Das Cape von Graf Zahl

Manchmal muss man seine Modevorbilder an unkonventionellen Orten suchen: Laufstege und Fashion-Magazine kann ja jeder. Warum nicht einmal den Look von Graf Zahl aus der "Sesamstraße" nachstylen?

Graf Zahl ist die unterschätzteste Figur im Sesamstraßen-Kosmos. Das liegt erstens an seinem im deutschen recht schmucklosen Namen: Im englischen Original heißt er Count von Count, ein topelegantes Wortspiel mit dem Gleichklang der englischen Vokabeln für "Graf" und "zählen", den man im Deutschen leider nicht nachmachen kann (in seiner französischen Inkarnation funktioniert es hingegen hervorragend mit Comte von Compte).

Zweitens, das muss man zugeben, ist Graf Zahl, verglichen mit dem ewig keckernden Frohgemüt Ernie und dem federbettfluffigen Bibo, ein eher anstrengender Charakter: Er liebt es so sehr, die Dinge um ihn herum zu zählen, dass er besagtem Grinse-Ernie einmal verbot, das klingelnde Telefon abzuheben, weil er die einzelnen Schrilltöne akkurat erfassen wollte. Manchmal verliert er die Nerven, wenn es nichts zu zählen gibt, das ist echte Passion.

Bislang wurden in der Wahrnehmung des Zählegrafen allerdings seine modischen Qualitäten komplett vernachlässigt. Sein Look ist klassisch und orientiert sich an der viel zitierten Dracula-Darstellung von Bela Lugosi.

Am Dienstag präsentierte er bei einer Benefizgala der amerikanischen Sesamstraße-Produktionsfirma nun eine moosgrüne Variante seines typischen Umhangs mit extrem markantem Stehkragen, gefüttert mit – für einen Vampir – extrem lebensfrohem Konfettistoff. Gemessen an den kindlich geringelten Shirts von Ernie und dem strengen weißen Rolli von Bert: Eine fashionmäßige Offenbarung! Warum also nicht mal den Grafen-Look nachstylen?

Im Alltag könnte man mit einem solchen Überwurf leicht fälschlicherweise für einen Varietékünstler gehalten werden, was durchaus pikante Bekanntschaften nachziehen kann, aber dafür hat man ja auch nicht immer Zeit. Deswegen empfiehlt es sich, auf die elvismäßig aufgestellte, einer wütenden Kragenechse nachempfundene Reversgestaltung zu verzichten und vielleicht auf ein Cape mit Kapuze auszuweichen.

Das Kapuzencape erlebte im vergangenen Jahr vor allem bei jüngeren Frauen einen unerwarteten Trendschubs, weil Veronica Lodge, eine Figur aus der Netflix-Serie "Riverdale", oft in einem extrem eleganten schwarzen Kapuzencape unterwegs war. Günstige Kopien davon gab es bei Zara, weniger günstige High-End-Interpretationen bei Valentino. Leider hatte aber keiner dieser Umwürfe das Extra-Feature eingebaut, das man sich beim Nachbau des typischen Graf-Zahl-Habitus am dringendsten wünschen würde: Einen Knopf, der auf Druck dieses gellende Lachen (und die Blitz-Spezialeffekte) einspielen würde, mit dem der Nummernfreund seine erfolgreichen Zählunternehmungen feiert. Unser grauer Alltag könnte davon nur profitieren.

Grünes Cape 48 Euro, Konfetti-Stoff zum Füttern 12,95 Euro pro Meter