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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gerüchte um Verstappen-Abschied Vom Weltmeister zum Gedemütigten?

Zur Halbzeit der Formel-1-Saison ranken sich Gerüchte um eine Trennung von Max Verstappen und Red Bull. Es wäre der nächste Schritt eines rapiden Absturzes.
"Ich bestimme meine Zukunft selbst": Max Verstappen machte vor dem Großen Preis von Großbritannien eine deutliche Ansage an die Medien. Seit Wochen gibt es hartnäckige Gerüchte um einen möglichen Abschied des amtierenden Formel-1-Weltmeisters von Red Bull Richtung Mercedes.
Verstappens Vertrag bei Red Bull läuft eigentlich noch bis 2028, doch Berichten zufolge gibt es eine leistungsbezogene Ausstiegsklausel. "Ich spreche nicht über meinen Vertrag", sagte der 27-Jährige dazu knapp. Ein Dementi klingt anders. Verstappen betonte zwar, er sei glücklich, wo er sei und sagte: "Es wäre ideal, meine Karriere bei Red Bull zu beenden." Doch auch das klingt eher wie ein frommer Wunsch als ein Versprechen.
Sollte Verstappen Red Bull tatsächlich verlassen, wäre es für den Rennstall ein schwerer Schlag – und der nächste Schritt vom dominanten Weltmeister zum Gedemütigten. Ein größerer Umbruch könnte anstehen.
Red Bull beherrschte die Formel 1 nach Belieben
Ein Blick zurück: Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass Red Bull in der Saison 2023 die Formel 1 nach Belieben beherrschte. Ganze 21 von 22 Saisonrennen gewann ein Red-Bull-Fahrer. Max Verstappen wurde souverän Fahrer-Weltmeister, Red Bull sicherte sich ebenfalls mit deutlichem Vorsprung den Titel bei den Konstrukteuren. Fans und Experten erwarteten, dass die Dominanz bis zu den Regeländerungen in der kommenden Saison 2026 anhalten würde.
Doch es kam anders: Bereits zu Saisonbeginn 2024 wurde es laut bei Red Bull. Ein Skandal um angeblich übergriffiges Verhalten von Teamchef Christian Horner einer Mitarbeiterin gegenüber beherrschte die Schlagzeilen. Eingebettet war der Skandal in einen Red-Bull-internen Machtkampf zwischen Horner und Motorsportberater Helmut Marko. Jeder der beiden soll die Rückendeckung von jeweils einer Seite der Red-Bull-Eigentümer gehabt haben: Marko die der österreichischen Seite und Horner die der thailändischen Miteigentümer.
Beide Kontrahenten wurden mit einem möglichen Rauswurf in Verbindung gebracht und auch damals gab es schon erste Berichte über einen möglichen Abschied Verstappens, der sein Schicksal an das seines engen Vertrauten Marko gebunden haben soll. Am Ende durften sowohl Horner als auch Marko bleiben. Der Teamfrieden war vorerst wiederhergestellt.
Der Streit provozierte Abgänge
Konsequenzen gab es dennoch an anderer Stelle: Star-Designer Adrian Newey, der seit 2006 für Red Bull tätig gewesen war und alle Weltmeister-Autos des Rennstalls entworfen hatte, ergriff die Flucht und ist mittlerweile für die Konkurrenz von Aston Martin tätig. Auch Sportdirektor Jonathan Weatley verkündete seinen Abschied und wurde Teamchef bei Sauber.
Auch sportlich sollte es schon bald bergab gehen: Nach einem starken Saisonstart verlor Red Bull zunehmend seine Vormachtstellung in der Königsklasse des Motorsports. McLaren überholte das österreichische Team. Zwar konnte Verstappen seinen Vorsprung in der Fahrer-WM noch ins Ziel retten und den vierten Titel in Folge einfahren, doch die Team-WM ging verloren.
Fahrer scheitern reihenweise
Das lag auch daran, dass Verstappens Teamkollege Sergio Pérez mit dem schlechteren Auto überhaupt nicht mehr zurechtkam und seine Leistungen völlig einbrachen. Die Besetzung des zweiten Cockpits neben Verstappen war bei Red Bull schon seit Jahren ein Problem gewesen. Mit Pierre Gasly und Alexander Albon scheiterten zwei junge Fahrer aus dem eigenen Nachwuchsprogramm an der Aufgabe.
Daraufhin verpflichteten die Österreicher den erfahrenen Pérez. Auch der Mexikaner hatte im Red Bull Mühe mit der Konstanz, lieferte in den dominanten Jahren jedoch immerhin genug Punkte für den Gewinn der Team-WM. 2024 war es jedoch dann auch damit vorbei, die Team-WM war futsch und damit auch Pérez-Zeit bei Red Bull beendet.
Der Rennstall ersetzte ihn zur laufenden Saison durch Jungstar Liam Lawson aus dem Schwesterteam Racing Bulls. Doch der Trend aus 2024 setzte sich fort. McLaren war an der Spitze enteilt. Und Lawson? Der Neuseeländer musste nach zwei desaströsen Rennen zum Saisonstart schon wieder die Koffer packen und wurde gegen Yuki Tsunoda, ebenfalls vom Schwesterteam Racing Bulls, ausgetauscht. Besserung? Fehlanzeige. Auch Tsunoda konnte bislang im von Problemen geplagten Red Bull kaum Punkte einfahren.
Verstappen könnte nur der erste Stein sein
Allein Verstappen schaffte es in dieser Saison immerhin noch zwei Rennen zu gewinnen. McLaren-Geschäftsführer Zak Brown spottete deshalb schon, dass Red Bull ohne Verstappen wohl hinter den deutlich kleineren Racing Bulls stehen würde. "Ich glaube, Max trägt sie im Augenblick", sagte er.
Red Bull ohne Verstappen? Der Leistungsabfall des Rennstalls hat wohl einen Punkt erreicht, wo das bald Realität werden könnte. Nach einem Bericht von Sky Italien sollen Mercedes und Verstappen die Gespräche zuletzt intensiviert haben.
Dabei könnte ein Verstappen-Abschied nur der erste Stein sein, der ins Rollen kommt. Auch um Teamchef Horner rankten sich zuletzt wieder Gerüchte, Ferrari habe ein Auge auf den Briten geworfen. Motorsportberater Marko ist derweil schon 82 Jahre alt und auch sein Vertrag läuft nach der Saison 2026 aus.
Nicht ausgeschlossen also, dass der einst so stolze Weltmeister-Rennstall bald mit dem Abgang aller Erfolgsgaranten der letzten zwanzig Jahre gedemütigt wird. Das Team müsste mit neuer Führung komplett neu aufgebaut werden. Ein möglicher Mann dafür: Sebastian Vettel. Er sprach zuletzt zumindest offen darüber, für ein Engagement in neuer Position bei seinem alten Rennstall offen zu sein. Ob es tatsächlich so kommt, bleibt allerdings noch abzuwarten.
- Eigene Beobachtungen und Recherche
- skysports.com: "British GP: Max Verstappen ‘carrying’ Red Bull says McLaren chief Zak Brown amid Mercedes links" (Englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa