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Wuppertal-Kolumne "Scheuges Talfahrt": Abwechslung im tristen Rentnerdasein


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Willkommene Abwechslung im tristen Rentnerdasein


18.12.2020Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig. (Quelle: Uli Kopka)

Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Diesmalige Themen: Weihnachten im Lockdown und Apotheken-Hopping.

Seit Mittwoch befinden wir uns im Shutdown. Das ist eine andere, verschärfte Form des Lockdowns. Und erst recht etwas anderes als ein "Lockdown light". Da durfte nämlich jeder für sich allein entscheiden, wie er die eindringlichen Bitten des RKI, der Kanzlerin und des Landesvaters umgehen kann. Und da waren einige mal wieder sehr kreativ, weil ja Weihnachten vor der Tür steht. Und Weihnachten ohne Geschenke ist kein Weihnachten. So jedenfalls ließen sich die bei WDR-Umfragen interviewten Mitbürger glaubhaft ein. Um dann reuig zu konstatieren, dass es viel zu voll in der Stadt ist. Aber nur mal eben noch zu Douglas, Primark oder H&M, das ist doch nicht so schlimm, oder? Wir wollen doch den "regionalen Einzelhandel" stützen.

Wer aber glaubte, damit den Gipfel des Wahnsinns erreicht zu haben, der hat die Rechnung ohne die älteren Menschen mit oder ohne Vorerkrankungen gemacht. Denn gerade noch rechtzeitig – einen Tag vor dem Shutdown – wurden von den Apotheken kostenlose FFP2-Masken verteilt. Drei hautfreundliche Masken pro Person ohne Farbstoffe und Chemikalien einzeln verpackt. Überreicht von einer freundlichen Apothekerin, die den Namen des rüstigen Empfängers handschriftlich notiert, damit der Kunde nicht etwa nachmittags wieder zuschlägt. Dafür standen die kampferprobten Schnäppchenjäger auch schon mal etwas länger an, denn es gab ja was umsonst.


Optisch gewöhnungsbedürftig, weil jahreszeitlich bedingt in grauen bis schwarzen Mänteln, lungern zumeist Rentner in langen Schlangen vor den Eingängen rum, Mund und Nase bedeckt mit einfacher MNS-Schutzmaske oder dem selbstgestrickten Wollschal von Tante Emmi. Der hatte bisher gereicht, jetzt aber nicht mehr. Wenn ich das nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich mich weigern, es zu glauben. Kaum auszudenken, was passiert, wenn die ohnehin schon reichlich genervte Apotheken-Fachkraft später mitteilen muss, dass es keine FFP2-Masken mehr gibt. Da konnte sie von Glück sagen, wenn genügend Security in der Nähe ist. Denn, wie wir spätestens seit "Stuttgart 21" wissen, scheuen diese Gestalten auch nicht vor physischer Gewalt zurück, wenn es denn sein muss.

Organisiertes Apotheken-Hopping

Aber damit längst nicht genug. Weil Alleinsein einsam macht und es in Gruppen viel geselliger ist, bildeten sich Fahrgemeinschaften. Und die machten dann organisiertes Apotheken-Hopping. Fuhren also im Audi-Q6-SUV von Stadtteil zu Stadtteil, von Apotheke zu Apotheke, bis der Kofferraum voll war. Quasi moderne Wegelagerei. Und nach dem Raubzug horteten sie gut gelaunt die illegal ergatterten Masken in ihren Vorratskellern. Gelagert neben Hunderten Klopapier-Familienpackungen, und auf Hefe gebettet schimmeln sie nun dort vor sich hin. Getragen werden sie nur selten, denn das Atmen fällt dann noch schwerer. Ich glaube jetzt eine Vorstellung davon zu haben, wie es wird, wenn die Impfdosen verteilt werden.

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Aber jetzt wird erst mal Weihnachten gefeiert. Vernünftige Menschen machen das in diesem Jahr mit gebremstem Schaum, sprich mit wenigen Verwandten. Denn muss es ein wirklicher Nachteil sein, wenn der eine oder die andere diesmal nicht dabei ist? Vielleicht gibt es deutlich weniger Streitigkeiten und Schlägereien als sonst. Das würde der leidgeprüften Polizei sicher gut gefallen. Ich jedenfalls wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen trotz der Einschränkungen ein gesegnetes Weihnachtsfest und wünsche mir stellvertretend, dass es im nächsten Jahr besser wird. Bleiben Sie bitte negativ, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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