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ProSiebenSat.1: Was steckt hinter den Veränderungen bei den TV-Sendern?


Nachrichten bei ProSiebenSat.1
Ein gefährliches Experiment

  • Steven Sowa
Eine Analyse von Steven Sowa

Aktualisiert am 12.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
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Test, Test, Test: Bei ProSieben, Sat.1 und Kabel eins steht eine ungewisse Nachrichtenzukunft bevor. (Quelle: Kia Cheng Boon via www.imago-images.de)

Ein Paukenschlag, aber niemand hört ihn: ProSiebenSat.1 verändert sein Nachrichtenprogramm grundlegend. Das hat gleich mehrere Konsequenzen.

Stellen Sie sich vor, eine Revolution bahnt sich an und niemand nimmt davon Notiz. Drei der größten deutschen Fernsehsender stellen ihr Nachrichtenprogramm um, und nur das Fachpublikum ist informiert. Berichte in überregionalen deutschen Medien? Fehlanzeige. Stattdessen Randnotizen in Branchenblättern. Dabei erzählt die Veränderung bei ProSiebenSat.1 viel mehr über die TV-Landschaft, als es auf den ersten Blick scheint.

Drei Sender sind betroffen: ProSieben, Sat.1 und Kabel eins. Alle drei Nachrichtenprogramme, "ProSieben Newstime", "Sat.1 Nachrichten" und "Kabel Eins News", werden derzeit generalüberholt. Neuer Look, neue Produktion, neues Personal. Ab dem Frühling geht es dafür von Berlin nach München, im Mai 2023 folgt dann "ein komplett neuer Auftritt aller Nachrichtensendungen und -formate unter einer einheitlichen Marke", heißt es vom Konzern.

Sender äußert sich zu den personellen Veränderungen

Was das für diese vier Frauen bedeutet, hat t-online exklusiv berichtet: Barbara Scherle, Gabi Becker, Laura Dünnwald und Leslie Nachmann verschwinden von der Bildfläche – mehr dazu hier. Die Sender gehen damit in einen Verjüngungsprozess, entlassen allerdings nur Frauen. Kein einziger Mann – von den zugegeben in der Unterzahl befindlichen Kollegen – ist betroffen.

Alles kein Grund zur Sorge, so die Darstellung der Sendergruppe. "Die personellen Veränderungen bei unseren News haben sich vor allem aus der Veränderung des Produktionsstandortes ergeben", sagt Sendersprecher Christoph Körfer auf Nachfrage von t-online und ergänzt: "Die Nachrichtensendungen werden seit dem 1. Januar 2023 an unserem Unternehmensstandort in Unterföhring produziert – und nicht wie davor in Berlin."

Oberflächlich betrachtet, ist die Veränderung einfach erklärt. Bislang ließ ProSiebenSat.1 die Nachrichtensendungen extern produzieren. Der Axel-Springer-Sender "Welt" übernahm den oft aufwändigen Prozess hinter den Kulissen. Doch der Vertrag lief aus – und diese Chance nutzt man in Unterföhring bei München nun offenbar für einen Rundumschlag. Alles soll künftig aus eigener Hand kommen, die redaktionelle wie technische Hoheit beim 4,5 Milliarden Euro schweren Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media liegen.

Zervakis und Opdenhövel als warnendes Beispiel?

Damit blickt der private TV-Konzern im Nachrichtenbereich in eine ungewisse Zukunft. Die Wette kann sich auszahlen – oder nach hinten losgehen. Wie schnell das im Fernsehen geht, hat ProSieben im vergangenen Jahr leidvoll erfahren müssen. Oder besser gesagt: Das haben Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel zu spüren bekommen. Sie waren als neues, seriöses Moderationsduo angetreten, wollten mit ihrem Format "Zervakis & Opdenhövel. Live." ein gesellschaftspolitisches Magazin etablieren – doch so richtig in die Gänge kam die Sendung trotz der prominenten Besetzung nie.

ProSieben reagierte, legte das Magazin auf einen anderen Sendeplatz. Im Anschluss an "TV total" erhoffte man sich zumindest Rückenwind beim jungen Publikum. Doch in Sachen Quotenbilanz blieb "Zervakis & Opdenhövel. Live." ein Versprechen, das nie eingelöst werden konnte. In einer Bilanz nach 33 Ausgaben sprach das Branchenblatt "Quotenmeter" von "wirklich schlechten 5,5 Prozent" Marktanteil in der Zielgruppe.

Veränderungen sind im Fernsehen nie ein Selbstläufer, Zuschauer goutieren Experimente in den seltensten Fällen. Doch ProSiebenSat.1 bleibt gar nichts anderes übrig. Sie müssen diesen Schritt wagen, ob sie wollen oder nicht. Auch private Sender müssen in Zukunft ihren Angeboten mit sogenanntem Public Value mehr Aufmerksamkeit widmen. Denn gesellschaftlicher Mehrwert ist kein Selbstzweck, sondern eine Anforderung der Politik.

Die Bundesländer, die für Medienpolitik zuständig sind, haben dem gesellschaftlichen Mehrwert per Staatsvertrag mehr Bedeutung eingeräumt. Solche Angebote müssen leicht auffindbar sein, Nachrichten und Regionales sollen in den Vordergrund rücken. Die vorerst letzte Änderung des Vertragswerkes ist am 30. Juni 2022 in Kraft getreten.

"Wir wollen auch lokaler werden, näher an den Menschen"

Insofern ergeben die Äußerungen von ProSiebenSat.1 Sinn. Es soll keine Einheitsnachrichtensendung für alle drei Sender geben, Angebote werden individuell auf das jeweilige Senderpublikum zugeschnitten. "Wir wollen auch lokaler werden, näher an den Menschen", sagte der Chefredakteur der zum börsennotierten Medienkonzern gehörenden Seven.One Entertainment Group, Sven Pietsch, der Nachrichtenagentur dpa vor wenigen Wochen. Auch der Digitalauftritt soll deutlich ausgebaut werden. Es klingt wie eine haargenaue Umsetzung der politischen Forderungen.

Die Konkurrenz macht das bereits seit Sommer 2021 vor. RTL verstärkte seine Newsangebote deutlich, stellte bekannte Moderatoren von öffentlich-rechtlichen Sendern ein, wie Pinar Atalay oder Jan Hofer. Das Image des schmuddeligen Privatsenders, der mit Trash-TV-Formaten und Boulevardmagazinen Quote machte, sollte um mehr seriöse Segmente ergänzt werden. So läuft zum Beispiel "RTL Direkt" seit August 2021 immer montags bis donnerstags um 22.15 Uhr und wird live aus Berlin ausgestrahlt.

Für ProSieben, Sat.1 und Kabel eins hingegen geht es weg aus der Hauptstadt, hin zum Mutterkonzern nach München. Doch das Ziel bleibt das gleiche: Das Programm breiter fächern, das Nachrichtenangebot neu aufstellen – auch wenn dabei die eine oder andere Moderatorin über Bord geht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Anfrage an ProSiebenSat.1
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