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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Deutschlands bestes Abi Vier Jahre danach: Das wurde aus dem Musterschüler

Der 0,66er-Abiturient David Jacob aus Düsseldorf galt als Musterschüler. Dann traf er eine Entscheidung, die ihn veränderte. Was er heute Schülern und Eltern rät.
Ein solches Abiturzeugnis ist ziemlich selten: Notenschnitt: 0,66 – wegen 900 von 900 möglichen Punkten. Damit erregte David Jacob 2021 im Rheinland Aufsehen. Vier Jahre später hat t-online erneut mit dem Düsseldorfer gesprochen – und schnell war klar: Der heute 22-Jährige hat seinen Blick aufs Lernen, Leben und Arbeiten verändert.
Geblieben sind Jacob die Top-Noten: Sein BWL-Studium an der Universität Mannheim hat er mit der Auszeichnung "exzellent" abgeschlossen, er landete damit im obersten Ein-Prozentbereich seines Jahrgangs an der Spitzen-Uni.
Düsseldorfer an Spitzen-Uni: Mit der Last des perfekten Abis
Das Image des Vorzeigeschülers hatte ihn sogar bis nach Baden-Württemberg begleitet. Jacob: "Ich werde tatsächlich bis heute von manchen so vorgestellt: 'Das ist der mit dem 900er-Abi'" – ein Umstand, der im Uni-Alltag auch mal eine Last war. Er sei zwar sehr stolz auf seine Leistung in Düsseldorf – aber: "Mir ist es auch manchmal ein bisschen unangenehm, so vorgestellt zu werden, weil ich mich nicht nur über eine Zahl definieren möchte."
Den Traum, eines Tages vielleicht mal Manager in einem großen Unternehmen zu werden, hat Jacob nicht aus den Augen verloren. Doch statt schnell den Master zu machen, hat er es sich anders überlegt: Der Düsseldorfer macht das, was viele Gleichaltrige nach dem ersten Abschluss auch tun: Praktika – und Lebenserfahrungen sammeln.
Nach einem ersten Praktikum bei einem Berliner Greentech-Start-up folgen für ihn nun Stationen bei der internen Beratung eines DAX-Konzerns und einer internationalen Strategieberatung. Es sei ihm wichtig, einfach mal verschiedene Perspektiven mitzunehmen, sagt er.
Neue Erkenntnisse in den USA
Aber vielleicht prägender als ein Praktikum bei einem Top-Unternehmen war für das Lerntalent die große Weite der USA: Während des Bachelor-Studiums flog er für ein Auslandssemester nach San Diego an der Westküste Amerikas: Dort fuhr er über die langen Highways Kaliforniens – und merkte dabei: Es gibt Wichtigeres im Leben als Büffeln.
Jacob sagt heute: "Früher war das für mich sehr stark mit Ergebnissen verbunden. Heute denke ich mehr über den Weg dorthin nach. Also: Warum tue ich etwas, was motiviert mich, was fühlt sich richtig an?" In den USA habe er begonnen, neu zu denken: "Weg von den Noten, mehr zu persönlichem Wachstum und neuen Erfahrungen."
Dazu gehört auch sein Wunsch, gesellschaftlich etwas zu bewirken. Bereits während der Schulzeit und des Studiums engagierte er sich im Düsseldorfer Jugendrat und als Vorstandsvorsitzender einer politischen Hochschulgruppe. "Wenn man so Unterstützung bekommen hat wie ich, dann sollte man auch etwas zurückgeben", sagt der Stipendiat. Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit – das sind die Themen, bei denen er sich künftig einbringen will.
Sein wichtigster Rat an Schüler und Eltern: "Man sollte sich nie über eine Zahl definieren. Wichtig ist, dass man im Leben das findet, was einen motiviert und einem Spaß macht." Seine Erkenntnis: "Ich bin am stärksten, wenn ich für etwas brenne, nicht, wenn ich nur funktioniere."
Der ehemalige Vorzeigeschüler plant, nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung noch den Master zu machen. Langfristig kann er sich auch vorstellen, politisch aktiv zu werden – aber erst einmal will David Jacob noch ein wenig weiterlernen.
- Telefonat mit David Jacob
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