Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hitzestress im Fluss Rhein könnte bis 2100 über 4 Grad wärmer werden

Eine neue Studie zeigt: Der Rhein erwärmt sich deutlich. Besonders im Süden drohen ökologische Schäden – und wirtschaftliche Folgen.
Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich das Wasser im Rhein um bis zu 4,2 Grad Celsius erwärmen. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und des niederländischen Forschungsinstituts Deltares im Auftrag der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Die Forschenden sprechen von einem "klaren Erwärmungstrend" – mit weitreichenden Folgen für Umwelt und Industrie.
Schon im Frühjahr 2025 lag der Rheinwasserstand deutlich unter dem langjährigen Mittel. "Solche Bedingungen sind ein Vorgeschmack auf das, was wir in Frühling und Sommer zukünftig häufiger für den Rhein erwarten dürfen", sagte IKSR-Präsidentin Miriam Haritz. Mit dem sinkenden Wasserstand steigt die Temperatur – und damit der Druck auf den Fluss.
Rhein-Studie mit Langzeitdaten
Die vorgestellte Studie greift auf Langzeitdaten von 1978 bis 2023 zurück. Besonders südlich von Karlsruhe sei ein deutlicher Anstieg der Wassertemperaturen messbar. In Basel etwa sei die mittlere Jahrestemperatur im Schnitt um 0,4 Grad pro Jahrzehnt gestiegen – trotz rückläufiger Wärmeeinleitungen durch Industrie oder stillgelegte Kernkraftwerke.
Die neuen Modellrechnungen basierten auf einem CO₂-Hochemissionsszenario des Weltklimarats (IPCC). Die Ergebnisse: bis 2050 wird ein Anstieg der mittleren Wassertemperatur um 1,1 bis 1,8 Grad erwartet, bis 2100 ein Anstieg um 2,9 bis 4,2 °C gegenüber 1990–2010.
Folgen für Flora und Fauna im Fluss
Besonders betroffen sind laut Studie die südlichen Rheinabschnitte zwischen der Schweiz und Karlsruhe. Die Zahl der Tage mit Wassertemperaturen unter 10 Grad wird deutlich sinken – von derzeit 170 auf nur noch 104 Tage. Gleichzeitig nehmen Hitzetage stark zu: Statt aktuell 32 Tage über 21,5 Grad könnten es künftig 106 Tage im Jahr sein – davon bis zu 50 mit Temperaturen über 25 Grad.
Die steigenden Temperaturen treffen den Forschern zufolge Flora und Fauna im Rhein besonders hart. "Werden kritische Temperaturschwellen über längere Zeiträume überschritten, kann es zu ökologischen Schäden kommen", erklärte BfG-Biologin Tanja Bergfeld-Wiedemann. Aquatische Organismen litten unter Hitzestress, Sauerstoffmangel und Krankheitsanfälligkeit. Kalte Gewässer liebende Arten wie die Äsche könnten verschwinden, während wärmeliebende Raubfische wie der Wels sich stärker ausbreiten.
Auch Probleme für Industrie
Auch für Industrie und Landwirtschaft könnte es eng werden. Steigt die Temperatur zu stark, dürfen Unternehmen womöglich weniger Wasser entnehmen – zum Beispiel zur Kühlung. Das könne wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Einige Gegenmaßnahmen wie die Renaturierung von Auen oder die Schaffung schattiger Rückzugsräume seien denkbar – aber laut Studie nur in kleineren Fließgewässern umsetzbar. Im Rhein selbst blieben die Spielräume begrenzt.
- iksr.org: Pressemitteilung vom 10.7.2025