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Tic Tac Toe: Wie sich das Trio vor 25 Jahren selbst zerstörte


"Du machst uns alles kaputt!"
Wie sich Tic Tac Toe vor 25 Jahren selbst zerstörte


Aktualisiert am 21.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Jazzy, Lee und Ricky: Die drei Mitglieder von Tic Tac Toe im Jahr 1996Vergrößern des Bildes
Jazzy, Lee und Ricky: Die drei Mitglieder von Tic Tac Toe im Jahr 1996. (Quelle: Imago)

Als die Karriere von Tic Tac Toe ins Schlingern gerät, versucht das Trio Einigkeit zu demonstrieren. Der Versuch geht schief. Spektakulär schief.

Pressekonferenzen als solches, das mal zur Einstimmung, sind ja ohnehin ein potenzielles Minenfeld. Im besten Fall werden einige Allgemeinplätzchen ausgetauscht, neuer Film, neue Platte, tolles Projekt und der Regisseur, der Produzent, die Mitmusiker, allesamt sowieso die Besten. Manchmal aber reicht zuweilen eine falsche Frage, ein schräger Blick, zwei Drinks zu viel am Vorabend – und aus dem PR-Plausch wird eine Feierstunde der dritten Art.

Trapattoni und "Flasche leer"? Unvergessen. Shia LaBeoufs Ein-Satz-PK zum Film "Nymphomaniac", der anschließende Premieren-Besuch mit brauner Papiertüte über dem Kopf? Filmreif. Mila Kunis' Verteidigungsrede für ihren "Friends with Benefits"-Co-Star Justin Timberlake? Erstklassig. Oder die komplett gefakte Pressekonferenz mit Hape Kerkeling als Albertas Klimawiszys, dem angeblich neuen Trainer des Grazer AK? Ein Geniestreich.

Mit "Ich find' dich scheiße" fing alles an

Lees, Jazzys und Rickys Auftritt vor der versammelten Presse am 21. November 1997 in München würde man eher nicht unter "Geniestreich" ablegen, unvergesslich war das Ganze jedoch definitiv. Wer heute den Bandnamen googelt, bekommt als ersten Vorschlag direkt die Kombi mit dem Terminus Pressekonferenz. Zufall? Sicher nicht.

Dabei hatte alles so schön angefangen. Eine Girlgroup made in Germany, noch dazu mit Sprechgesang, eine geniale Idee. In Großbritannien waren kurz zuvor die Spice Girls ins Rampenlicht getreten, Tic Tac Toe hatten mit ihrer Debütsingle, dem rotzig gerappten "Ich find' dich scheiße", sogar noch die Nase vorn. Als "Wannabe" im Sommer 1996 durch die Decke ging, waren die deutschen Girls bereits bei der dritten Single "Leck mich am A, B, Zeh" angekommen und damit fast schon alte Häsinnen. Lee (Liane Wiegelmann), Jazzy (Marlene Victoria Tackenberg) und Ricky (Ricarda Wältken) im deutschen Pop-Olymp, zumindest für eine Weile.

Das selbst betitelte Debütalbum, erschienen auf BMG am 15. April 1996, verkaufte sich über 1,1 Millionen Mal, der Nachfolger, "Klappe, die 2te" sogar noch besser. Doch zu jener Zeit, ziemlich genau ein Jahr nach dem Erstling, im Frühjahr 1997, zeigten sich erste Risse im bis dahin so erfolgreichen Konstrukt des Dreigestirns. Entgegen der vorgeblich cooleren Version in Sachen Bandgründung, nach der die drei bei einem Hip-Hop-Wettbewerb entdeckt wurden, stellte sich heraus, dass das Ganze einem Casting zugrunde lag, initiiert von Claudia Wohlfromm, der Managerin.

Zudem sickerte durch, dass Lee nicht wie behauptet 18, sondern bereits 22 Jahre alt war. Nach und nach drangen private Pikanterien an die Öffentlichkeit, die den Erfolg mehr und mehr infrage stellten. Lees Ehemann, von dem niemand etwas erfahren sollte, nahm sich das Leben. Zudem wurde bekannt, dass die Rapperin kurzzeitig als Prostituierte gearbeitet hatte, um Drogen zu finanzieren.

Es war von Tränen die Rede, die auf Knopfdruck fließen

Schlagzeilen über Schlagzeilen, auch unter den Dreien kriselte es angesichts des medialen Drucks. Die Idee, um den Rap-Kutter wieder auf Kurs zu bringen: Tic Tac Toe geben eine Pressekonferenz, auf der die Einigkeit, die Solidarität, das intakte Bandgefüge präsentiert und den Negativschlagzeilen somit Einhalt geboten wird.

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Doch Theorie ist das eine, die Praxis geht oft andere Wege. Flugs gerieten sich die jungen Damen im Scheinwerferlicht und vor versammelter Medienschar in die Haare, flogen die sprichwörtlichen Fetzen, dass es nur so qualmte. Dass Ricky einen Psychotherapeuten brauche, hieß es. Kurz danach war von Tränen die Rede, die auf Knopfdruck fließen.

"Damit ist die Show beendet!"

Nichts war es mit der vorgeblichen Harmonie, im Gegenteil: Nach immer heftigeren Wortgefechten verließ Lee schließlich den Saal und keifte zum Abgang Richtung Ricky: "Du machst uns alles kaputt, das schwör' ich!" Jazzy ließ noch vom Stapel, dass Ricky wegen ihrer Angstzustände auf Tour bei ihr im Bett schlafen würde, und machte sich schließlich ebenfalls auf und davon: "Damit ist die Show beendet!" Am Abend berichteten die "Tagesthemen", Ricky war zu Gast in der "Harald Schmidt Show". Das Aus folgte wenig später, Ricky verließ die Band.

Das Ende? Mitnichten. Wie war es noch mit der Show? Weitergehen muss sie. Und so versuchten Tic Tac Toe es, verstärkt durch Sara Brahms, mit einer neuen Formation, der Erfolg überschaubar. 2005 folgte schließlich die Neuauflage in Originalbesetzung, angetrieben von Hamburgs Kiez-Größe Kalle Schwensen. "Spiegel", die erste Single zur Reunion, erreichte immerhin Platz sieben der deutschen Charts, das Album "Comeback" geriet jedoch zum Flop. Die Tickets für eine Tour wurden zum Ladenhüter. Nur drei Shows fanden statt, 2007 dann das endgültige Aus für Tic Tac Toe.

Die Karrieren von Jazzy, Lee und Ricky als Solistinnen waren von überschaubarem Erfolg geprägt. Lee arbeitete zwischenzeitlich beim Kölner Zoo, Jazzy und Ricky rappten für einen Werbespot des Autovermieters Sixt, Jazzy gab zudem 2012 ihre Visitenkarte im Dschungelcamp ab. Die neuerliche Geschichtsschreibung sortiert die Dinge mehr als wohlwollend. So würdigte Valerie Schönian 2021 in einem Artikel für "Die Zeit" den revolutionären Aspekt der Texte Tic Tac Toes und schrieb der Band den Verdienst zu, ihre persönliche Emanzipation, ihr Selbstverständnis als Frau, vorangetrieben zu haben.

Schönians Fazit: "Die drei Frauen waren ihrer Zeit voraus – schwarz, feministisch, rotzig."

Wäre also vielleicht doch noch einmal ein Comeback möglich? Wer weiß. Lediglich die Frage, ob man das dann bei einer Pressekonferenz verkündet, sollte man sich vielleicht besser zweimal überlegen.

Verwendete Quellen
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