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Corona-Krise: So bedrohen Tests die Krebsdiagnostik


Engpässe durch Corona-Tests
So bedroht die Pandemie die Krebsdiagnostik


Aktualisiert am 24.02.2021Lesedauer: 3 Min.
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Krebsdiagnostik: Rund 70 Prozent der universitären Institute für Pathologie haben Lieferschwierigkeiten beim Material.Vergrößern des Bildes
Krebsdiagnostik: Rund 70 Prozent der universitären Institute für Pathologie haben Lieferschwierigkeiten beim Material. (Quelle: agefotostock/imago-images-bilder)

Zusätzlich zu Tests auf das Coronavirus werden mittlerweile auch Proben auf die Mutationen untersucht. Pathologen schlagen nun Alarm: Die Institute haben demnach zu wenig Material zur Krebsdiagnostik.

Pro Woche führen die Labore in Deutschland aktuell fast eine Million Corona-Tests durch, viele davon werden auch auf die neuen Varianten des Virus untersucht. Eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) hat jetzt ergeben, dass aktuell rund 70 Prozent der universitären Institute für Pathologie Lieferschwierigkeiten beim Material haben. Das gefährde unter anderem die Krebsdiagnostik und führe so zu einem Verlust von Lebenszeit für viele Patienten. Deshalb fordert die DGP eine "nationale Logistikinitiative".

Warum der Verband der Pathologen?
Die Pathologie spielt bei der Krebstherapie eine entscheidende Rolle, da diese auf den Ergebnissen der Pathologie aufbaut. Jede Krebsdiagnose wird in Deutschland von einem Pathologen gestellt. Im Anschluss beraten Ärzte individuell über das weitere Vorgehen. Dabei sind abhängig von der Tumorart neben Pathologen beispielsweise Onkologen, Gynäkologen oder Pneumologen beteiligt.

Pipetten- und Filterspitzen und Desinfektionsmittel fehlen

Der Umfrage zufolge sind von den Engpässen vor allem Pipetten- beziehungsweise Filterspitzen und Reagenzien- sowie Isolationskits, aber auch NGS-Panels (Next-Generation-Sequencing zur DNA-Untersuchung) für die molekulare Diagnostik sowie Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel betroffen.

Hinzu kommen Materialien für die Kapillarelektrophorese zur Analyse von DNA sowie Reagiergefäße in verschiedenen Größen. Weil eine erste Umfrage im Dezember 2020 ähnliche Ergebnisse gezeigt habe, gehe die DGP davon aus, "dass sich die Engpässe inzwischen manifestiert haben und nicht kurzfristig behoben werden können", teilt die Gesellschaft mit.

"Ernstzunehmender, ethischer Konflikt"

Die DGP fordert deshalb, dass die Versorgung von Krebspatienten auch in der Pandemie nicht vernachlässigt werden darf. "Der andauernde Versorgungsengpass stellt einen ernstzunehmenden ethischen Konflikt dar", heißt es in einer Mitteilung der DGP. Durch die vielen Corona-Tests würden Ressourcen verbraucht, die für die Krebsdiagnostik benötigt würden. Hinzu komme ein weiteres Problem: Durch die Impfungen und die notwendige Kühlung des Impfstoffs könnte zusätzlich Trockeneis knapp werden, das ebenfalls für viele Produkte der Krebsdiagnostik benötigt werde.

Der Vorsitzende der DGP, Prof. Dr. med. Gustavo Baretton (UK Dresden), ordnet die Umfrageergebnisse wie folgt ein: "Die Engpässe sind geeignet, die diagnostische Leistungserbringung zu verzögern und zu einer möglicherweise verspäteten Therapie zu führen. Dies könnte einen Verlust an Lebenszeit für Patientinnen und Patienten zur Folge haben."

Labore vermelden bisher keine Engpässe mehr

Die Akkreditierten Labore in der Medizin hingegen vermelden keinen Engpass beim Material. So erklärt der Vorsitzende Dr. Michael Müller: "Das ist von Labor zu Labor ganz unterschiedlich. Flächendeckend können wir aber sehen, dass weniger als zehn Labore momentan über Engpässe berichten."

Das bestätigt auch Vorstandsmitglied Nina Beikert, die betont, dass es seit Beginn der Pandemie immer wieder dazu kam, dass "einzelne Artikel nicht so lieferfähig sind, wie wir das gerne hätten". Doch diese Probleme hätten sich in den vergangenen Monaten deutlich reduziert. "Wirkliche Probleme sehen wir aktuell nicht." Der Internist Jan Kramer hingegen gibt zu bedenken, dass es im Rahmen spezieller Diagnostik Verschiebungen bei der Spezialisierung einzelner Hersteller gegeben haben könnte.

"Frühwarnsystem" bereits im Frühjahr 2020 erstellt

Um die Versorgung von Krebspatienten auch in der Pandemie sicherzustellen, haben sich bereits im März 2020 die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Deutsche Krebsgesellschaft zusammengeschlossen und eine Arbeitsgruppe gegründet, um Betroffene besser zu beraten und mit aktuellen Informationen zu versorgen.

"Trotz der sich schnell ausbreitenden Covid-19-Pandemie, die das Gesundheitssystem vor besondere Herausforderungen stellt, darf die Versorgung unter keinen Umständen vernachlässigt werden“, sagte dazu Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Deshalb wurde ein "Frühwarnsystem" entwickelt, das die Versorgungslage in Deutschland regelmäßig prüfen und bewerten soll. So sollen Engpässe in der Versorgung frühzeitig erkannt und behoben werden.

Versorgung von Krebspatienten in der Krise beeinträchtigt

Das Frühwarnsystem habe allerdings bereits im Frühjahr gezeigt, dass Behandlungen von Krebspatienten beispielsweise verschoben werden mussten. Auch die zweite Welle bringe die Kliniken an die Belastungsgrenze. "Die Versorgung von Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs ist dadurch deutlich beeinträchtigt", heißt es von der Deutschen Krebshilfe. "Onkologische Eingriffe werden verschoben, diagnostische Untersuchungen und Nachsorge teilweise stark zurückgefahren."

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) empfiehlt derweil Patienten, eine geplante Krebstherapie nicht grundsätzlich zu verschieben, beispielsweise aus Sorge vor einer Infektion im Krankenhaus. Stattdessen solle immer der Nutzen einer Therapie gegenüber einem möglichen Schaden abgewägt werden.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz Akkreditierte Labore der Medizin (ALM), 23. Februar 2021
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