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Wuppertal Kolumne: Lachnummern aus der Kommunalwahl 2020


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Ein Plakat hängt selten allein – Possen aus der Kommunalwahl


18.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Wuppertal von oben: Kabarettist Jürgen Scheugenpflug kennt die Gepflogenheiten der Stadt in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Wuppertal von oben: Kabarettist Jürgen Scheugenpflug kennt die Gepflogenheiten der Stadt in- und auswendig. (Quelle: Westend61/Moritz Körschgen/imago-images-bilder)

Für t-online schreibt der in Wuppertal legendäre Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Diesmal: Possen aus der Kommunalwahl.

Am vergangenen Sonntag durften etwa 270.000 Wuppertaler an die Wahlurne treten und ihre Stimme abgeben. Wie das funktioniert, hat die Westdeutsche Zeitung am Samstag zuvor noch einmal mit einer großen Schlagzeile eingehend und natürlich auch für ganz Doofe erläutert: "Auf jedem Stimmzettel ist nur ein Kreuz gefragt". Das stand zwar auch auf dem Stimmzettel, aber sicher ist sicher.

In den Wochen zuvor hatten sich die Kandidaten ausgiebig vorgestellt. Entweder auf aussagefähigen Plakaten wie "Oberbarmen besser machen" oder "das kommt hier alles weg", von "Nazis töten..." bis hin zu "Wir machen Cronenberg. Gemeinsam.", um nur eine kleine, liebevolle Auswahl zu nennen. Oder, ganz modern – teilweise auch peinlich – in den sozialen Netzwerken, wie Facebook oder Instagram.

Nun kannten alle die Vereinbarung, Plakate erst sechs Wochen vor den Wahlen zu platzieren. Einige aber hatten das in der Eile wohl schlicht vergessen. Die sympathische Bewegung Pro Wuppertal zum Beispiel benutzte noch einmal alte, bereits vergilbte Anschläge, auf denen die Schwebebahn (orange-blaue Version, längst eingestellt) mit dem innovativen Spruch "kein Orientexpress" verziert wurde. Dass dies nicht der Orientexpress ist, wussten aber einige Wuppertaler, weshalb die Plakate irgendwie verschwanden. Einfach so. Jetzt hängen sie womöglich in Hobbykellern als Zielscheiben für Dart-Enthusiasten.

Überall Wahlplakate

Auch die FDP und ihr Heilsbringer OB-Kandidat Marcel Hafke konnten nicht auf den Startschuss warten. Kaum ein Ort, wo Hafkes Konterfei nicht zu bewundern war. Aufwändig fotografiert im Stile eines Unterwäschemodels behauptete er: "Wuppertal kann mehr". Und mutmaßte unter anderem täglich mehrmals – etwa auf Facebook, dass nur ER als einzig bürgerlicher Kandidat das kann. Ob er auch über die Wupper gehen kann, ohne nass zu werden, ließ er einstweilen offen.

Damit der Versicherungsvertreter aus Ronsdorf nicht ganz allein blieb, hängte die CDU spontan zusammen mit den Grünen ihren OB-Kandidaten Uwe Schneidewind noch großflächig auf die B7. Zwar wisse man um die Vereinbarung, aber wen schert das schon?

CDU über Kommunalwahl enttäuscht

Und das Ergebnis der OB-Wahl: Es kommt mehr oder weniger erwartungsgemäß zum Showdown zwischen Uwe Schneidewind und Andreas Mucke. Beide zwar laut Hafke, der mit 7,4 Prozent nur hauchdünn gescheitert war, keine bürgerlichen Kandidaten, aber immerhin mit knapp 41 bzw. 37 Prozent im Endspiel. Glückwunsch an beide.

Und dann war da noch die Kommunalwahl. Die SPD bleibt stärkste Partei, wer hätte das gedacht? Vielleicht kam die Trennung von der CDU noch gerade rechtzeitig. Die dagegen schwächelte gewaltig, weshalb der große Vorsitzende, Dr. Rolf Köster, nicht besonders glücklich war. "Wir sind enttäuscht". Ja, aber worüber eigentlich, Herr Dr. Köster? Gibt es im Tal – außer beim WSV – noch einen zerstritteneren Haufen als die Wuppertaler Christen? Nimmt man die vielen Fauxpas der letzten Zeit zusammen, ist das Ergebnis (23 Prozent) doch nahezu sensationell. Schwer zu erklären ist, wie Köster aus der klar verlorenen Wahl ableitet, dass das Konzept Schwarz-Grün erfolgreich sein kann? Klingt komisch, ist es auch. Um es mit den Worten der Corona-Zeit zu sagen: Ich wünsche der CDU einen leichten Verlauf.

Platzprobleme im Ratssaal

Und die Grünen? Sie gewinnen, aber vergleichsweise mäßig. Claudia Schmidt, Vorsitzende der Grünen mutmaßt, dass die Wuppertaler Wähler sich noch nicht getraut haben, Grün zu wählen. Wenn nicht jetzt, wann dann, Frau Schmidt? Was die anderen Parteien angeht: Sie dümpeln so vor sich hin.

Bleibt abschließend noch ein Platzproblem. Weil nämlich die SPD zu viele Direktmandate geholt hat, müssen die anderen mit Ausgleichsmandaten beschenkt werden. Auch das klingt komisch, ist aber so. Und jetzt sind statt 66 Mitglieder im Stadtrat 80 Personen trocken und warm unterzubringen. Das ist sicher ein Problem. Aber gemessen an den sachlichen Problemen, die auf die neuen Ratsmitglieder in der kommenden Legislaturperiode zukommen, vergleichsweise harmlos, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedyserie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

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