Promi-Geburtstag vom 23. Juli 2018: Richard Rogers
London (dpa) - Vor einem Monat schloss er den Bau des Three World Trade Centers in Manhattan ab, mit 329 Meter das nun fΓΌnfthΓΆchste GebΓ€ude von New York City - fast pΓΌnktlich zu seinem 85. Geburtstag an diesem Montag.
Es ist ein typisches Richard-Rogers-Gebilde: Ein Γ€uΓeres Verstrebungssystem aus reflektierendem Glas und Edelstahl hΓ€lt den Wolkenkratzer zusammen - eine Γ€hnliche Konstruktion wie die GlaspalΓ€ste hinter der Tate Modern in London. Dort beschweren sich die Bewohner nun, dass Museumsbesucher in ihre anderthalb Millionen Pfund (1,7 Mio. Euro) teuren Luxuswohnungen schauen kΓΆnnen.
Er wurde von der Queen in den Adelstand erhoben, doch geboren wurde Richard Rogers in Florenz: "Ich komme aus einer ziemlich verwΓΆhnten groΓbΓΌrgerlichen Familie", verriet er dem "Guardian". Der Vater war Zahnarzt - "er trΓ€umte immer von England" -, die Mutter Kunstliebhaberin. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zog die Familie nach London.
Ein Abstieg, aber Richard und sein jΓΌngerer Bruder genossen die aufregende Zeit, obwohl er noch nicht einmal die Schule schaffte. "Ich war wirklich rΓΌckstΓ€ndig", erklΓ€rte Rogers. "Legasthenie wurde damals nicht erkannt, und ich wurde dumm genannt." Er lernte boxen, um sich dagegen zu wehren.
Wegen seiner Sprachkenntnisse wurde er beim Wehrdienst nach Italien versetzt und arbeitete an seinen freien Tagen im ArchitekturbΓΌro seines Cousins. Danach ΓΌberzeugte er die britische Architectural Association, ihn an ihrem Diplomkurs in London teilnehmen zu lassen, obwohl er keinen Schulabschluss hatte. Ab da ging es aufwΓ€rts.
In London verliebte er sich in die Architektur-Studentin Su Brumwell, seine zukΓΌnftige Frau. Sie studierten mit dem spΓ€teren Stararchitekten Norman Foster in Yale und grΓΌndeten 1963 mit ihm und dessen Freundin Wendy Cheesman das sogenannte Team 4 - ein NΓ€hrboden fΓΌr die britische High-Tech-Bewegung, zu dessen bekanntesten Vertretern Foster und Rogers gehΓΆren. In seinem autobiographischen Buch "A Place For All People" beschrieb er, wie sie ihr BΓΌro zuerst in Wendys Schlafzimmer einrichteten: "Wenn Kunden kamen, wurden Freunde herangezogen, um als Architekten zu posieren, damit Team 4 wie ein grΓΆΓeres Unternehmen aussah."
Foster und er begriffen sich beide als Modernisten und Funktionalisten und lieΓen sich von den frΓΌhen Industriebauten in Nordengland inspirieren, sowie von den Poesiegebilden aus Eisen, Stahl und Glas von Eisenbahn-Pionier Isambard Kingdom Brunel und GewΓ€chshausarchitekt Joseph Paxton. Gleichzeitig verlangte die damalige Wohnungsnot nach billigen, vorgefertigten HΓ€usern, die aus simplen Elementen zusammengesetzt und entsprechend den BedΓΌrfnissen der Bewohner immer wieder verΓ€ndert werden konnten.
Nach diesen Kriterien entwarfen Richard und Sue Rogers ein Haus fΓΌr seine Eltern. Seine Mutter liebte dessen SchΓΆnheit und Farbe. Sein Vater dagegen ΓΌberlegte sich zu klagen. Heute ist es denkmalgeschΓΌtzt; Rogers stiftete es der UniversitΓ€t Harvard fΓΌr Design-Stipendiaten.
Damals entwickelte Richard Rogers seinen wiedererkennbaren, aber auch anpassungsfΓ€higen Stil, mit leuchtenden Farben und Strukturelementen, die die GebΓ€ude-Infrastruktur nach auΓen kehren. So auch bei seinem bekanntesten Bauwerk, dem Kulturpalast Centre Pompidou in Paris, das er mit dem Italiener Renzo Piano zusammen entwarf: Das Skelett umhΓΌllt das GebΓ€ude und nutzt die gesamten Versorgungssysteme als kΓΌnstlerisches Element mit dem Vorteil, dass der Innenraum ohne Unterbrechung maximal ausgenutzt werden kann. Eine radikale Idee, und es dauerte einige Zeit, bis der Bau nicht nur als Designikone, sondern auch von den Parisern akzeptiert wurde.
"Junge Architekten sind unheimlich naiv", erinnerte sich Richard Rogers an die Zeit von 1971-77 im "Guardian". "Ich wΓΌrde niemals davon trΓ€umen, es jetzt zu tun. Wir hatten einen groΓartigen Kunden, aber die Presse machte uns die HΓΆlle heiΓ. In sieben Jahren gab es nur zwei positive Artikel. Ich weiΓ nicht, wie wir bis zum Ende gekommen sind." Als eine Γ€ltere Dame herausfand, dass er einer der Architekten war, schlug sie ihm mit dem Regenschirm auf den Kopf.
Ende der 60er Jahre verliebte Rogers sich in die Kunststudentin Ruth Elias; sie heirateten 1973, wΓ€hrend das Centre Pompidou entstand. Aus dieser Ehe stammen zwei SΓΆhne - zusΓ€tzlich zu den dreien aus erster Ehe -, von denen einer 2011 verstarb. "Man kann sich vom Tod eines Kindes nicht erholen", schrieb Rogers in "A Place For All People".
Nach seinem weltweiten Durchbruch in den 1970er Jahren entwarf er das Hauptquartier fΓΌr den Versicherungsmarkt Lloydβs of London nach demselben Prinzip; es folgten so einprΓ€gsame Bauwerke wie der Millennium Dome, Terminal 5 des Flughafens Heathrow sowie das Leadenhall Building im Finanzbezirk, von Londonern liebevoll "Cheesegrater" (KΓ€sereibe) genannt.