Abgeordnete haben aus Versehen falsch abgestimmt
Bei der finalen Abstimmung zur EU-Urheberrechtsreform in StraĂburg haben mehrere Abgeordnete offenbar anders abgestimmt, als sie vorhatten. Die Schweden-Partei findet dafĂŒr eine kuriose ErklĂ€rung.
Am Dienstag hat das EU-Parlament der umstrittenen Urheberrechtsreform ohne Ănderungen zugestimmt. Im Nachhinein stellt sich heraus: Das Ergebnis hĂ€tte auch anders ausfallen können. Denn eine Mehrheit der Abgeordneten wollte kurzfristige ĂnderungsantrĂ€ge, die im Plenum abgeschmettert worden waren, nach eigenen Angaben eigentlich zulassen.
Das zumindest legt die Dokumentation des Europaparlaments zur Abstimmung nahe. Demnach lieĂen zehn Parlamentarier ihre Stimme nachtrĂ€glich korrigieren und von einer Ablehnung in eine Zustimmung Ă€ndern. HĂ€tten sie auch im Plenum entsprechend abgestimmt, wĂ€ren kurzfristige Ănderungen an der Vorlage zumindest in Betracht gezogen worden. Die entsprechenden AntrĂ€ge wurden nĂ€mlich nur mit einer knappen Mehrheit von fĂŒnf Stimmen abgeblockt.
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Falschen Knopf gedrĂŒckt
Mehrere Abgeordnete der populistischen Schweden-Partei begrĂŒndeten ihren Sinneswandel damit, dass sie versehentlich den falschen Knopf gedrĂŒckt hĂ€tten. "Wir hatten heute zur Urheberrechtsrichtlinie drei Stimmen per Knopfdruck abzugeben. Bei einer Abstimmung haben wir den falschen Knopf gedrĂŒckt und zwar als es um die Reihenfolge ging, in der wir abstimmen wĂŒrden", lieĂ sich die Partei im Nachgang zitieren. Ohne dieses Missgeschick hĂ€tte man ĂŒber eine Streichung von Artikel 13 abstimmen können, so wie es beabsichtigt gewesen sei.
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In der Dokumentation zur Abstimmung ist nun ein anderes Ergebnis festgehalten, als im Plenum festgestellt wurde â und zwar, dass sich 322 Abgeordnete fĂŒr Ănderungen stark gemacht und 317 dagegen gestimmt hĂ€tten. Trotzdem bleibt es bei dem Abstimmungsergebnis vom Dienstag. Die Reform gilt als komplett angenommen.
Reform wÀre verzögert worden
Das ist besonders bitter fĂŒr Abgeordnete wie Tiemo Wölken (SPD), der eine Streichung des umstrittenen Artikel 13 beantragt hatte. Dieser betrifft die Uploadfilter-Regeln fĂŒr Plattformbetreiber. Auch bezĂŒglich des Leistungsschutzrechts (Artikel 11) gab es ĂnderungsantrĂ€ge, die nie zur Abstimmung kamen.
HĂ€tte das Parlament Ănderungen an der Vorlage vorgenommen, hĂ€tte das weitreichende Konsequenzen gehabt und die Reform deutlich verzögert. Wahrscheinlich hĂ€tte die Direktive nach der Europawahl neu verhandelt werden mĂŒssen. Die BefĂŒrworter der Reform wollten das unbedingt verhindern.
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Zu den Abgeordneten, die ihre Stimme nachtrĂ€glich Ă€ndern lieĂen, zĂ€hlt auch der EU-Politiker Josef Leinen. Er spricht von einem technischen Defekt. Seine Stimme sei nicht richtig erfasst worden. Das EU-Parlament konnte das weder bestĂ€tigen noch ausschlieĂen.
Zuvor hatte auch der CDU-Politiker Thomas Mann* bekannt gegeben, dass er seine Stimme nachtrÀglich im Protokoll Àndern lassen werde. Mann wollte sich gegen das gesamte Reformvorhaben aussprechen. Doch offenbar wurde auch seine Stimme falsch erfasst, deshalb lieà er dies nachtrÀglich korrigieren. Mann veröffentlichte auf Facebook einen entsprechenden Nachweis.
Unklar blieb zunĂ€chst, wie es bei der Vor-Abstimmung bezĂŒglich der ĂnderungsantrĂ€ge unter so vielen Abgeordneten zu einem MissverstĂ€ndnis oder plötzlichen Sinneswandel kommen konnte. Die deutsche EU-Politikerin Julia Reda (Piratenpartei) Ă€uĂerte auf Twitter Zweifel, dass sich die betroffenen Abgeordneten "vertan" hĂ€tten. Sie "vermute eher, dass einige nicht die Verantwortung fĂŒr das Ergebnis ihres Handelns tragen wollen." Die Politiker könnten in Zukunft mit Verweis auf das Abstimmungsprotokoll behaupten, dass sie ja versucht hĂ€tten, Teile der Reform abzuwenden.
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Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass einige Abgeordnete tatsĂ€chlich nicht wussten, worĂŒber sie gerade abstimmten. So soll der EU-ParlamentsprĂ€sident Antonio Tajani gemerkt haben, dass einige Parlamentarier verwirrt waren und durch ĂuĂerungen wie "Ich hoffe, es ist klar, worĂŒber wir gerade abstimmen" darauf eingegangen sein.
Hinweis: In einer frĂŒheren Version haben wir Antonio Tajani fĂ€lschlicherweise als EU-PrĂ€sident bezeichnet. Das wurde korrigiert. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. AuĂerdem wurden Details zu den geĂ€nderten Stimme von Thomas Mann und Josef Leinen ergĂ€nzt. Mann ist CDU-Politiker und nicht von der SPD.