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Weihnachten in der Pandemie: "Thema Corona ist schwierig und spaltet Familien"


Weihnachten in der Pandemie
"Das Thema Corona ist schwierig und spaltet Familien"

InterviewVon Sandra Simonsen

Aktualisiert am 22.12.2021Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Weihnachten in der Pandemie (Symbolbild): Noch mehr Menschen als sonst verbringen das Fest allein.Vergrößern des Bildes
Weihnachten in der Pandemie (Symbolbild): Noch mehr Menschen als sonst verbringen das Fest allein. (Quelle: MiS/imago-images-bilder)

Das Fest der Liebe steht vor der Tür – doch für viele Menschen ist Weihnachten vor allem in der Corona-Krise eher mit Stress, Streit oder Einsamkeit verbunden. Die Psychologin Nora Blum gibt Tipps, wie Sie die Feiertage trotzdem gut überstehen.

Eigentlich kommt an Weihnachten die ganze Familie zusammen, viele feiern auch mit Freunden. Es gibt leckeres Essen, viele Geschenke und gute Stimmung. So zumindest die Idealvorstellung vieler. Die Realität sieht häufig anders aus. Vor allem bedingt durch die Corona-Pandemie gibt es viele, die das Fest der Liebe einsam verbringen. Wegen Impfgegnern oder Corona-Leugnern in der Familie oder dem Freundeskreis gibt es neues Konfliktpotenzial.

Die Psychologin Nora Blum erklärt im Interview mit t-online, was zu tun ist, wenn die Stimmung kippt oder Sie sich einsam fühlen.

t-online: Uns erwartet das zweite Weihnachten in der Pandemie: Was macht das mit den Menschen?

Nora Blum: Es ist so, dass Weihnachten ohnehin für viele eine belastende Zeit ist. Viele setzen sich sehr hohe Erwartungen und dann treten die Dinge doch anders ein, als sie es sich gewünscht haben. Das hat sich in der Pandemie noch einmal verstärkt: Manche Familienmitglieder können nicht dabei sein, es muss Abstand eingehalten werden, das große Fest mit vielen Freunden muss ausfallen. Und manche feiern auch ganz alleine, was natürlich auch belastend sein kann.

Das sind einfach Themen, mit denen man sich auseinandersetzen muss – und man muss akzeptieren, dass es dieses Jahr wieder etwas anders sein wird, als man es sich vorgestellt hat. Da ist es wichtig, sich von Wunschvorstellungen zu befreien.


Nora Blumcoremedia:///cap/blob/content/89348056#data
ist CEO und Mitgründerin von "Selfapy". Selfapy bietet Online-Kurse für Menschen, die unter Depressionen, Angst- oder Panikstörungen leiden. Sie hat an der University of Cambridge Psychologie studiert, verschiedene Arbeitsstationen im klinischen Bereich durchlaufen und hat danach Selfapy gegründet.

Warum ist gerade die Weihnachtszeit so wichtig für viele?

Weihnachten ist einfach eine Zeit, in der man mit der Familie und den Liebsten zusammenkommt. Zusätzlich wird Weihnachten in der Öffentlichkeit als großes Fest vermarktet, an dem alle glücklich sind und eine schöne Zeit haben. Genau diese hohen Erwartungen sind es oft, die dann zum Stress an Weihnachten beitragen. Weil es für viele eben nicht die schönste Zeit des Jahres ist. Weil sie sich mit Familienmitgliedern auseinandersetzen müssen, weil alle aufeinander hocken.

Oft fließt Alkohol, was das Konfliktpotenzial erhöht und weil dann noch der ganze Erwartungsdruck dazu kommt. Dann entsteht die große Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der Realität.

Wer ist jetzt besonders gefährdet, beispielsweise an Depressionen zu erkranken?

