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Köln: Putzmann shoppt für 24.000 Euro mit Kreditkarte von Auftraggeber


Amazon-Prozess in Köln
Putzmann shoppt für 24.000 Euro mit Kreditkarte von Auftraggeber

Von Johanna Tüntsch

10.12.2020Lesedauer: 3 Min.
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Blick auf den Eingang am Kölner Amtsgericht (Archivbild): Dort ging es in einer Verhandlung am Mittwoch um einen kuriosen Betrug.Vergrößern des Bildes
Blick auf den Eingang am Kölner Amtsgericht (Archivbild): Dort ging es in einer Verhandlung am Mittwoch um einen kuriosen Betrug. (Quelle: FutureImage/imago-images-bilder)

Das Konto eines Drehbuchautors rutscht ins Minus. Seine Haushaltshilfe hatte seine Kreditkarte geklaut und bei Amazon geshoppt. Nun ist ein angeblich Beteiligter in einem zweiten Prozess jedoch freigesprochen worden.

Erleichtert verließ am Mittwoch ein 47-Jähriger das Gerichtsgebäude in Köln: Strafverteidigerin Sabrina Buelli konnte für ihn einen Freispruch erwirken. Der Mann war vor dem Schöffengericht am Amtsgericht angeklagt, weil er einen Drehbuchautoren (52) in einem Zeitraum von fast drei Jahren mit insgesamt 609 Taten um 24.000 Euro betrogen haben soll. Zusammen mit seiner Anwältin konnte der Arbeitslose jedoch darlegen, dass er ohne eigene Verantwortung in Machenschaften seines früheren Lebensgefährten (40) hineingezogen worden war. Dieser wurde bereits 2019 zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für sein Vergehen verurteilt. Nun prüfte das Gericht, ob das einstige Liebespaar gemeinschaftlich vorging oder nicht.

"Ich war sehr blauäugig", sagte der Angeklagte rückblickend. Hintergrund des Verfahrens ist, dass sein Lebensgefährte, der bei dem Geschädigten putzte, diesem eine Kreditkarte entwendete. Mit ihren Daten bestellte er über drei Jahre hinweg kontinuierlich Waren bei Amazon. Darunter: Jeans, Turnschuhe, einen Herren-Zehentrenner, Fensterbilder für Weihnachten und Unterhosen. Meist ließ er alles zu seinem Lebensgefährten liefern – aus praktischen Gründen, wie es schien, denn als Arbeitsloser war der die meiste Zeit zu Hause.

Als das Konto im Minus war, schlug die Bank Alarm

Da es nicht um Luxusgüter ging, schöpfte der Angeklagte keinerlei Verdacht. Im Gegenteil: Manchmal ließ er sich sogar etwas mitbestellen. Die Vorsitzende Richterin bestätigte mit Blick auf die zahlreichen Bestellungen: "Bis auf einen liegen alle Beträge unter 100 Euro." Das war auch der Grund dafür, dass der Geschädigte selbst so lange nichts merkte. Als er im Zeugenstand zu seiner Person angab, Drehbuchautor für "Unter uns" und "Sturm der Liebe" zu sein, rutschte der Staatsanwältin heraus: "Meine Mutter ist großer Fan!". "Ich bitte, von Autogrammwünschen abzusehen", kommentierte trocken die Vorsitzende und ließ sich schildern, was der Mann als Opfer der Taten erlebt hatte.

"Es kam erst raus, als meine Bank anrief und sagte, mein Konto sei im Minus. Da habe ich angefangen, zu eruieren." Die Amazon-Abbuchungen hatten ihn vorher nicht misstrauisch gemacht: "Ich bestelle dort viel. Ich arbeite gerne nachts und komme nicht in Kaufhäuser", skizzierte er. Mit Schrecken wurde ihm dann aber bewusst, dass sein eigener Amazon-Account mit dem Girokonto verknüpft war und er die Kreditkarte niemals dort hinterlegt hatte.

"Schlanker Mann" in Verdacht

"Die Polizei meinte aufgrund der getätigten Bestellungen, dass es ein schlanker Mann sein müsse. Ich kenne nicht so viele schlanke Männer, aber irgendwann kam er rein und ich dachte: Mist, das könnte passen", berichtete er über seine einstige Haushaltshilfe. Er meldete den Ermittlern seinen Verdacht und bekam wenig später von dem Verdächtigen eine Nachricht: Er könne wegen einer anderen Tätigkeit nicht mehr zum Putzen kommen. "Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber", äußerte der frühere Putzmann, der ebenfalls als Zeuge aussagte.

Seinen früheren Lebensgefährten entlastete er mit der Angabe, dass er sich nicht mehr genau erinnern könne, ob er ihn in den Betrug eingeweiht habe. Zudem räumte er ein, dass letztlich am Verfahren die Beziehung zerbrochen sei: "Ich hatte ein schlechtes Gewissen und habe mich zurückgezogen."

Nicht nur die Verteidigerin beantragte schließlich einen Freispruch, sondern auch die Staatsanwältin: "Ich denke, der Angeklagte hatte keine Ahnung von den Hintergründen." Das Gericht sprach den Mann daher frei. Man könne zwar Zweifel daran haben, ob sich das in einer langen Beziehung wirklich so abgespielt habe, meinte die Vorsitzende, "aber vielleicht ist die Liebe ja wirklich eine Himmelsmacht und macht alles rosa und blau und mit Goldrand."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
  • Teilnahme am Prozess in Köln
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