Mit Corona-Sorgen auf die Streif: Nervenprobe fĂŒr Alpin-Asse
KitzbĂŒhel (dpa) - Als wĂ€re die Streif selbst nicht schon Stresstest genug. Die Abfahrt in KitzbĂŒhel ist die berĂŒhmteste der Welt - und eine der gefĂŒrchtetsten. Wer den kleinsten Fehler macht, kann böse stĂŒrzen.
Etliche Skirennfahrer haben sich beim Speed-Spektakel in Tirol schon verletzt. Die diesjĂ€hrige Ausgabe der Hahnenkammrennen wird fĂŒr die Athleten aber nicht nur sportlich eine Nervenprobe. Zwei Wochen vor den Olympischen Winterspielen wĂ€chst angesichts weltweit steigender Corona-Zahlen auch die Sorge vor Ansteckung und positiven Tests. Mehr denn je gilt: Wer zu den Spielen will, muss die Streif gesund ĂŒberstehen.
"Corona ist immer ein Riesenthema. Wir kĂ€mpfen jetzt schon zwei Jahre damit, und gefĂŒhlt wird es Richtung Olympia immer krasser", sagte Herren-Bundestrainer Christian Schwaiger vor den Abfahrten an diesem Freitag und Sonntag der dpa. "Wenn du jetzt noch positiv getestet wirst, sind die Spiele quasi gelaufen. Das ist natĂŒrlich eine mentale Belastung fĂŒr die Sportler, und geht an keinem spurlos vorbei." Die Stimmung sei "schon gedĂ€mpft, das ganze Flair in KitzbĂŒhel anders", bestĂ€tigte der Routinier im deutschen Team, Romed Baumann.
Die gröĂte Sorge sei, "hier negativ und bei der Einreise nach China dann positiv getestet zu werden", so Schwaiger. "Erstmal in der Bubble anzukommen, ist das Wichtigste." SchlieĂlich gilt in China ein höherer Grenzwert, ab dem ein PCR-Test als negativ eingestuft wird, als etwa in Deutschland. Die Sportler könnten sich bis zu den Spielen (4. bis 20. Februar) aber "nicht alle einsperren. Es geht um wichtige Punkte fĂŒr den Weltcup und StartplĂ€tze fĂŒr die neue Saison."
Verzicht auf Streif trotz Corona kein Thema
Auch deshalb sei ein Verzicht auf die prestigetrĂ€chtigen Rennen in Ăsterreich fĂŒr seine Athleten kein Thema gewesen. "KitzbĂŒhel ist im Speedbereich das wichtigste Wochenende im Weltcup", sagte Schwaiger. "Wir versuchen, unseren Kreis so kleinzuhalten, wie es nur geht." Das gilt ohnehin schon fĂŒr den ganzen Winter. In den Hotels, in denen oft auch GĂ€ste absteigen, die nichts mit den Ski-Events zu tun haben, isoliert sich das deutsche Team so gut es geht, wohnt möglichst in einem eigenen Stockwerk und isst fĂŒr sich alleine. "In Wengen war ich nur am Berg oder im Zimmer", sagte Schwaiger rĂŒckblickend auf das aus deutscher Sicht enttĂ€uschende vergangene Wochenende in der Schweiz.
Am Lauberhorn hatte Schwaigers Speed-Riege die Top 15 jeweils geschlossen verpasst und Vizeweltmeister Andreas Sander die zweite Schussfahrt wegen seines jĂŒngsten Formtiefs sogar ausgelassen. Die Erwartungshaltung sei vor den KitzbĂŒhel-Klassikern "etwas gedĂ€mpft", gestand Schwaiger daher. Mut machen ihm aber die deutschen Resultate auf der Streif aus den Vorjahren. Sander und Romed Baumann rasten in den Abfahrten 2021 jeweils in die Top 5, Josef Ferstl gewann 2019 im Super-G. Das dĂŒrfte "einen Motivationsschub geben", glaubt Schwaiger.
1000 Zuschauer zugelassen
Die Piste habe sich "hervorragend prĂ€sentiert - fordernd und richtig cool", sagte Baumann nach dem Training. An die neue Einfahrt in die Traverse, die durch eine GelĂ€ndekorrektur etwas verĂ€ndert wurde, muss er sich erst noch gewöhnen. Der Charakter der Strecke habe sich dadurch verĂ€ndert, bedauerte er - genau wie Ferstl. Generell ist Baumann aber "bereit" fĂŒr die Streif. "Ich freue mich darauf."
Auch, wenn die AtmosphĂ€re wieder nichts mit der zu tun haben wird, die man ĂŒber Jahre hinweg von KitzbĂŒhel gewohnt war. 50.000 Fans waren teilweise pro Tag dabei - darunter reichlich Prominenz. Anders als bei den Geisterrennen im Vorjahr sind diesmal immerhin 1000 Zuschauer erlaubt - trotz vergleichsweise hoher Sieben-Tage-Inzidenz. Man mĂŒsse "ein Zeichen setzen", sagte der PrĂ€sident des KitzbĂŒheler Skiclubs, Michael Huber, zur Teilzulassung. Das Event sei so etwas wie "nationales Kulturgut." Die groĂe Party oder den VIP-Tempel im Zielraum wird es aber erneut nicht geben. Vorsicht ist das oberste Gebot. Auf der Strecke. Und daneben.