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"Beim Sex gilt: Nicht zu selten - nicht zu schnell"
Befragungen haben gezeigt: In deutschen Betten dauert der Sexualakt im Schnitt gerade mal acht Minuten. 20 Prozent der MĂ€nner sind der Meinung, sie kommen zu schnell zum Höhepunkt. Doch was genau heiĂt "zu schnell" und welche Techniken gibt es, das Liebesspiel hinauszuzögern? Ein Sexualtherapeut weiĂ Rat.
Objektive Kriterien, wie lange ein Mann im Bett durchhalten muss, gibt es nicht. Mit einer Stoppuhr allein kommt man nicht weiter, denn die AnsprĂŒche sind von Schlafzimmer zu Schlafzimmer verschieden. "Das Paar entscheidet, ob der Orgasmus des Mannes als zu frĂŒh empfunden wird oder nicht", erklĂ€rt Sexualtherapeut Dr. Kurt Seikowski von der Gesellschaft fĂŒr Sexualwissenschaften. "Das können wenige Sekunden oder Minuten sein, aber auch eine halbe Stunde."
Orgasmus erst dann zu frĂŒh, wenn einer darunter leidet
Problematisch wird es erst dann, wenn einer der beiden unter dem Zeitpunkt des Samenergusses leidet: Er, weil fĂŒr ihn die Lust zu schnell vorĂŒber ist oder ihn SchuldgefĂŒhle plagen, dass seine Partnerin nicht auf ihre Kosten kommt. Sie, weil das Liebesspiel immer dann abrupt endet, wenn sie gerade auf Touren gekommen ist. "Wird der frĂŒhzeitige Orgasmus zur Belastung fĂŒr die Beziehung, muss das Paar gegensteuern", sagt Seikowski. Laut dem Experten sind viele Beziehungen aus diesem Grund zerbrochen.
Die drei hĂ€ufigsten Auslöser fĂŒr einen vorzeitigen Samenerguss
Doch was können Paare tun, wenn er zu frĂŒh kommt? Zuerst muss die Ursache des schnellen Höhepunktes geklĂ€rt werden. Wie der Sexualtherapeut aus seiner eigenen Sprechstunde weiĂ, ist eine zu starke Erregung der hĂ€ufigste Auslöser. Auf Platz zwei kommt zu seltener Sex. "Je weniger Sex das Paar hat, desto schneller steigt die Lust und desto schwieriger wird es fĂŒr ihn, diese zu kontrollieren", sagt Seikowski.
Platz drei belegen Hektik und Stress auf der Arbeit. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass besonders MĂ€nner, die auf der Arbeit hektisch und schnell sind, auch im Bett diese Eile an den Tag legen." Daher rĂ€t der Sexualtherapeut seinen Patienten, Leistungsdruck aus dem Liebesspiel zu nehmen und sich Zeit fĂŒreinander zu nehmen. Nur wenn sich beide entspannen, kann es funktionieren.
Sex-Regel: Nicht zu selten und nicht zu schnell
"Beim Sex gilt die Regel: Nicht zu selten und nicht zu schnell. Viele Paare machen sich zu viel Stress. Endet der Sex dann zu frĂŒh, bleiben unausgesprochene VorwĂŒrfe und Frust zurĂŒck. Doch es geht auch anders", weiĂ Seikowski. Das Paar könne sich beispielsweise darauf einstellen, dass die erste Runde schnell vorbei ist. Sich anschlieĂend kurz ausruhen und in Runde zwei starten. "Dann ist bei ihm nicht nur die stĂ€rkste Erregung abgeklungen. Von den meisten MĂ€nnern und Frauen wird der zweite Höhepunkt zudem als wesentlich intensiver empfunden als der erste."
Technik aus dem Kamasutra bringt beide zum Höhepunkt
Eine weitere Möglichkeit, um gemeinsam zum Höhepunkt zu kommen, ist die sogenannte Karezza-Technik. Diese ist dem Kamasutra entlehnt. Hierbei dringt er in sie ein, stoppt nach einigen StöĂen seine Bewegung, bleibt aber in ihr. Dann stimuliert er seine Partnerin mit den Fingern. "Durch die gezielte Massage der Intimzone bewegt sie sich immer nĂ€her in Richtung Orgasmus. Sein Penis hingegen kommt zur Ruhe und wird nicht weiteren Reizen ausgesetzt. Das ist wie eine Verschnaufpause", sagt Seikowski. "Merken beide, dass sie kurz vor dem Höhepunkt steht, nimmt er seine Bewegung wieder auf." Die meisten Paare, die in seine Sprechstunde kommen, geben dem Experten positive RĂŒckmeldungen zu dieser Technik.
Vier Erektionen und ein Orgasmus
Auch alleine kann der Mann ĂŒben, den Orgasmus hinauszuzögern. Bei der sogenannten Masturbations-Technik wird der Penis so lange stimuliert, bis dieser erigiert ist. Dann lĂ€sst der Mann die Erektion abklingen. AnschlieĂend stimuliert er sich erneut. "Der Wechsel von kommender und gehender Erektion sollte drei Mal hintereinander durchgefĂŒhrt werden. Beim vierten Mal belohnt sich der Mann mit einem Orgasmus", erklĂ€rt der Experte das Vorgehen. Diese Methode trainiere nicht nur die Standhaftigkeit an sich, sondern zeige dem Mann auch, dass er seine Lust kontrollieren kann. "Es erfordert zwar Ăbung, doch es lohnt sich. Die Zeitspanne dieser Ăbung kann im Laufe der Zeit auf 20 Minuten ausgedehnt werden."
Beschichtete Kondome und paradoxe Intervention
Eine weitere Möglichkeit sind reizmindernde Kondome. Diese speziellen PrĂ€servative sind innen mit dem Wirkstoff Xylocain beschichtet. "Dieser kommt ursprĂŒnglich aus der Chirurgie. Er wirkt leicht betĂ€ubend und beugt so einer Ăberreizung des Penis vor", erklĂ€rt Seikowski.
Auch kann es das Paar mit der sogenannten "paradoxen Intervention" versuchen. Hierbei nimmt sich der Mann beim Liebesspiel ganz gezielt vor, zu frĂŒh zu kommen. "In vielen FĂ€llen fĂŒhrt dann genau das dazu, dass er lĂ€nger durchhĂ€lt", sagt der Sexualtherapeut. "Das ist so, als nĂ€hmen Sie sich vor, nicht zu lachen. Mit groĂer Wahrscheinlichkeit werden sie genau das tun."
Paartherapie kann helfen
Kommt das Paar alleine zu keiner Lösung und belastet die frĂŒhzeitige Ejakulation des Mannes weiterhin die Beziehung, kann eine Sexualberatung sinnvoll sein, um den SpaĂ im Bett wieder neu zu entdecken und den Leistungsdruck zu nehmen.