzungen Vorrang. Festgezurrt wurde dies durch die fünfte und möglicherweise finale Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP), die vergangene Woche in Hannover vorgestellt wurde und in den kommenden Monaten beschlossen werden soll.

Wie soll Bayern da mithalten?

Damit will der Kommunalverband allein bis zum Jahr 2035 insgesamt 370 Mega-Windkraftanlagen genehmigen und errichten lassen. Zum Vergleich: Würde Bayern vergleichbare Ziele in Sachen Windenergie verfolgen, müsste das Land hochgerechnet auf seiner Fläche Neubauten im niedrigen fünfstelligen Bereich anpeilen.

Doch dort sind laut aktuellen Daten der Bundesnetzagentur auch in diesem Kalenderjahr bislang gerade einmal elf Windräder ans Netz gegangen. Auch wenn die privaten Windunternehmen in der Region Hannover in diesem Jahr bislang selbst noch keine neuen Anlagen in Betrieb nehmen konnten, sind zumindest elf Windenergieanlagen mit insgesamt rund 61 Megawatt Leistung genehmigt worden, wie ein Regionssprecher t-online auf Nachfrage mitteilte. Sieben mehr als in Bayern.

Doch eigentlich soll in Bayern ein frischer Wind in Sachen Energiewende wehen: Dort hatte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Januar die "Regionalen Windkümmerer" ins Leben gerufen. Sein niedersächsisches Pendant, Christian Meyer (Grüne), blieb jedoch auch nicht untätig. Meyer hat bereits im vergangenen Jahr die "Taskforce Energiewende" geschaffen. Und die hat ehrgeizige Ziele: In den kommenden Jahren sollen Anlagen mit einer Windenergieleistung von rund 18 GW allein an Land installiert werden – dazu kommen noch die Offshore-Windanlagen vor der Nordseeküste. Das entspricht einem Zubau von rund 1.500 Windenergieanlagen in den kommenden Jahren. Den "Windkraft-Turbo" wolle Niedersachsen zünden, so Meyer damals.

2,2 Prozent Landesfläche für Windenergie bis 2026

Das wurde im Mai per Windenergie-Beschleunigungs-Gesetz auch verbindlich. Das Gesetz sieht vor, dass bis 2026 mindestens 2,2 Prozent der Landesfläche für Windenergie ausgewiesen werden müssen – das entspricht einer Fläche von rund 6.200 Quadratkilometern.

Dieser Umsetzung sieht sich die Region Hannover verpflichtet: "Im Jahr 2035 könnten allein auf den Vorranggebieten insgesamt 370 neue Windenergieanlagen stehen, sodass rund 4.800 Gigawattstunden Strom pro Jahr produziert werden könnten", sagte Regionspräsident Steffen Krach (SPD) vergangene Woche. "Wir müssen uns auf einen weiter ansteigenden Stromverbrauch einstellen und nachhaltig vorsorgen – dafür setzen wir hier bei uns in der Region darauf, Windenergie so effizient und umweltverträglich wie möglich auszubauen", so Krach weiter.

"Für 56 Anlagen mit rund 240 Megawatt führt die Region derzeit Genehmigungs- und Vorbescheidsverfahren", erklärte der Regionssprecher t-online weiter. Das entspräche mehr als 50 Prozent der aktuell gewonnenen Leistung. Derzeit speisen im Regionsgebiet 265 Windenergieanlagen mit insgesamt rund 448 Megawatt das Netz. Bundesweit kamen in diesem Jahr 313 Anlagen neu zu den 29.472 bestehenden hinzu.

Langwierige Genehmigungsverfahren in Bayern

In Bayern herrscht dagegen regelmäßig zähes Ringen um jede Baugenehmigung für eine neue Windanlage: Immer wieder werden Baustopps verhängt, weil es am Ende doch noch Einsprüche gab. Dazu führt etwa auch die 10-H-Regelung, die offenbar trotz einer Anpassung im November vergangenen Jahres maßgebliche Herausforderungen in Sachen Windkraftausbau bedingt.

