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Corona-Tests: Neue Pool-Methode könnte Schlüssel in der Pandemie sein


Beschleunigtes Testverfahren
Neue Pool-Methode könnte Schlüssel in der Corona-Pandemie sein

  • Melanie Rannow
Von Melanie Rannow

Aktualisiert am 13.06.2020Lesedauer: 4 Min.
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Corona-Test: Jüngste Forschungen legen nahe, dass die sogenannte Pool-Methode die Testpraxis auf SARS-CoV-2 verbessern könnte.Vergrößern des Bildes
Corona-Test: Jüngste Forschungen legen nahe, dass die sogenannte Pool-Methode die Testpraxis auf SARS-CoV-2 verbessern könnte. (Quelle: Eibner Europa/imago-images-bilder)

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie empfehlen Experten, möglichst viel zu testen. Doch die Materialien werden zunehmend knapper. Forscher aus Deutschland haben eine mögliche Lösung gefunden: Pool-Tests.

Corona-Tests sind eine wichtige Maßnahme, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Denn nur so können infizierte Personen frühzeitig identifiziert, isoliert und behandelt werden.

Derzeit gibt es Bestrebungen, die Testungen flächendeckend auch auf Menschen ohne Symptome auszuweiten. Das ist wichtig, weil Betroffene besonders in den ersten Tagen der Infektion ansteckend sind, bevor sie überhaupt Symptome zeigen. Für flächendeckende Corona-Tests fehlen aber bislang die Ressourcen. Viele Labore in Deutschland melden Engpässe bei den Auswertungen der Proben.

Forscher des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes und des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt haben ein neues Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, in größerem Stil Menschen auf das Coronavirus zu testen als bisher.

Die sogenannte Pool-Methode soll dabei helfen, die Testkapazität auf SARS-CoV-2 "ab sofort dramatisch weltweit" zu erhöhen, berichtet das Uniklinikum in einer Mitteilung. Die Arbeit der Wissenschaftler ist bereits Ende April im englischsprachigen Fachmagazin "The Lancet – Infectious Diseases" erschienen.

Was bedeutet Pool-Testung?

Die Pool-Testung soll Corona-Massentests ermöglichen. Dabei wird nicht jede Probe einzeln auf das Coronavirus untersucht, sondern gleich mehrere Abstriche von Testpersonen auf einmal. Diese werden als "Pool" bezeichnet.

Die Idee der Pool-Testung ist nicht neu. Zur Untersuchung von Blutspenden etwa wird das Verfahren schon länger eingesetzt. Getestet wird dabei auf Erkrankungen wie Hepatitis und HIV.

Wie funktioniert die Testmethode?

Das Prinzip der Pool-Testung ist ganz einfach: Statt Einzelpersonen wird eine Gruppe getestet. Dazu nimmt man zunächst Schleimhaut-Abstriche des Rachens beziehungsweise der Nase von mehreren Personen (PCR-Test). Anschließend werden im Labor mehrere Teststäbchen zusammen in ein Mini-Pool-Röhrchen gesteckt, zum Beispiel jeweils zehn Proben. Dieses Mini-Pool-Röhrchen wird dann als eine Probe analysiert und auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet.

Ist der Test negativ, bedeutet das, dass alle zehn Personen negativ getestet sind. Fällt der Test hingegen positiv aus, konnte das Virus in der Pool-Probe nachgewiesen werden. Dann müssen die zehn Proben jeweils einzeln analysiert werden, um die infizierte Person zu bestimmen. Den Forschern zufolge soll die positive Probe innerhalb von vier Stunden identifiziert werden können. Trotz des Zusammenführens der Proben sei das Verfahren zuverlässig.

Wo wird die Pool-Methode bei Corona-Tests bereits eingesetzt?

Überprüft haben die Frankfurter Wissenschaftler um Professor Erhard Seifried und Professor Sandra Ciesek das Pool-Verfahren zunächst in einem kleinen Feldversuch an 50 zufällig ausgewählten Patientenproben. Diese wurden dazu in zehn Minipools mit je fünf Proben geclustert und parallel auch einzeln getestet.

Das Resultat: Von den 50 Patientenproben waren fünf Proben SARS-CoV-2-positiv. Diese Proben waren auf vier Pools verteilt. Alle vier Mini-Pools zeigten ein positives PCR-Ergebnis an, berichtet das Uniklinikum. Mini-Pools, in denen nur Proben von Patienten ohne Corona-Nachweis waren, zeigten dagegen ein negatives Ergebnis.

