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Köln: Polizist am Aachener Weiher "von 50 Flaschenwürfen überollt"


Angriffe an Hotspots immer brutaler
Kölner Polizist über Flaschenwürfe: "Gewalt ist gängige Praxis"

Von Florian Eßer

Aktualisiert am 17.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Eine Polizistin und ihr Kollege im Einsatz in Köln (Archivbild): Immer wieder werden Beamte in Dienst attackiert, im vergangenen Jahr gab es in NRW mehr als 300 schwere Körperverletzungen gegen Einsatzkräfte.Vergrößern des Bildes
Eine Polizistin und ihr Kollege im Einsatz in Köln (Archivbild): Immer wieder werden Beamte in Dienst attackiert, im vergangenen Jahr gab es in NRW mehr als 300 schwere Körperverletzungen gegen Einsatzkräfte. (Quelle: Future Image)

Gewalttätige Übergriffe auf Einsatzkräfte in Köln häufen sich. Erst Anfang des Monats bewarfen Feiernde einen Streifenwagen mit Glasflaschen. Einer der angegriffenen Polizisten berichtet Dramatisches aus seinem Arbeitsalltag – die Gewerkschaft schlägt Alarm.

Sie werden im Einsatz mit Flaschen beworfen oder bei Kontrollen tätlich angegriffen: Polizei- und Rettungskräfte in Köln werden besonders am Aachener Weiher immer wieder zum Ziel von Gewalt.

Der Kölner Polizeihauptkommissar Roß hat Anfang September eine solche Situation erlebt. Roß ist Mitglied in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und arbeitet seit sieben Jahren auf der Wache in der Kölner Innenstadt. Der Einsatzleiter macht sich regelmäßig ein Bild von allen Hotspots, etwa im Zülpicher Viertel, an der Uniwiese und am Aachener Weiher.

"Wollten nur der Frau helfen"

Er saß in der Nacht zum 5. September im Streifenwagen, als dieser aus einer Menge heraus mit Flaschen beworfen wurde: "Wir fuhren gerade auf das Plateau der Grünanlage am Aachener Weiher, als jemand ganz aufgeregt angerannt kam und um Hilfe rief", erinnert sich Roß, "eine seiner Begleiterinnen war zusammengebrochen".

Zeitgleich feierte eine Gruppe von rund 200 jungen Leuten am Weiher: "Diese haben wahrscheinlich gedacht, dass wir ihre Party auflösen wollen, dabei wollten wir nur zu der hilfsbedürftigen jungen Frau", so der Beamte im Gespräch mit t-online.

Kölner Polizist: "Wurden von 40 oder 50 Flaschenwürfen überrollt"

Es habe nicht lange gedauert, bis die erste Flasche in Richtung des Streifenwagens geflogen sei: "Dann kam eine zweite und eine dritte Flasche dazu und daraus entwickelte sich eine enorme Gruppendynamik", sagt Roß, "da hat uns eine Welle von 40 oder 50 Flaschenwürfen überrollt." Auch hätten Feiernde versucht, ein sogenanntes Pittermännchen (ein Zehn-Liter-Kölschfass, Anm. d. Red.) nach den Beamten zu werfen.

Für Roß und seine Kollegin im Wagen keine leichte Situation: "Für uns war es unmöglich, an die hilfsbedürftige Frau zu gelangen. Wir wussten ja nicht genau, was sie hat und wollten ihr so schnell wie möglich helfen."

Die beiden Beamten riefen Verstärkung herbei, um gegen die Menge an Menschen vorzugehen: "Da haben wir dann auch Helme und Körperschutz getragen", so der Hauptkommissar. Viele der Feiernden flüchteten, ein 20-Jähriger aus Mettmann konnte später festgenommen werden.

Flaschenwürfe in diesem Ausmaß habe es früher nicht gegeben, erzählt Roß: "Die Flaschen kommen aus der Dunkelheit geflogen, man wird vollkommen überrascht." Mittlerweile wurden am Weiher extra Flutscheinwerfer installiert, um das Areal großflächig auszuleuchten.

Flaschenwürfe am Aachener Weiher mehren sich

Auch Jörg Radek, der stellvertretende Bundesvorsitzende der GdP, bestätigt: "Es ist leider zum Alltag geworden, dass Polizeibeamte solchen Attacken ausgesetzt sind."

Wie der Hauptkommissar erläutert, sei Gewalt gegen Beamte sowohl in den Großstädten als auch in den Provinzen ein Problem – gerade was die Brutalität der Angriffe angeht. Während die gesamte Anzahl der tätlichen Übergriffe in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Vorjahr um rund 200 Fälle abgenommen hat, fallen die Attacken intensiver aus.

Ein ähnliches Bild zeichnet auch ein Lagebild für NRW, welches das Landeskriminalamt (LKA) im Juni veröffentlichte: Gab es 2019 noch 95 leichte Körperverletzungen gegen Beamte, waren es im Jahr 2020 ganze 405. Auch die Anzahl der schweren Körperverletzungen ist von 276 auf 308 gestiegen: "Das ist natürlich nicht akzeptabel", so Jörg Radek, "es wurde zwar schon viel dagegen getan, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, um das Problem zu lösen."

Corona-Pandemie verstärkt wohl das Problem

Derartige Übergriffe lassen sich laut Einsatzleiter Roß auch auf die Corona-Pandemie zurückführen. Durch diese blieben die Kneipen und Clubs schließlich lange geschlossen, sodass sich die jungen Menschen andere Orte zum Feiern suchen mussten – etwa den Aachener Weiher: "Es gab häufig Probleme, wenn man Partys beenden wollte", erklärt der Kommissar, "die Leute halten sich nicht an die Beschränkungen, sie wollen bloß feiern und sich nicht länger von Verordnungen gängeln lassen."

Das äußere sich dann leider auch in Gewalt, die laut Roß in der Innenstadt zur "gängigen Praxis" gehöre. Alkohol und illegale Drogen würden bei den Angriffen auf Beamte ebenfalls eine große Rolle spielen.

Wie der Einsatzleiter betont, handele es sich bei den Flaschenwerfern jedoch nur um einen Bruchteil der Feiernden: "Aber diese wenigen machen durch ihr Verhalten für viele alles kaputt."

"Wir sind auch Menschen, Familienväter und Mütter"

Die Polizisten sind nun in Alarmbereitschaft, wenn sie zum Aachener Weiher ausrücken: "Wenn man in solchen Situationen in deutlicher Unterzahl ist, kann man schon unter die Räder kommen", so Roß. Und weiter: "Wir wissen aus anderen Einsätzen, dass das wirklich gefährlich ist."

So ist einer seiner Kollegen bei einer ähnlichen Attacke von einer Glasflasche am Kopf getroffen worden: "Diejenigen, die die Flaschen schmeißen, machen sich scheinbar keine Gedanken darüber, was das für Folgen hat", sagt der Polizist, "wir sind auch Menschen, Familienväter und Mütter, die gerne wieder zurück nach Hause wollen."

Den Aachener Weiher den Randalierern überlassen werden die Beamten aber nicht: "Wir werden ihn jetzt noch genauer im Auge behalten, die Maßnahmen durchsetzen und bei Bedarf zusätzliche Kräfte hinzuholen", so Roß, "das Feld räumen werden wir sicherlich nicht."

Verwendete Quellen
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