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Kolumne "Held der Woche": Der kleine Maulwurf


"Och jooo!"
Der kleine Maulwurf wird schon 60 Jahre alt

Meinungt-online, Anja Rützel

28.12.2017Lesedauer: 2 Min.
Kolumne "Held der Woche": Der kleine MaulwurfVergrößern des BildesDen kleinen Maulwurf kennt jeder. Mittlerweile ist er 60 Jahre alt (Quelle: Paul Zinken/dpa-bilder)
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Womöglich ist er der mehrheitsfähigste Kinderheld – und heimlich ein technischer Visionär: Heute wird der kleine Maulwurf 60 Jahre alt.

Bibi und Tina nerven mit ihrer Pferdebesessenheit, nach einem Nachmittag in Prinzessin Lilifees Rosa-Hölle will man sofort zwanghaft die ganze Welt schwarz anstreichen, und Bob der Baumeister ist auch so ein überfleißiger Unsympath – wahrscheinlich ist es eine Art Naturgesetz, dass Eltern die Helden ihrer Kinder spätestens nach 100 Stunden Hörspielbeschallung und sonstiger Dauerbeballerung nicht sonderlich leiden können.

Eine Ausnahme ist der kleine Maulwurf, der heute 60 Jahre alt wird und den Kinder wie Erwachsene gleichermaßen mögen. Zumindest sollte man sich, wenn einen als Erwachsene sogar dieser putzige Geselle nervt, einmal dringend fragen, was mit einem falsch läuft. Bei aller Neigung zur Generalgrummeligkeit: Der kleine Maulwurf geht wirklich okay.

Erfunden wurde er 1957 vom Prager Zeichner Zdeněk Miler, als der nach einem neuen Zeichentricktierchen suchte, das in einem Film über die Verarbeitung von Flachs als possierliches Element auftreten könnte. Der Entstehungslegende nach stolperte er beim sinnierenden Umherspazieren über einen Maulwurfshügel, und zack, da war die Idee. Seinen ersten Auftritt hatte die neue Figur dann auch im Textil-Erklärfilmchen „Wie der Maulwurf zu seinen Hosen kam“. Natürlich nicht als „kleiner Maulwurf“.

In der tschechischen Originalfassung heißt der Maulwurf Krtek oder Krteček, die Verniedlichungsform. Nur ein paar Jahre später wurde er zu einer der wenigen gemeinsamen Früherinnerungen, die west- und ostdeutsche Kinder teilten: In der BRD liefen die Maulwurfkapriolen in „Die Sendung mit der Maus“, im Fernsehen der DDR war er in „Unser Sandmännchen“ zu sehen.

Man kann diese rund fünfminütigen Filmchen auch heute noch gut anschauen, gelegentlich verstecken sich darin auch fast visionäre Kommentare zur Welt, wie wir sie heute kennen. Etwa in der Folge, in der der Maulwurf technologisch aufrüstet. Man sieht ihn erst unter Tage schuften, mühsam trägt er buddelnd die Erde ab, der Rücken tut ihm weh. „Och jooo!“, ächzt er, und in vollstem Verständnis, die postfeiertägliche Rückkehr an den Arbeitsplatz schon fest im Auge, will man direkt mitseufzen.

Dann findet er einen Diamanten und kauft sich dafür einen hochmodernen Roboter, der sofort emsig ans Werk geht, einen riesigen Erdhügel aufwirft und akkurate Gänge gräbt – quasi ein Smart Home auf Maulwurfsart. Der State-of-the-Art-mäßig ausgestattete Häufchenbesitzer inspiziert zukunftsselig die neuen Räumlichkeiten, als zwei Bisamratten den Roboter stehlen und ihn abkommandieren, der Henne ihre Eier zu rauben und der Kuh unbefugt Milch abzuzapfen.

Als der Maulwurf das bemerkt, sagt er nur knapp „dadi-dadi“ und greift durch: Die Ratten werden der Katze überführt (was das unterschwellige Vorurteil widerlegen dürfte, der Pelzprotagonist sei ein allzu arger Softie), der Roboter kommt wieder in die Kiste und wird weggesperrt. „Ahoi!“, sagt der Maulwurf abschließend, und das ist für seine Verhältnisse fast schon geschwätzig. Das ist vermutlich die wertvollste, fast schon zen-buddhistische Weisheit, die man von ihm lernen kann: Anfangs plapperte der Maulwurf noch tschechisch, später beschränkte er sich auf wenige Laute und stellte ansonsten das Reden ein – damit er überall auf der Welt verstanden wird.

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