Inzwischen wurde der Mindestabstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung in einigen Fällen auf 1.000 Meter reduziert, was den Ausbau der Windenergie in Bayern deutlich erleichtern soll. Allerdings tauchen immer Hürden auf, die den Ausbau noch verzögern können, etwa Einsprüche von Bürgern und Umweltverbänden. So konnten Aiwangers "Windkümmerer" auch in diesem Jahr bislang lediglich für vier neue Anlagen Genehmigungen erteilen lassen. Hier liegt ganz Niedersachsen insgesamt bereits bei 130.

Ministerpräsident Söder (CSU) begründete Bayerns schleppenden Windkraftausbau zuletzt mit dem Widerstand der Menschen vor Ort. Doch ein Appell von 432 Bürgermeistern stand diesem Argument entgegen, wie die "Welt" berichtete. Denkbar ungünstig für einen Ministerpräsidenten im Wahlkampfmodus, dessen Partei sich stattdessen auf andere Projekte, wie etwa die Nutzung der Geothermie, beruft. Bei den Bohrungen in heißes Gestein, in die Wasser zum Erhitzen gepumpt wird, ist das Land Spitzenreiter und will dies laut Aiwanger weiter ausbauen.

Die Region Hannover setzt sich ehrgeizige Ziele

Doch in Sachen Windkraft bleibt die Frage, ob Bayern künftig womöglich sogar noch weiter zurückfällt, gar hinter Kommunalverbände wie Hannover. Zumindest im Verhältnis ist das denkbar. Wenn die Region Hannover ihr geplantes Ziel von 4.800 Megawatt aus Windstrom bis zum Jahr 2035 einhält, müsste Aiwangers Ministerium schon deutlich aufs Tempo drücken. Das fordern auch die bayerischen Grünen und Sozialdemokraten.

Wie ein Blick auf die Zahlen der Bundesnetzagentur vom 19. September dieses Jahres verrät, bezieht der Freistaat derzeit nur etwa 2.621,7 Megawatt aus Windenergie. 12.327,9 Megawatt sind es dagegen bereits im gesamten Niedersachsen, hinzu kommen noch 48 Windanlagen auf See mit einer Leistung von 224,1 Megawatt. Und Niedersachsen baut weiter aus: 88 Anlagen kamen bereits in diesem Jahr dazu, nur Schleswig-Holstein war mit 168 Neu-Inbetriebnahmen in diesem Jahr noch fleißiger.

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Bayern führend in Solarenergie

Zur Wahrheit in Sachen regenerativen Energien gehört aber auch, dass Bayern dagegen im Bereich Solarenergie deutschlandweit die Nase vorn hat: rund 880.172 Stromerzeugungseinheiten speisen die Stromversorgung mit 20.853,8 Megawatt. Niedersachsen kommt hier bislang gerade einmal auf ein Drittel (346.173 Einheiten, 6.503,0 Megawatt Leistung). Doch zuletzt brachten vor allem private Solaranlagen das Stromnetz in Bayern ans Limit, wie ZDF-"heute" berichtete. Demnach sei die Kapazität einzelner Netzelemente laut Bundesnetzagentur nicht ausreichend, um zu jedem Zeitpunkt die volle Einspeisung einzelner PV-Anlagen aufzunehmen.

Die Region Hannover widmet sich dagegen primär weiter dem Ausbau der Windenergie. Wenn die Regionspolitik in Hannover den Plänen von Präsident Steffen Krach zustimmt, werden diese ab Oktober öffentlich ausgelegt. Im Frühjahr 2024 sollen die Pläne überarbeitet werden. Im Mai soll die Regionsversammlung dann das Raumordnungsprogramm beschließen.

Verwendete Quellen
  • hannover.de: Pressemitteilungen vom 06. Februar und 20. September 2023
  • bayern.de: Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei vom 27. Januar 2023
  • E-Mail-Anfrage an das Umwelt-Dezernat der Region Hannover
  • welt.de: "Jetzt begehren die bayrischen Bürgermeister gegen Söder auf"
  • bundesnetzagentur.de: "Statistiken ausgewählter erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung – August 2023"
  • zdf.de: "Solarenergie bringt Stromnetz ans Limit"
  • stmwi.bayern.de: "Aiwanger: 'Bayern baut Spitzenposition bei Geothermie weiter aus!'"
  • Eigene Recherche
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