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Tatjana Maria im t-online-Interview: "Sollte vielleicht noch ein drittes Kind bekommen"


Wimbledon-Halbfinalistin Maria
"Ich wurde bestraft"

InterviewVon Florian Vonholdt

Aktualisiert am 24.07.2022Lesedauer: 7 Min.
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Tatjana Maria: Die 34-Jährige stand sensationell im Halbfinale von Wimbledon.Vergrößern des Bildes
Tatjana Maria: Die 34-Jährige stand sensationell im Halbfinale von Wimbledon. (Quelle: IMAGO/Juergen Hasenkopf)

Tatjana Maria war die Wimbledon-Sensation aus deutscher Sicht. Mit 34 und zwei Kindern ist sie so gut wie nie zuvor. Wie schafft sie das?

Sie ist kein Tennisprofi wie jeder andere. Tatjana Maria ist Mutter von zwei Töchtern. Charlotte (8) und Cecilia (1). Sie kehrte nach beiden Schwangerschaften auf die Profitour zurück. Mit Erfolg. Ihr Mann, Charles Edouard Maria (48), ist gleichzeitig ihr Trainer und komplettiert das Familienunternehmen. Mit dem Tross tingelt Familie Maria durch die Tenniswelt, reist von Turnier zu Turnier.

Erstaunlich: Den größten Erfolg ihrer langen Karriere feierte sie zuletzt in Wimbledon. Halbfinale als Zweifachmama im Alter von 34 Jahren. Außer 2015 in Wimbledon (Runde 3) war bei Grand-Slam-Turnieren bei 34 weiteren Versuchen spätestens in Runde zwei Endstation.

Marias Leben verläuft alles andere als geradlinig. 2008 erleidet sie eine Lungenembolie, schwebt in Lebensgefahr. Im selben Jahr verliert sie ihren Vater. Mitten in ihrer Karriere stellt sie mithilfe von Trainer und Mann Charles ihre Rückhand-Technik um, von beidhändig auf einhändig. Eines der schwierigsten Manöver im Tennis und äußerst selten. Es gelang.

Nach dem großen Erfolg musste sie zuletzt eine kurze, unfreiwillige Pause einlegen. Im Interview mit t-online verrät Maria, wie sie zum Begriff "Tennis-Mama" steht, was ihre älteste Tochter Charlotte mit ihrem Erfolg zu tun hat und was sie sich als Mutter dringend von der Spielerinnen-Vereinigung WTA wünscht.

t-online: Frau Maria, können Sie schon begreifen, was in Wimbledon passiert ist?
Tatjana Maria: So langsam realisiert man das alles. Es ist jetzt schon ein paar Tage her und es ging auch direkt weiter. Am Freitag sind wir direkt zur Bundesliga nach Düsseldorf geflogen, Samstag habe ich die Mädels angefeuert (den TC Bredeney, der sich auch den Meistertitel sicherte, d. Red.). Am Sonntag sind wir nach Lausanne gereist. Dort hätte ich am Mittwoch nach Wimbledon ein Match gehabt, konnte aber wegen einer Entzündung am Gesäß nicht antreten.

Ist es etwas Langwieriges?
Ich habe ein MRT machen lassen, weil es wehtat, aber es ist nichts Schlimmes. Es ist eine Entzündung, die ein paar Tage Zeit braucht. Das Turnier in der vergangenen Woche in Palermo musste ich noch auslassen. Nun bereite ich mich auf das Hartplatzturnier in Washington Anfang August vor.

Zurück zu Wimbledon: Waren es die besten zwei Wochen Ihrer Karriere?
Die zwei Wochen von Wimbledon waren unglaublich. Was mir sehr viel bedeutet, ist, dass ich gesehen habe, dass ich jede schlagen und dort oben mitspielen kann. Das gibt mir Selbstvertrauen für die nächsten Turniere. Ich hoffe, dass ich so weitermachen kann.

