Sieg im Elfer-Drama: Englands Titel-Traum lebt
In einem echten Krimi gewinnen die "Three Lions" zum ersten Mal in ihrer WM-Geschichte ein ElfmeterschieĂen. Der Weg dorthin war hart â und schmerzhaft.
Sie waren hoffnungslos unterlegen. Und kĂ€mpften doch tapfer gegen die Ăbermacht im Stadion. Denn im Spartak Stadion von Moskau waren Englands AnhĂ€nger klar in der Unterzahl. Und setzten trotzdem immer wieder lautstark zu "God save the Queen" an. WĂ€hrend die Fans der "Cafeteros" jeden englischen Ballbesitz mit einem Pfeifkonzert quittierten. 120 Minuten lang. Am Ende waren aber die EnglĂ€nder erfolgreich â in einem historischen Spiel. Und es gab zusĂ€tzlich die Erkenntnis: Sie können doch ElfmeterschieĂen.
"Ich bin froh, dass ich der Mannschaft als Torwart so helfen konnte. Das ist unglaublich, aber wir haben verdient gewonnen", sagte Keeper Jordan Pickford. SiegtorschĂŒtze Eric Dier meinte erleichtert: "Ich fĂŒhle mich wirklich klasse. Das letzte Tor zu machen, war wunderbar. Das ist fantastisch, ein groĂartiger Augenblick."
Die "Three Lions" bestimmten besonders die Anfangsphase eines umkĂ€mpften letzten Achtelfinals dieser WM. Die AtmosphĂ€re in der Arena: Angespannt. Explosiv. Auf dem Platz: Immer wieder viele Fouls. Unterbrechungen. Nickligkeiten. Beide Mannschaften schenkten sich nichts. Um jeden Zentimeter wurde hart gekĂ€mpft. Spielfluss kam so kaum zustande, die Partie war nur zeitweise temporeich, selten hochklassig â aber ein echter Thriller. Denn immer wieder drohten die Emotionen ĂŒberzukochen. Schiedsrichter Mark Geiger verlor zunehmend die Kontrolle ĂŒber das Spiel, verstand es nicht, Ruhe reinzubringen â sie wĂ€re dringend nötig gewesen.
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Stattdessen wurde es von Minute zu Minute hitziger. Der verletzte Kolumbianer James auf der TribĂŒne litt mit seiner Mannschaft, feuerte sie an. Auf dem Platz aber hatten sich da beide Teams schon lĂ€ngst in eine Treterei verstiegen, die ein guter Unparteiischer schon viel frĂŒher deutlich unterbunden hĂ€tte. StĂ€ndig lag wahlweise ein EnglĂ€nder oder Kolumbianer am Boden.
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Dann auch noch der Elfmeter fĂŒr die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate, der mindestens umstritten war und die Kolumbianer zusĂ€tzlich in Rage versetzte. In einem WM-Achtelfinale blieb der Video-Assistent bei einer möglicherweise spielentscheidenden Szene stumm. Kolumbiens spĂ€ter Ausgleich aber lieĂ das Stadion explodieren â und stellte den Spielverlauf auf den Kopf. Plötzlich stand die Verzweiflung in den Gesichtern der EnglĂ€nder, die fassungslos in die VerlĂ€ngerung mussten. Dachten die "Three Lions" schon an ihren Elfer-Fluch? Auf einmal nĂ€mlich entfachten Harry Kane und Co. wieder ihren Offensivwirbel â doch Kolumbien hielt weiter dagegen. Dann: ElfmeterschieĂen. Und ein historischer Sieg.
So lief das Spiel:
England hatte nach zwei Erfolgen zum Auftakt im abschlieĂenden Gruppenspiel gegen Belgien (0:1) nur eine B-Mannschaft aufs Feld geschickt und so den möglichen Gruppensieg vergeben. Southgate wechselte beim Weltmeister von 1966 nun auf gleich neun Positionen und vertraute der Elf, die schon zum Auftakt Tunesien 2:1 geschlagen hatte. Auch Kolumbien hatte in der Vorrunde zweimal gewonnen und musste sich als Erster nur Japan geschlagen geben (1:2).
Es entwickelte sich eine ruppige Partie. Wilmar Barrios hatte GlĂŒck, als er fĂŒr einen KopfstoĂ gegen Jordan Henderson vor einem FreistoĂ nur die Gelbe statt der Roten Karten sah (40.). Die Partie verlor bis zur Halbzeit deutlich an Tempo, das Fehlen von James konnten die Cafeteros nicht kompensieren.
In FĂŒhrung gingen die "Three Lions" wieder durch Kane, der seinen dritten StrafstoĂ bei der Endrunde verwandelte. Zuvor war er selbst von Carlos Sanchez gefoult worden. Mit seinem sechsten Treffer in Russland insgesamt schloss er zu Gary Lineker auf, der 1986 als bislang einziger EnglĂ€nder so oft bei einer WM erfolgreich war.
Hochspannung in der VerlÀngerung
AnschlieĂend wurde es immer hektischer. Schiedsrichter Mark Geiger aus den USA hatte groĂe MĂŒhe damit, die GemĂŒter zu beruhigen, wirkte oft ĂŒberfordert und verteilte viele Gelbe Karten. Die zunĂ€chst beste Chance fĂŒr Kolumbien hatten Juan Cuadrado, der aus guten Position verzog (81.). In der Nachspielzeit traf Uribe nach dem ersten kolumbianischen Ecke per Kopf doch noch zum Ausgleich, Kieran Trippier konnte den Ball nicht mehr von der Linie köpfen. FĂŒr Uribe war es das dritte Kopfballtor bei der WM.
In der VerlÀngerung behielt Kolumbien zunÀchst die Oberhand und drÀngte auf die Entscheidung, in der zweiten HÀlfte wurde England jedoch deutlich stÀrker und hatte durch Jamie Vardy (106.) und Danny Rose (112.) noch hochkarÀtige Chancen.