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Neue Corona-Welle in den Kliniken: "Wie ein taumelnder Boxer in der vierten Runde"


Klinik-Personal
"Wir fühlen uns wie ein taumelnder Boxer in der vierten Runde"

  • Meike Kreil
Von Meike Kreil

Aktualisiert am 06.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Eine Krankenschwester mit medizinischem Gerät: Die sogenannte einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht wurde Mitte Dezember beschlossen.Vergrößern des Bildes
Eine Krankenpflegerin mit medizinischem Gerät (Symbolbild): Das medizinische Personal fürchtet eine neue Corona-Welle. (Quelle: Bodo Schackow/dpa-bilder)

Die Corona-Zahlen steigen wieder, die Situation in Krankenhäusern rund um Nürnberg ist angespannt. Eine Insiderin erzählt von ihrem Arbeitsalltag am Limit.

Weinendes Personal, überfüllte Notaufnahmen, der Kollaps droht. Das Bild, das eine Angestellte von der Situation der Notversorgung in Mittelfranken zeichnet, ist erschütternd. Es steht wohl exemplarisch für die derzeitige Lage an einigen Kliniken.

"Wir fühlen uns wie ein taumelnder Boxer in der vierten Runde": So beschreibt die Frau ihre aktuelle Situation. Sie arbeitet in einem mittelfränkischen Krankenhaus, welches der Schwerpunktversorgung zuzurechnen ist.

"Das Pflegepersonal ist selbst krank und psychisch am Ende", erzählt sie t-online. Die Motivation sei gänzlich dahin. Dabei arbeite sie seit über zehn Jahren in der Notaufnahme. Weinendes Personal und überfüllte Notaufnahmen seien keine Seltenheit. Mehr möchte sie nicht über sich preisgeben – aus Angst vor Repressalien.

Angestellte: "Die Kliniken sind am Limit"

Nun seien die Corona-Patientenzahlen binnen zwei Wochen auch noch erneut explodiert. "Die Kliniken sind am Limit", erzählt sie. Im Raum Nürnberg gebe es kaum noch freie Betten. Dass Patienten nach Baden-Württemberg verlegt werden, sei an der Tagesordnung.

Dass die Kliniken in der Region kaum noch Platz für neue Corona-Patienten haben, zeigt auch ein Blick auf "Ivena". Die Online-Plattform ist ein Tool, das in Echtzeit die verfügbaren Kapazitäten in den Kliniken der Region ausweist.

Dort werden von 16 Krankenhäusern in Nürnberg, Erlangen und Umgebung am Mittwochnachmittag bis auf zwei alle rot angezeigt: Dort kann demnach niemand mehr aufgenommen werden. Die Häuser in Schwabach und Ansbach sollen der Insiderin zufolge sogar komplett abgemeldet sein. Die Notsituation würde also ganz Mittelfranken betreffen.

"Ignoranz" der Politik "fast bewundernswert"

Die Pflegepersonaluntergrenzen ignorieren die Kliniken nach Informationen der Angestellten bewusst, zahlen lieber "die lächerlich geringe Strafe". Auch von der Regierung zeigt sie sich enttäuscht: "Mit welcher Ignoranz uns die Politik begegnet, ist fast bewundernswert."

Die prekäre Lage im gesamten Gesundheitssektor bestätigt auch das Klinikum Nürnberg: "Die Kapazitäten sind angespannt." Das liege an dem allgemein hohen Aufnahmedruck und der engen Personallage, erklärt Sprecherin Julia Peter auf Nachfrage von t-online. Beim Personal gebe es nach wie vor krankheitsbedingte Ausfälle, außerdem bekomme man den generellen Fachkräftemangel zu spüren.

Das Thema ist wahrlich nicht neu. Im August schon schlugen Akteure hiesiger Einrichtungen in einer beispiellosen Pressekonferenz Alarm: Wenn sich nicht bald etwas ändere, könne die medizinische Versorgung, so wie wir sie kennen, nicht weiter gesichert werden.

Inzidenzen steigen auch in Nürnberg während Wiesn

Derweil leuchtet Nürnberg auf der Übersichtskarte zu Coronavirus-Infektionen dunkelrot: Die Nürnberger Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei rund 444. Was auffällt: Die Inzidenz stieg parallel zur Laufzeit des Oktoberfests an, das rund 150 Kilometer entfernt liegt und seit jeher viele Franken anlockt.

Mit dessen Beginn am 17. September stieg auch die Inzidenzzahl in der Stadt. Am 22. September etwa lag die Zahl noch bei rund 230. Zum Höhepunkt am 3. Oktober lag der Wert bei 484.

"Es ist schwer einzuschätzen, ob das Oktoberfest ursächlich ist für die steigenden Fallzahlen – oder nicht auch eine allgemein verbreitete Sorglosigkeit", sagt Julia Peter, Sprecherin des Klinikums Nürnberg, das Süd- und Nordklinikum umfasst, t-online. Immerhin hätten zuletzt zahlreiche Sport- und Kulturveranstaltungen stattgefunden, wo zudem immer weniger Masken getragen würden.

Notaufnahmen schon jetzt voll: "Wie Herbst und Winter verlaufen, bleibt abzuwarten"

Im Nordklinikum werden nach eigenen Angaben derzeit 76 Corona-Posititive behandelt, drei davon liegen auf der Intensivstation. Vor einer Woche waren 4 von 50 Infizierten auf der Intensivstation. Im Südklinikum liegen 50 Patienten mit einer Corona-Infektion, davon werden 5 intensiv betreut (vor einer Woche: 34 und 2). Peter betont jedoch: "Die meisten Patientinnen und Patienten kommen mit, nicht wegen Corona." Nichtsdestotrotz: "Die Covid-19-Fallzahlen steigen."

Wie sehr fürchtet man in den Krankenhäusern also die kommenden kalten Wochen? Die Notaufnahmen seien bereits jetzt voll – mit Patienten mit den unterschiedlichsten Erkrankungen. "Wie Herbst und Winter verlaufen, bleibt abzuwarten", so Peter.

Mit den steigenden Energiepreisen kommt eine weitere Herausforderung hinzu. Deshalb appellieren die Verantwortlichen im Klinikum Nürnberg an die Politik: einen "Ausgleich für die absehbar hohen Zusatzbelastungen" zu leisten.

Verwendete Quellen
  • Anfrage per Email an Klinikum Nürnberg
  • nuernberg.de: Corona-Zahlen (5. Oktober 2022)
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