Pool-Testung im Saarland

Wie das "Ärzteblatt" berichtet, hat bereits im April die Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit dem dortigen Gesundheitsministerium begonnen, Corona-Massentests mit dem Pool-Verfahren durchzuführen. Die anhaltenden Tests sollen bei allen Senioren und Pflegekräften in insgesamt 131 Pflege- und Seniorenheimen des Saarlandes stattfinden.

Die Forscher rechnen mit rund 20.000 Abstrichen, die dann in Pools ausgewertet werden. Ziel der Untersuchung sei es, die besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe mit hohem Sterberisiko im Falle einer Covid-19-Erkrankung so gut wie möglich vor einer Infektion in Pflege- und Seniorenheimen zu schützen.

Wo könnten Pool-Tests noch helfen?

Die Frankfurter Forscher empfehlen Pool-Tests vor allem bei Gruppen, die eine geringe Infektionswahrscheinlichkeit aufweisen und die man regelmäßig testen möchte. Dazu zählen Ärzte, medizinisches Personal, Pflegekräfte, Heimbewohner und andere systemrelevante Berufsgruppen wie Polizei und Feuerwehr.

Das bestätigt auch der Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast "Coronavirus-Update". Er rät zur "Testung im Pool-Verfahren, wo man mehrere niedrig wahrscheinliche Tests (also Proben von Personen, wo man eigentlich denkt, die werden das nicht haben), gemeinsam testet". Drosten zufolge ist die Methode etwa bei Erziehern in Kitas sinnvoll.

Denkbar wäre der Einsatz von regelmäßigen Pool-Tests auch bei Kindergartenkindern oder Schülern, die nicht zur Risikogruppe zählen, aber dennoch – oft ohne Symptome zu zeigen – zur Verbreitung des Coronavirus beitragen können.

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Pool-Tests sind jedoch nicht für Personen mit möglichen Covid-19-Symptomen geeignet. Denn liegt eine große Wahrscheinlichkeit für eine Corona-Infektion vor, bleibt der Testaufwand gleich hoch. Bei einem anzunehmenden positiven Ergebnis des Gesamtpools müssten dann alle Einzelproben erneut getestet werden.

Laut den Wissenschaftlern sollten Personen mit Corona-Symptomen daher mit Einzelproben auf eine SARS-CoV-2-Infektion getestet werden.

Was sind Vorteile des Verfahrens?

Pool-Tests haben mehrere Vorteile gegenüber der Standard-PCR-Methode:

  • Sie können die Testkapazitäten der Labors um ein Vielfaches erhöhen, weil gleichzeitig mehrere PCR-Tests ausgewertet werden. Angaben des Uniklinikums in Frankfurt zufolge lässt sich damit in Deutschland die Zahl der Tests pro Tag auf 200.000 bis 400.000 Untersuchungen steigern. Noch im April lag die Anzahl von täglichen Tests bei rund 40.000.
  • Sie können Zeit sparen, indem sie eine schnellere SARS-CoV-2-Testung ermöglichen. Je früher die Testpersonen dann über das Ergebnis informiert werden, desto schneller können auch möglicherweise notwendige Maßnahmen ergriffen werden.
  • Sie können Kosten reduzieren. Der Preis eines Pool-Tests ist laut den Forschern genauso hoch wie ein Einzeltest – man erhält aber mehrere Ergebnisse. Außerdem werden viele der zunehmend knapper werdenden Test-Kits eingespart.

Worin liegen die Schwierigkeiten?

Das Pool-Verfahren besitzt trotz deutlicher Vorteile auch einige Schwachpunkte. Zu vielen offenen Fragen fehlen Erfahrungswerte. Zum Beispiel ist noch nicht wissenschaftlich belegt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Pool-Test ein falsches Ergebnis angibt.

Einzelne PCR-Tests gelten als sehr präzise. Bei Pool-Testungen dürfte die sogenannte Sensitivität aber sinken und die Gefahr, dass Corona-positive Menschen übersehen werden, bleibt laut Experten bestehen.

Weiterhin ist die Pool-Methode nicht überall sinnvoll einsetzbar. Sie ist nur dann effektiv, wenn der Anteil der Infizierten in den Proben nicht zu groß wird und eignet sich deshalb eher dazu, asymptomatische Personen zu testen.

Die Labore in Deutschland müssten zudem ihre Arbeitsabläufe anpassen und ihr Personal schulen. Denn der Umgang mit Pool-Proben ist ein anderer als mit einzelnen PCR-Proben. Auch hier liegen bislang wenig Erkenntnisse zum Kosten-Nutzen-Verhältnis vor.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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