Wie ärgerlich war es für Sie, dass es wegen des Ausschlusses russischer und belarussischer Profis keine Ranglistenpunkte gab?
Ich denke da gar nicht groß drüber nach. Ich habe mir vor dem Turnier schon gesagt, dass wir das akzeptieren müssen. Es hätte natürlich für mich einen großen Unterschied im Ranking gemacht. Ich wäre nun bei vielen Turnieren direkt im Hauptfeld gewesen, da ich wahrscheinlich um Rang 30 gelandet wäre (aktuell Nr. 100, d. Red.). Ich sage mir aber: Was man einmal geschafft hat, schafft man auch ein zweites Mal, und ich hoffe, dass ich mit dem gewonnenen Selbstvertrauen bei den nächsten Turnieren meine Punkte holen kann.

Im April der Turniersieg in Bogota, nun das Halbfinale in Wimbledon – wie erklären Sie sich, dass es nach Ihrer Rückkehr nach der Geburt Ihres zweiten Kindes im April 2021 direkt wieder so gut läuft?
Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, dass ich mit meiner Tochter Charlotte sehr viel trainiere. Sie spielt wirklich sehr gut Tennis. Ich bin ihr Vorbild und ich glaube, das hilft mir persönlich, positiver zu sein und mehr an mich zu glauben. Weil ich das Beste will und ihr zeigen möchte, was sie vom Tennissport lernen kann – nämlich, dass alles möglich ist. Vielleicht ist das der ausschlaggebende Punkt, warum es momentan so gut funktioniert.

Sie trainieren also regelmäßig mit Ihrer achtjährigen Tochter?
Ja. Wir trainieren gemeinsam, jeden Morgen. Entweder wir spielen zusammen oder wir machen Übungen mit Bällen aus dem Korb. Ihr Papa und mein Mann ist unser Trainer und das klappt super.

Ihre potenzielle Nachfolgerin steht also schon parat?
Sie hat wirklich Talent und will auf jeden Fall irgendwann einmal Wimbledon spielen. Wir versuchen alles, dass sie ihren Weg gehen kann. Für sie es momentan super, auf den Turnieren dabei zu sein und mit den anderen Spielerinnen zu spielen. Das ist etwas ganz Besonderes für sie.

Lässt sich das gut mit der Schule vereinbaren?
Ja, sie macht Homeschooling an einer Online-Schule in Florida. Dort war zum Beispiel auch Coco Gauff (18-jährige Weltranglistenelfte aus den USA, d. Red.). Das funktioniert sehr gut.

Ähnelt Charlottes Spielstil dem der Mama?
Die Rückhand spielt sie beidhändig, aber ich habe meine ja auch erst mit 25 auf einhändig umgestellt. Ansonsten schlägt sie sehr gut auf und liebt Volleys.

In Wimbledon durften keine russischen Profis antreten. Wie stehen Sie zu dieser Thematik? Diese Entscheidung hat der englische Tennisverband getroffen. Die russischen Spielerinnen können ja nichts für die Situation, deswegen wäre es für mich okay gewesen, wenn sie gespielt hätten. Bezüglich der Vergabe der Weltranglistenpunkte dachte ich zunächst, dass wir Spielerinnen auch befragt werden, ob wir dennoch Punkte haben wollen oder darauf verzichten. Aber das hat die WTA alleine entschieden.

Ein weiteres strittiges Thema ist der Umgang mit auf die Tour zurückkehrenden Müttern seitens der Profivereinigung WTA. Sehen Sie hier noch Optimierungsbedarf?
Ich denke, dass sich die WTA hier auf alle Fälle verbessern und man mehr miteinander sprechen müsste. Ich bin immer noch der Meinung, dass es für Schwangere bei ihrer Rückkehr eine eigene Regel geben sollte. Momentan werden schwangere wie verletzte Spielerinnen behandelt. Das ist nicht fair, denn es ist einfach nicht das Gleiche. Es werden mehr und mehr Mütter auf der Tour, deswegen hoffe ich einfach, dass wir bald eine eigene Regel haben.

