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Gefährden Endlos-Streaming-Angebote die Netzneutralität?


Telekom und Vodafone
Streaming-Angebote mit "Zero Rating" im Vergleich

dpa, Pauline Sickmann

08.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Smartphone mit App vom Streaming-Anbieter Netflix: Zero Rating – Endloses Streamen und viele offene Fragen.Vergrößern des BildesSmartphone mit App vom Streaming-Anbieter Netflix: Zero Rating – Endloses Streamen und viele offene Fragen. (Quelle: Jens Kalaene/dpa-bilder)
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Unterwegs endlos chatten oder Musik und Serien streamen – ohne dabei Datenvolumen zu verbrauchen. Das geht mit dem sogenannten "Zero Rating". Die Telekom und Vodafone bieten es an. Verbraucherschützer und Netzaktivisten sehen die Netzneutralität gefährdet.

Momentan gibt es zwei Zero-Rating-Angebote in Deutschland: Unter dem Namen "StreamOn" bietet die Telekom seit April 2017 die Möglichkeit, ohne Ende Musik und Videos zu streamen. Das monatliche Datenvolumen wird dabei nicht angefasst. Die Option lässt sich kostenlos zu ausgewählten Tarifen hinzubuchen.

Bei Vodafone gibt es mit dem Vodafone "GigaPass" seit Oktober 2017 ein ähnliches Angebot. Bei den Red- und Young-Tarifen können Kunden kostenlos einen von vier Pässen hinzubuchen. Chat-, Social-, Music- oder Video-Pass bündeln Apps der jeweiligen Kategorie – fortan wird ihr Datenverbrauch nicht mehr vom Monatsvolumen abgezogen.

Wer zuvor mit dem Datenvolumen am Monatsende immer knausern musste, fühlt sich erhört. Aber so verlockend die Angebote klingen: Verbraucherschützer und Digitalaktivisten kritisieren sie heftig, da sie Verbraucherrechte und die Netzneutralität untergraben sehen. Letztere ist in einer EU-Verordnung festgelegt. Sie lautet sinngemäß: Alle Daten müssen gleichrangig behandelt werden.

Im Ausland wird Datenvolumen wieder verbraucht

Zuständig für die Einhaltung der Netzneutralität ist in Deutschland die Bundesnetzagentur (BNetzA). Diese untersagte im Dezember 2017 Teilaspekte von "StreamOn", die Telekom wurde zum Nachbessern verdonnert. Zum Beispiel bei der Auslandsnutzung, die bislang vom Zero Rating ausgeschlossen ist. Wer im Ausland streamt, kriegt es doch vom Datenvolumen abgezogen. Auch dass "StreamOn"-Kunden Videos in geringerer Auflösung sehen – spart der Telekom zwar Datendurchsatz – finden die Wettbewerbshüter aber nicht in Ordnung.

Noch sei aber fraglich, ob die Telekom die Auflagen der BNetzA erfüllen wird, sagt Henning Gajek vom Telekommunikationsportal "Teltarif.de": Das Problem: Im Ausland müsste die Telekom die Daten bei anderen Anbietern einkaufen, was "Zero Rating" unattraktiv für das Unternehmen macht. Der Fall liegt aktuell beim Verwaltungsgericht Köln. Erst nach einer Entscheidung lässt sich absehen, wie es mit "StreamOn" weitergeht.

Künstliche Unterteilung in der Kritik

Auch der "Gigapass" von Vodafone wird aktuell durch die BNetzA überprüft. Dazu hat die Behörde Vodafone, Marktbeteiligte sowie Landesmedienanstalten, das Bundeskartellamt und Verbände angehört. Darunter ist auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Der kritisiert, dass zwar Vodafone-Kunden bei Verträgen mit niedrigem Inklusivvolumen von den Partnerangeboten profitieren – der datenintensive Video-Pass sei jedoch nur für Kunden mit teurerem Red M-XXL und Young M-XL nutzbar.

Auch die Vertragslaufzeit und die "künstliche Unterteilung" des Angebots in die vier Kategorien ist dem VZBV ein Dorn im Auge. So braucht man für den Facebook-Messenger den Chat-Pass, für die Facebook-App dagegen den Social-Pass. Das sei willkürlich und für Verbraucher unverständlich.

Werden Telekom und Vodafone zu Türstehern?

Auch sicherheitsbewusste Nutzer seien im Nachteil, da das Angebot verschlüsselte Verbindungen wie zum Beispiel VPN ausschließt. Auch die Qualitätsreduzierung von Videos sei nicht rechtens, ebenso wie die Begrenzung des Angebots auf Deutschland. Denn wie auch bei der Telekom, ist der "Gigapass" nur im Inland gültig. Im Ausland wird genutztes Datenvolumen vom Inklusivvolumen des Tarifs abgezogen.

Der Chaos-Computer-Clubs (CCC) kritisiert in einem Schreiben unter anderem die Auswirkungen des Angebots auf die Medienvielfalt, freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit. Unternehmen würden durch solche Zero-Rating-Angebote zu einer Art Türsteher für Online-Inhalte. Die Aktivisten fürchten, dass nur noch die Inhalte von Anbietern mit genügend Finanzkraft zum Zuge kommen und kleine, unabhängige oder auch ausländische Anbieter außen vor bleiben.

Die Zukunft ist noch unklar

Bei Vodafone stoßen diese Sorgen auf Unverständnis. "Der Vodafone Pass ist offen und diskriminierungsfrei und verstößt nicht gegen die EU-Netzneutralitätsverordnung", sagt Pressesprecher Dirk Ellenbeck. Wann und wie sich die BNetzA dazu äußert, steht noch nicht fest.

Bis die Angelegenheit zwischen Regulierungsbehörde und Telekommunikationsunternehmen gelöst ist, bleibt die Zukunft der "Zero-Rating"-Angebote unklar. Bei der Telekom und bei Vodafone etwa könnte die Alternative schon in Arbeit sein. Beide Unternehmen bieten mittlerweile eine echte Flatrate ohne Drosselung im Inland und immerhin 23 Gigabyte Datenvolumen im Ausland an– für rund 80 Euro monatlich. O2 drosselt seine Free-Tarife nach Erreichen der Volumengrenze auf ein Megabit pro Sekunde – für Audiostreaming ist das noch brauchbar. Solche Angebote, so vermutet Henning Gajek, könnten "Zero-Rating" eines Tages überflüssig machen.

Verwendete Quellen
  • dpa
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