Besonders achtgeben sollte man auf seine Mitmenschen, die dieses Jahr zum Beispiel nicht mit ihren Liebsten feiern können, sondern alleine sind – das ist natürlich immer eine Belastung. Diese Menschen sind alleine und sehen das Glück der anderen. Freunde sind vielleicht auch schlechter zu erreichen – das kann sehr belastend sein.

Gleichzeitig sind natürlich Menschen besonders gefährdet, die bereits vorbelastet sind. Die also bereits eine psychische Belastung haben, vielleicht sogar durch Konstellationen im familiären Umfeld, mit denen sie über die Feiertage wieder konfrontiert werden. Beispielsweise durch ihre Eltern, die mit ihren Leistungen nicht zufrieden sind und dann immer wieder gehässige Kommentare fallen lassen.

Die Pandemie sorgt für zusätzlichen Stress und Punkte, über die gestritten werden kann: Haben Sie Tipps, wie man beispielsweise mit Impfgegnern oder gar Corona-Leugnern in der Familie umgehen sollte?

Grundsätzlich würde ich bei Weihnachten immer den Ansatz pflegen: Wenn es schon Konfliktthemen gibt und man weiß, bei welchen Themen es regelmäßig eskaliert – klammern Sie diese an Weihnachten einfach aus. Diese Themen müssen nicht an Weihnachten ausgetragen werden.

Sie können sich liebevoll sagen: Ich finde das Thema auch wichtig, aber lass uns das doch nach Weihnachten besprechen. Aber klar, das Thema Corona ist besonders schwierig und spaltet sogar Familien, sodass einige dieses Jahr gar nicht zusammen feiern.

Und was, wenn es schon eskaliert ist oder der Streit nicht mehr aufzuhalten ist?

Ein wichtiger Tipp ist generell und auch an Weihnachten: Sie können sich jederzeit auch mal aus der Situation herausnehmen. Sagen Sie „Ich mache mal kurz einen Spaziergang“, atmen Sie frische Luft und lassen Sie so die Stimmung gar nicht eskalieren. Jeder kann die Situation auch mal verlassen, wenn es stressig wird.

Wer nicht geimpft ist, hat dieses Jahr strenggenommen ohnehin ein einsameres Weihnachten vor sich: Was empfehlen Sie diesen Menschen?

Als Erstes natürlich, sich impfen zu lassen. Generell hilft es vielleicht aber allen, die dieses Jahr alleine feiern müssen, ein wenig, wenn sie versuchen, die Zeit trotzdem zu genießen. Machen Sie es sich so schön wie möglich und machen Sie Sachen, die Ihnen gefallen: Kochen Sie sich etwas Leckeres oder bestellen Sie sich etwas, machen Sie Kerzen an und schauen Sie einen schönen Film, was auch immer zu Ihren Lieblingstätigkeiten zählt.

Und ganz wichtig: Versuchen Sie trotzdem, in Kontakt zu anderen Menschen zu bleiben. Rufen Sie Freunde oder Familie an oder feiern Sie virtuell zusammen. Und wenn niemand Zeit hat, könnten Sie Weihnachtskarten an Ihre Liebsten schreiben, damit Sie trotzdem in irgendeiner Weise verbunden sind mit den Menschen, die Sie lieben.

Was können Angehörige tun, damit an Depressionen erkrankte Menschen ein schönes Weihnachtsfest haben?

An Weihnachten wie auch im Alltag hilft es, wenn man keine zu großen Erwartungen an psychisch belastete Menschen stellt. Oft verstärkt der Druck, gut gelaunt und glücklich sein zu müssen ("Es ist doch Weihnachten!”), die Belastung und den Stress. Sie sollten lieber das Gefühl geben, dass derjenige so sein kann, wie er ist –, und dass alle Gefühle okay sind und er geliebt wird, wie er ist.

Sie können auch Gesprächsangebote geben, aber den Raum lassen, darüber zu sprechen oder nicht. Liebevoll miteinander sein und sich mal in den Arm nehmen hilft natürlich auch immer.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Blum!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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