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Telekom, Vodafone, O2 und Co. drohen Bußgeldern wegen schwachem Netz


Telekom, O2, Vodafone
Bundesnetzagentur geht gegen Handynetzbetreiber vor

Von dpa
Aktualisiert am 20.11.2023Lesedauer: 4 Min.
Mobilfunk-Antennen in einem früheren FunklochVergrößern des Bildes
Zwei Funkmasten stehen am Waldrand: Nicht überall in Deutschland ist der Handyempfang ausreichend abgedeckt. (Quelle: Henning Kaiser/dpa/dpa-bilder)
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Sind Deutschlands Handynetze gut genug? Nein, sagt die Bundesnetzagentur und droht Bußgelder an. Verbraucherschützer und Politiker klatschen Beifall.

Wegen Schwächen im Mobilfunk geht die Bundesnetzagentur erstmals mit Bußgeldverfahren gegen Deutschlands Handynetzbetreiber Deutsche Telekom, Telefónica (O2) und Vodafone vor. Man habe dies "wegen schuldhafter nicht rechtzeitiger vollständiger Erfüllung der Versorgungsauflagen" getan, heißt es in einem Schreiben der Behörde, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Das Verfahren, das im September eröffnet wurde, war öffentlich bisher nicht bekannt. Die Firmen können nun Stellungnahmen abgeben. Entschieden wird im kommenden Jahr. In separaten, zeitgleich eingeleiteten Verfahren drohen den Unternehmen zudem sogenannte Zwangsgelder.

Die Netzbetreiber sind der Ansicht, nicht gegen die Ausbauauflagen verstoßen zu haben. Sie berufen sich auf eine Ausnahmeregel: Dort, wo der Ausbau aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht möglich war – etwa weil niemand ein Grundstück vermieten wollte, auf dem ein Funkmast aufgestellt werden kann – gilt die Auflage auch ohne Netz als erfüllt. Allerdings ist die Netzagentur der Ansicht, dass diese Begründung in einigen Fällen nicht greift – und dass mancherorts eben doch Antennen hätten installiert werden können.

Defizite bei weißen Flecken und Tunneln

Es geht um 500 4G-Funklöcher, in denen keiner der drei Netzbetreiber einen Empfang von 100 Megabit pro Sekunde ermöglicht. Diese weißen Flecken hätten zum Jahreswechsel verschwunden sein müssen. Die Firmen schafften das aber nicht bei allen. Außerdem haben die Anbieter noch in einigen Bundesstraßen-Tunneln kein gutes Netz, obwohl es vorgeschrieben ist – auch das ist Gegenstand der Verfahren.

Branchenkreisen zufolge ist die Zahl der Verfehlungen sehr gering. Sollten am Ende Bußgelder verhängt werden, dürften diese entsprechend niedrig sein. Die Verfahrenseröffnung wird eher als Signal an die Branche verstanden, sich beim Ausbau mehr anzustrengen und Versorgungsauflagen lückenlos einzuhalten. In der Vergangenheit drückte die Netzagentur in ähnlichen Fällen ein Auge zu. So hielt keiner der drei Netzbetreiber Ausbaupflichten, die sich aus der Auktion 2015 ergaben, zum Jahresende 2019 ein. Bußgelder gab es damals nicht.

Telefónica hatte damals große Schwierigkeiten. Bei der Telekom und Vodafone waren es nur kleine Defizite. Zwar wurde gegen Telefónica im Jahr 2020 ein Zwangsgeldverfahren eingeleitet. Nachdem O2 sehr verspätet ins Ziel gekommen war, wurde das Verfahren aber eingestellt.

Früherer Verbraucherschützer ist Behördenchef

Die Netzagentur ließ die Bußgeld-Keule 2020 liegen, schwingt sie aber jetzt – obwohl die Verfehlungen damals viel größer waren als heute. Das könnte auch an Klaus Müller liegen, der früher Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen war und seit 2022 Präsident der Netzagentur ist. In seiner neuen Funktion setzt er sich weiter stark für Verbraucherbelange ein.

Es ist nicht das erste Bußgeldverfahren gegen Telekommunikationsanbieter, aber das erste gegen etablierte Netzbetreiber. Bereits seit dem Frühjahr geht die Netzagentur gegen den Neueinsteiger 1&1 vor, der gerade sein eigenes Mobilfunknetz aufbaut und dieses bald starten will. Hierfür ersteigerte 1&1 im Jahr 2019 erstmals Frequenzen. Ende 2022 hätte die Firma 1.000 5G-Standorte aktiviert haben müssen. Tatsächlich waren es fünf. Der Ausgang des Verfahrens ist offen.

Ausbauauflagen von 2019

Für ihre Netze brauchen die Firmen Funkfrequenzen unterschiedlicher Bänder. Bei der Vergabe legt der Bund ein qualitatives Mindestniveau fest, auf das die Netze gebracht werden müssen. So mussten die Firmen in jedem Bundesland bis Ende 2022 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde versorgen. Diesen zentralen Teil des Auflagenkatalogs erfüllten die Telekom, Vodafone und O2. Zudem gab es noch Auflagen für Verkehrswege und besagte weiße Flecken – hierbei legten die Unternehmen nach Überzeugung der Netzagentur Schwächen an den Tag.

Genaue Zahlen, wie viele weiße Flecken und Tunnel als unversorgt gelten, sind nicht bekannt. Ein Sprecher der Netzagentur will sich nicht zum Thema Bußgeldverfahren äußern. Auch die Firmen geben auf Nachfrage keine Zahlen bekannt.

Positive Reaktion der Politik

Bundespolitiker und Verbraucherschützer reagieren positiv auf die Einleitung der Bußgeldverfahren. Die Firmen hätten der Behörde offenbar keine plausiblen Gründe vorweisen können, warum die Ausbaupflichten nicht vollständig eingehalten worden seien, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben. "Der Entwurf eines Bußgeldbescheides ist deswegen nur konsequent."

Lob kommt auch vom Sozialdemokraten Johannes Schätzl. "Versorgungsauflagen ergeben nur dann Sinn, wenn sie auch konsequent durchgesetzt werden und Strafen folgen, wenn Auflagen nicht eingehalten werden", sagt der Bundestagsabgeordnete. Der Grüne Maik Außendorf nennt die Nichteinhaltung der Vorgaben "ärgerlich". Die Firmen müssten ihren Verpflichtungen nachkommen. "Zur Durchsetzung der Versorgungsauflagen ist die Verhängung von Bußgeldern durch die Bundesnetzagentur ein wichtiges Signal." Der CSU-Politiker Reinhard Brandl nennt die Verfahrenseinleitung "absolut richtig".

Auch der Verbraucherschützer Felix Flosbach begrüßt die härtere Gangart der Netzagentur. Wenn die Behörde die Netzauflagen nun strenger kontrolliere und Vergehen ahnde, helfe das Verbrauchern – "heute und in Zukunft".

Die Firmen wiederum verweisen auf große Fortschritte, die sie beim Netzausbau gemacht haben. Nach Milliardeninvestitionen der Unternehmen sind die Netze tatsächlich deutlich besser als vor einigen Jahren. Die Bußgeldverfahren sind allerdings ein Hinweis, dass es mancherorts noch hapert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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