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Porträt Kinderarzt Dr. Georg Frey: Ein Kämpfer für die Allerkleinsten


Porträt
Porträt: Ein Kämpfer für die Allerkleinsten

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03.03.2011Lesedauer: 4 Min.
Dr. Georg Frey, ärztlicher Leiter der Neonatologie der Kinderklinik Prinzessin Margaret in DarmstadtVergrößern des BildesDr. Georg Frey, ärztlicher Leiter der Neonatologie der Kinderklinik Prinzessin Margaret in Darmstadt (Quelle: privat)
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Als leitender Arzt der Darmstädter Neugeborenen-Intensivstation behandelt Dr. Georg Frey schwerkranke Babys, die gerade erst das Licht der Welt erblickt haben. Er fällt täglich Entscheidungen über Leben und Tod. Dabei hat er gelernt, beides zu akzeptieren und nicht um jeden Preis Leben zu retten.

Dr. Georg Frey hat als Mediziner schon viel Unvorhergesehenes erlebt. Aber dass aus dem Frühchen, das er vor vielen Jahren in einer Nierenschale liegend behandelt hat, heute ein zwei Meter großer Mann geworden ist, hat ihn doch berührt. Durch einen Fernsehsender hat der Kinderarzt von seinem ehemaligen Patienten erfahren - denn für einen Dokumentarfilm wurden Arzt und Patient interviewt. Dabei hatte damals eigentlich niemand an ein Überleben des winzigen Neugeborenen geglaubt. "Er will einfach nicht sterben", hatte es in der südhessischen Klinik bei Freys Eintreffen geheißen. Der Arzt hatte dem bereits unterkühlten Frühchen ein zu dieser Zeit noch neues Medikament gespritzt. Es sollte die noch unreifen Lungenbläschen offen halten. Der kleine Patient hatte überlebt und entwickelte sich zu einem gesunden Erwachsenen.

Sein Ziel ist es, Leid abzuwenden

Damals war Frey als junger Assistenzarzt zu einem Noteinsatz gefahren. Heute ist der 45-jährige ärztlicher Leiter der Neonatologie der Kinderklinik Prinzessin Margaret in Darmstadt. Unzählige Babys hat er auf die Welt kommen sehen, und auch einige Kinder sterben. Er ist unter anderem zuständig für eine Neugeborenen-Intensivstation. Hier liegen Frühchen, die nicht mehr als ein paar Hundert Gramm wiegen. Aber auch Neugeborene, die mit einem schweren Herzfehler, einer Blutvergiftung oder einem offenen Rücken auf die Welt gekommen sind. Alle haben eins gemeinsam: Ihr gerade erst begonnenes Leben ist vom Tode bedroht. Wer sie hilflos im Brutkasten liegen sieht, könnte denken, dass ein ärztlicher Leiter sich das Ziel gesetzt hat, möglichst viele von ihnen zu retten. Der Gedanke, dass ein Leben, das gerade erst begonnen hat, gleich wieder enden soll, ist schließlich kaum zu ertragen. Freys Ziel sieht aber etwas anders aus - ihm geht es darum, Behinderungen und anderes Leid von den Kindern abzuwenden.

Jedes Baby hat eine Persönlichkeit

Für ihn steht der Mensch im Mittelpunkt, selbst wenn er noch so klein ist und seine Überlebenschancen noch so gering sind. "Wenn jemand geboren wird, ist er eine eigenständige Persönlichkeit, auch wenn er nur eine Stunde am Leben bleibt", sagt der Kinderarzt. In dem Fall hat seiner Ansicht nach das Team aus Schwestern und Ärzten eine besondere Aufgabe: "Wir versuchen dann, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen." Wenn immer möglich, liege das sterbende Kind in den Armen der Eltern, sagt er. Was der Arzt sagt, klingt nicht auswendig gelernt. Auch versucht er nicht, sich hinter Fremdwörtern zu verschanzen. Man kann sich vorstellen, schnell Vertrauen zu ihm aufzubauen. Ein Krankenpfleger formuliert das so: "Mit ihm kann man ganz normal reden."