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An was für eine Regel denken Sie?
Das Protected Ranking ist eine Möglichkeit. Kann man ein Jahr oder länger nicht antreten, darf man danach bei zwölf Turnieren sein altes Ranking nutzen. So ist die Regel bei Verletzungen. Für die Rückkehr nach der Schwangerschaft nutzt man das gleiche System. Bei mir war es so, dass ich dachte, man kann zurückkommen, wann man will und kann dann bei zwölf Turnieren mit dem Ranking von vor der Pause antreten. Ich bin aber schon nach elf Monaten wieder auf die Tour zurückgekehrt und wurde dafür quasi bestraft. Ich kam zwei oder drei Wochen "zu früh" zurück, um das geschützte Ranking bei den vollen zwölf Turnieren einsetzen zu können. So waren es nur acht. Auch wenn ich es zum Glück nicht gebraucht habe, ist es einfach nicht fair. Das sind Sachen, die so nicht sein sollten.

Wie gefällt Ihnen die Bezeichnung "Tennis-Mama"?
Sehr gut. Ich spreche gerne über meine Kinder und bin gerne Mama. Das ist sozusagen mein erster Job. Für mich ist die Familie das Wichtigste, deswegen kann ich mit der Bezeichnung super leben.

Sie sind viel unterwegs zusammen, funktioniert das ständige Umherreisen mit den Kindern?
Ich muss ehrlich sagen, das läuft super. Vielleicht, weil wir so relaxed sind. Mein Mann und ich waren in Wimbledon sogar alleine mit den beiden Kids und wir haben das super hinbekommen.

In Wimbledon haben Sie gesagt, Sie wollen eine große Familie haben. Wie lässt sich das mit Ihrer weiteren Karriereplanung vereinbaren?
Ich sage mittlerweile: Wenn ich nach jeder Geburt besser spiele, sollte ich vielleicht noch ein drittes Kind bekommen (lacht). Ich fühle mich so fit wie noch nie. Das kommt natürlich nicht einfach so, sondern ist harte Arbeit. Daher werde ich auf alle Fälle weiterspielen. Aber man weiß nie, was kommt, vielleicht habe ich irgendwann ein drittes Kind und komme dann wieder zurück. Aber momentan lassen wir es mal wie es ist.

Wie erklären Sie sich, dass Sie nach den beiden Geburten im Grunde noch besser zurückgekommen sind?
Durch meine beiden Schwangerschaften hatte ich jeweils eine längere Pause und ich glaube, dass das gar nicht so schlecht ist. Um einfach wieder Energie zu tanken und darüber nachzudenken, was man eigentlich will. Wo man sich verbessern kann, welche Ziele man hat, was man vielleicht ändern will. Das hilft einfach.

Ist eine solche Pause auch für den Kopf wichtig?
Auf jeden Fall. Eine Pause hilft einfach, an andere Sachen zu denken. Wir haben jetzt ein Familienleben, da denkt man relativ schnell an andere Dinge. Vielleicht merkt man auch irgendwann, dass man das Tennis und das Reisen vermisst. So war es bei uns. Deswegen machen wir das, was uns Spaß macht, sind aber gleichzeitig froh, dass wir die andere Zeit hatten.

Blicken Sie nun anders, gelassener auf Ihre Profikarriere?
Definitiv. Natürlich geht man trotzdem auf den Platz und will gewinnen. Man ist nervös vor den Matches, da hat sich nichts geändert. Aber im Allgemeinen stehen jetzt meine Töchter an erster Stelle. Jetzt versuche ich für sie das Beste zu machen. Deswegen ist der Fokus etwas von mir selbst gewichen und mehr auf unsere beiden Töchter gerichtet. Das tut mir persönlich sehr gut.

Wenn Ihre Karriere irgendwann einmal endet: Haben Sie schon einen Plan, wie es danach weitergehen soll?
Dann reisen wir mit meiner Tochter (lacht). Ich habe das Gefühl, bei Charlotte wird das irgendwann so weit sein und dann geht das Ganze wieder von vorne los.

Also sehen wir Sie irgendwann als Trainerin Ihrer Tochter?
Ich kümmere mich dann mehr um das Schulische, mein Mann übernimmt das Tennis-Coaching (lacht).

Verwendete Quellen
  • Video-Interview mit Tatjana Maria
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