Die Bundespolizei fordert ihr Recht, Claudia Pechstein droht das Karriere-Aus: Die noch bis zum 8. Februar 2011 wegen erhΓΆhter Blutwerte gesperrte Eisschnelllauf-Olympiasiegerin ist von ihrem Dienstherren aufgefordert worden, umgehend ihren "Dienst in Vollzeit" anzutreten. Aus einem Brief der Bundespolizei-Sportschule Bad Endorf, den die "Sport Bild" abdruckt, geht hervor, dass kΓΌnftig eine "vollstΓ€ndige oder stundenweise Freistellung fΓΌr TrainingsmaΓnahmen im Zusammenhang mit ihrer Verwendung als Spitzensportlerin" nicht mehr in Betracht komme.
"Es gibt jetzt nur noch einen Weg: Ich kann noch bis zur Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts unbezahlten Urlaub nehmen. Aber sollte mein Revisionsantrag abgelehnt werden, muss ich den Dienst bei meinem Arbeitgeber antreten. Meine Finanzlage ist momentan nicht rosig", sagte die 38-JΓ€hrige.
Im Juli soll Entscheidung fallen
Nach den neuen medizinischen Erkenntnissen ΓΌber eine Blutanomalie (hereditΓ€re SphΓ€rozythose) als Ursache ihrer hohen Retikulozytenwerte erhofft sich Pechstein vom hΓΆchsten Schweizer Gericht ein Urteil zur Wiederaufnahme ihres Doping-Verfahrens vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS, der im November 2008 ihre Sperre bestΓ€tigt hatte. Das Gericht hat seine Entscheidung dazu fΓΌr Juli angekΓΌndigt. Der Eislauf-Weltverband ISU hatte in seiner Stellungnahme gegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens plΓ€diert und geht trotz der Anomalie weiter von Blut-Doping bei Pechstein aus.
Polizei-Dienst ΓΌberall mΓΆglich
Die Berlinerin ist seit ihrer Grundausbildung 1993 AngehΓΆrige der Bundespolizei und seit Ende der 90er Jahre verbeamtet. Bislang war die erfolgreichste Winter-Olympionikin Deutschlands als Polizeihauptmeisterin vom Dienst in Uniform befreit. "Ich weiΓ noch gar nicht, welchen Einsatz sie fΓΌr mich vorgesehen haben. Theoretisch ist dies ΓΌberall in Deutschland mΓΆglich", erklΓ€rte Pechstein. "NatΓΌrlich mΓΆchte ich mΓΆglichst in Berlin oder Brandenburg eingesetzt werden", fΓΌgte sie hinzu.
Disziplinarverfahren droht
Wegen der Doping-Sperre erwartet Pechstein zudem ein Disziplinarverfahren bei der Bundespolizei. Offensichtlich lÀsst sich ihr hâchster Dienstherr aber noch bis zum letzten Entscheid des Bundesgerichts Zeit, um endgültige Klarheit zu haben. Noch bei den Olympischen Winterspielen im Februar hatte Innenminister Thomas de Maizière in Vancouver angekündigt, dass er in sechs bis acht Wochen mit dem Verfahren rechne.
Dienst schieben und Weltspitze passt nicht zusammen
FΓΌr den Fall, dass die Schweizer ihren Revisionsantrag ablehnen, ist bei Pechstein nun guter Rat teuer. "Man muss ehrlich zu sich selbst sein. Kommt es so, wie es momentan aussieht, ist das gleichbedeutend mit dem Karriereende", sagte sie. Als Feierabendsportlerin kΓΆnne sie ihrem Anspruch, in die Weltspitze zurΓΌckzukehren, nicht gerecht werden. "Es ist nicht mΓΆglich, tagtΓ€glich Dienst zu schieben und danach zu trainieren."
Mit RΓΌckenproblemen krankgeschrieben
Zuvor hatte sie stets verkΓΌndet, in jedem Fall auch nach Ablauf ihrer Sperre wieder anzugreifen und bei der Heim-WM in Inzell im MΓ€rz 2011 um Medaillen kΓ€mpfen zu wollen. Im Moment ist Pechstein mit RΓΌckenproblemen krankgeschrieben. "Ich mache eine Reha und halte mich fit", beschreibt sie ihre Situation.
Andere PrioritΓ€ten setzen
In den zurΓΌckliegenden Monaten hat sie viel privates Geld in die Prozesse vor dem Eislauf-Weltverband ISU, dem CAS und dem Schweizer Bundesgericht sowie medizinische Gutachten investiert, um ihre Unschuld zu beweisen. Ohne ein festes Einkommen ist sie nun mΓΆglicherweise gezwungen, andere PrioritΓ€ten in ihrer Lebensplanung zu setzen.