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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Existenzängste" bei Mitarbeitern Bekannte Modekette schließt in Nürnberg – Gewerkschaft verärgert

Der Modehändler H&M schließt eine von zwei Filialen in der Nürnberger Innenstadt. Die Gewerkschaft vermutet ein System dahinter – und spricht von Managementfehlern.
In der Nürnberger Innenstadt schließen Geschäfte – andere öffnen dafür wieder. Der Vorgang an sich ist nicht ungewöhnlich. Jetzt aber erhebt die Gewerkschaft Verdi schwere Vorwürfe gegen den Moderiesen H&M, nachdem das Unternehmen angekündigt hatte, einen der beiden Läden in der Karolinenstraße schließen zu wollen. Gewerkschaftssekretärin Jaana Hampel von Verdi spricht davon, dass das Unternehmen mit den "Existenzen seiner Mitarbeiter spiele".
Hintergrund des Zwists ist, dass H&M im vergangenen Jahr seine Filiale in der Breiten Gasse aufgab und ein großes, neues Geschäft in der Karolinenstraße 11 eröffnete. Der zweite bestehende Laden in der Nürnberger Innenstadt, ebenfalls in der Karolinenstraße, solle erhalten bleiben, hieß es damals. Jetzt kündigte die Modekette an, dass das Geschäft an der Hausnummer 45 zum 31. Januar 2026 schließen werde – aus "wirtschaftlichen Gründen", wie die Pressestelle des Unternehmens t-online sagte.
Gewerkschaft vermutet ein System hinter dem Vorgehen
Hampel von Verdi will das nicht glauben. Sie mutmaßt, dass H&M den Laden schließen wolle, um sich der Mütter, Väter, Alleinerziehenden, Kollegen mit Behinderung und Langzeitbeschäftigten "zu entledigen". Solche Vorgehensweisen seien bei dem Modeunternehmen nicht neu, betont die Gewerkschaftssekretärin auf Nachfrage von t-online. Bei den Beschäftigten gingen Existenzängste um.
Überhaupt glaubt Hampel, dass die Schließung der Filiale vermeidbar wäre. In der Nürnberger Innenstadt gebe es einen Markt für zwei Häuser, das habe die Vergangenheit gezeigt, sagt sie. Sinnvoll wäre es ihrer Meinung nach gewesen, die Sortimente aufzuteilen und eine der Filialen beispielsweise als reines Herrenhaus zu betreiben. Einen entsprechenden Vorschlag hätten Gewerkschaft und Mitarbeiter dem Management der Modekette unterbreitet. "Hierauf wurde in keinem Maße eingegangen. Die Schließung ist also Ergebnis von Managementfehlentscheidungen", meint Hampel.
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H&M: Schließung "letztes Mittel"
Die Pressestelle von H&M weist die Vorwürfe zurück. Die Schließung eines Stores sei "immer das letzte Mittel". Alle anderen Möglichkeiten, darunter auch eine Bestandsoptimierung, seien vorab geprüft worden.
Unklar ist indes, wie es mit den 58 Mitarbeitern der Filiale in der Karolinenstraße 45 weitergeht. Das Unternehmen wollte sich aufgrund der laufenden Verhandlungen nicht näher dazu äußern. Es teilte aber mit, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft würden. Gewerkschafterin Hampel sagt, dass den Mitarbeitern von H&M empfohlen wurde, sich auf Jobs in anderen Filialen zu bewerben. Meist seien dort aber nur Teilzeitstellen ausgeschrieben. Eine Garantie, dass die Mitarbeiter zu gleichen Konditionen weiter beschäftigt würden, gebe es bislang nicht. Über einen Sozialplan werde demnächst beraten, so Hampel weiter.
Vier Filialen in der Stadt – und wiederholt in der Kritik
Bei H&M handelt es sich um ein schwedisches Modeunternehmen. Die Firma betreibt nach eigenen Angaben 361 Stores in Deutschland. In Nürnberg gibt es neben den beiden Filialen in der Innenstadt noch jeweils eine in den Einkaufszentren Mercado und Franken-Center.
Das Unternehmen steht in Nürnberg nicht zum ersten Mal in der Kritik. Bis zum vergangenen Jahr wurde der deutsche Support des Unternehmens noch über ein Callcenter in der Beuthener Straße abgewickelt. Dieses wurde zunächst von H&M selbst und später von einem Subunternehmer betrieben. 2020 flog auf, dass in dem Betrieb systematisch private Daten von Mitarbeitern gesammelt wurden. H&M wurde damals zu einem Bußgeld in Millionenhöhe verurteilt.
- Anfrage bei Jaana Hampel von Verdi
- Anfrage bei der Pressestelle von H&M