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Wie Kölner Lamas Menschen helfen: "Diese Tiere sind Herzöffner"


Tierische Therapie
Wie Kölner Lamas Menschen helfen: "Diese Tiere sind Herzöffner"

Von Chiara Tiedemann

Aktualisiert am 26.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Lama Leonardo und Therapeutin Kira Berendonk: Die Lamatherapie Köln hilft Menschen seit zehn Jahren.Vergrößern des Bildes
Lama Leonardo und Therapeutin Kira Berendonk: Die Lamatherapie Köln hilft Menschen seit zehn Jahren. (Quelle: Chiara Tiedemann)

Leonardo ist Therapeut, ohne dass er es weiß. Das Lama hilft Menschen mit Ängsten oder Wahrnehmungsstörungen.

"Wow, hast du das gerade gesehen? Der hat seine Nase ganz nah an meine Nase gemacht!" Denise tritt reflexartig einen Schritt zurück und fährt überrascht herum. Ihre Wangen und ihre Nase sind von dem kalten Winterwetter gerötet, und ihr Atem zeichnet kleine Wolken in die Luft.

"Das ist ein Lama-Kuss", antwortet Therapeutin Kira Berendonk. "Wenn ein Lama das macht, dann heißt das, dass es dich wirklich mag." Die 38-Jährige arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit den Tieren zusammen. Denise ist eine ihrer treuesten Klientinnen und besucht den Therapiehof im Kölner Süden regelmäßig.

Umgang mit Tieren schafft Selbstbewusstsein

Am schönsten ist es für die 15-Jährige, immer wieder zu spüren, wie stark das Lama ihr vertraut. Dafür muss sie es bloß aufmerksam beobachten und entspannt bleiben. Beim Spaziergang durch den Wald läuft Leonardo geschützt hinter der Schulter des jungen Mädchens. Dass sich das Tier auf ihren Schutz verlässt, vermittelt Denise eine besondere Form des Selbstbewusstseins.

"Das ist eigentlich das Wichtigste bei der tiergestützten Therapie: Die Klienten merken gar nicht unbedingt, wie sehr sie gerade vom Tier profitieren, sondern denken eher: 'Ich konnte dem Tier auch was Schönes mitgeben'", erklärt Kira Berendonk.

Das Tier nimmt den Menschen, wie er ist

Leonardo ist auf dem Therapie-Hof nicht alleine. Fünf weitere Lamas, zwei Ziegen und Mops-Dame Lotte begleiten Berendonk bei ihrer täglichen Arbeit. Nach ihrem Studium im Bereich der Erziehungswissenschaften fokussierte sie sich schnell auf die tiergestützte Therapie. "Ich bin durch und durch Pädagogin, wollte aber immer mit Tieren arbeiten, und so kann ich beides perfekt miteinander verbinden." Lamas hätten keine Vorurteile, würden nicht werten und auf Menschen stets "vollkommen unvoreingenommen und aufgeschlossen" reagieren.

Vor allem Kinder und Jugendliche werden hier therapiert. Sie leiden beispielsweise unter Wahrnehmungsstörungen oder chronischen Ängsten. Im therapeutischen Umgang mit den Tieren erleben sie schnell Erfolgsmomente, die sie so sonst kaum kennen. Die Kosten für die Sitzungen mit Leonardo und Co. werden bisher nicht von den Krankenkassen unterstützt, sie müssen meist privat bezahlt werden. Nur in seltenen Fällen übernimmt die Pflegekasse den regelmäßigen Lama-Besuch einzelner Klienten.

Lamas nehmen ihre Umwelt sehr sensibel wahr

Als sie den Lamas das erste Mal begegnete, hatte Denise viel Respekt vor den großen Tieren. Angst hatte sie aber nie. "Ich habe ja schnell gemerkt, dass die mich genauso mögen wie ich sie", verkündet die 15-Jährige stolz, nachdem sie das Lama zurück in den Stall geführt hat.

Lamas nehmen die Stimmungen um sie herum sehr sensibel wahr und spiegeln sie direkt. Bei schüchternen Menschen halten sie sich vorsichtig zurück. Sie zeigen aber auch deutlich ihre Grenzen auf, wenn es ihnen zu schnell und hektisch wird. In der Therapie lernen die Teilnehmenden am Beispiel der sensiblen Tiere indirekt, welchen Effekt das eigene Verhalten auf das Umfeld und die Mitmenschen haben kann.

"Diese Tiere sind Herzöffner"

Wenige Tage später: Als die Lamas ein Altenheim in Köln-Sürth besuchen, ist die Begeisterung kaum zu überhören. "Da sind sie ja wieder – die schönen Tiere! Hallo, schau mal her!", schallt es aus dem Publikum. Mittlerweile erkennen die Bewohner die Tiere sofort. Als Dank für die monatlichen Besuche der Lamas sammelt das Altenheim immer wieder Spenden.

Normalerweise treffen die Senioren und die Lamas nur im Garten der Einrichtung aufeinander. Doch diesmal dürfen die großen Tiere mal viel näher heran: Im Gemeinschaftsraum genießen sie zwischen Kaffeetassen und Kuchengabeln jede Menge Streicheleinheiten. Eine der Pflegerinnen ist erstaunt über die Dynamik, die die Lamas in die Räume des Altenheims zaubern. "Diese Tiere sind Herzöffner", sagt sie gerührt. "Sie sind Freudenspender, die es immer wieder schaffen, den Menschen hier gute Laune zu schenken."

"Momente, die man nicht in Worte fassen kann"

Auch für Therapeutin Kira Berendonk zählen die Begegnungen ihrer Lamas mit den alten Menschen zu den emotionalsten Aspekten ihres Berufs. "Wenn man da dabei ist, dann entstehen wirklich Momente, die man nicht in Worte fassen kann." Oft darf sie miterleben, wie sich motorisch oder geistig eingeschränkte Menschen, die sich kaum noch mitteilen können, dank der Lamas wieder am Leben beteiligen.

Einer von Leonardos Lama-Kollegen legt sich vor einer Seniorengruppe ab. Für einen Moment vergessen die Bewohner alles, was um sie herum geschieht. Ein schwer unter Demenz leidender Mann kann sich plötzlich wieder an seine Vergangenheit erinnern. Aufgeregt erzählt er von den Haustieren, die er selbst besessen hat und pflegen durfte, als er noch ein kleiner Junge war. Eine Frau, die sich im Alltag meist zurückzieht und mit sich allein sein will, fühlt sich auf einmal in der Gruppe wohl.

Sie steht ganz vorne, als die Bewohner des Kölner Altenheims den Lamas nach einer Stunde zum Abschied fröhlich zuwinken. "Damit habt ihr mir eine richtige Freude gemacht!", ruft sie Kira Berendonk und ihren Tieren im Gehen zu.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
  • lamatherapie-koeln.de: Website der Lamatherapie Köln
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