Manchmal müssen Ärzte loslassen können

Nirgends sonst liegen wahrscheinlich im zeitlichen Sinne Leben und Tod so nah beieinander, wie auf einer Station wie dieser. "Manchmal müssen Ärzte auch loslassen können", erzählt Frey. Das falle gerade Jüngeren sehr schwer. Die Überlebens-Chancen sind hier zwar im Vergleich zu anderen Gebieten der Medizin relativ gut: Über 600 Kinder werden im Jahr behandelt, vier bis sechs Kinder sterben. Aber der Preis des Überlebens kann hoch sein. Es gibt Kinder, die tragen eine Behinderung davon, wenige sogar eine schwere. Dazu sagt Frey: "Kinderheilkunde ist gnadenlos realistisch." Er bekomme regelmäßig vor Augen geführt, wie es mit seinen Patienten weiterginge. Aber gerade das sei ihm wichtig. Schon bevor es Pflicht war, führte seine Klinik eine Nachuntersuchung ihrer kleinen Patienten nach ein paar Monaten ein.

Der Papa muss schon wieder in die Klinik

Wie sich ein Kind entwickeln wird, ist allerdings im Notfall oft schwer vorauszuahnen. Manchmal müssen Entscheidungen von einem Moment auf den anderen gefällt werden. Frey hält sich selbst eher für einen nüchternen Menschen, der versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht aus einem Bauchgefühl heraus zu entscheiden. Doch wie wird er mit der hohen Verantwortung fertig? "Es gelingt mir nicht immer, aber meistens, dass ich keine Sorgen mit nach Hause trage", sagt er. Und zum Ausgleich macht er Sport. Sogar Marathon ist er schon gelaufen. Obwohl das sicher schwierig ist, denn jeden dritten Tag hat er zusätzlich zu seiner Arbeitszeit Bereitschaftsdienst. Wenn er da gerufen wird, komme schon mal Kritik von seinen zwei jugendlichen Kindern, dass der Papa schon wieder in die Klinik muss, erzählt er. Seine Frau ist auch Ärztin. Eine erfolgreiche, wie er sagt. Das sei ein Grund dafür, dass er seit seiner Assistenzzeit in Darmstadt geblieben ist.

Seinen Beruf hat er nie bereut

Dass er Kinderarzt geworden ist, habe er nie bereut, erzählt Frey. "Ich kann jeden Tag, an dem ich hier bin, die Frage, ob meine Arbeit einen Sinn macht, mit "Ja" beantworten." Fettabsaugen sei nicht die Art von Medizin, zu der er angetreten sei. Und als Leiter setzt er sich selbst hohe Maßstäbe: "Ich muss zuverlässig sein, Rückhalt geben und nicht nur auf mich bezogen sein, sondern mehrere Dinge im Blick haben." Mehrere Dinge - dazu gehört auch eine Aufgabe, die nicht seine "liebste" sei: Der Auftritt in der Öffentlichkeit. Einrichtungen der Neugeborenen-Medizin bekämen häufig Spendengelder, deshalb würden sie ein Gesicht brauchen, das man mit ihnen verbindet, glaubt er. Und dafür bringt er auch schon mal einen besonderen Einsatz: So ist er zum Beispiel mit seiner Oldie-Rockband "Vinylage" aufgetreten, um auf die Belange der Frühgeborenen-Medizin aufmerksam zu machen. Er spielt die E-Gitarre der Band und mit seinen kinnlangen, glatten Haaren kann man ihn sich leicht als Rockmusiker vorstellen.

Vom Schüler zum Lehrer geworden

Zu diesen Auftritten in der Öffentlichkeit gehört auch das Interview mit dem Fernsehsender, durch das Frey von dem Zwei-Meter-Mann erfahren hat. Ihm hat er seinerzeit wahrscheinlich das Leben gerettet. Zwanzig Jahre sind seither vergangen. Hat Frey sich verändert? Seine Antwort: "Natürlich, es wäre schlimm, wenn nicht.“ Mittlerweile betreut er die ersten Kinder von Müttern, die er als Neugeborene behandelt hat. "So schwindet die Zeit“, sagt er. Dabei muss er lächeln – er scheint das nicht schlimm zu finden. Vom Schüler ist er zum Lehrer geworden. Aber die Dinge, die er vor zwanzig Jahren gemacht hat, die könne er auch heute noch. Das ist ihm wichtig, um Vorbild zu sein.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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