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Giftige Chemikalien: BPA in Deutschlands Trinkwasser nachgewiesen


Laboruntersuchung zeigt
Giftige Chemikalien im Trinkwasser nachgewiesen

  • Jennifer Buchholz
Von Jennifer Buchholz

12.12.2023Lesedauer: 3 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Leitungswasser: Es gibt eine Mindesttemperatur für Warmwasser.Vergrößern des Bildes
Leitungswasser: In den Leitungen können sich gefährliche Chemikalien befinden. (Quelle: nikkytok/getty-images-bilder)

Das Leitungswasser in Deutschland gilt als qualitativ gut. Eine Untersuchung kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis. Kann es also bedenkenlos getrunken werden?

Laut dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) kann Wasser, das frisch aus Ihrem Wasserhahn kommt, mit einer giftigen Chemikalie belastet sein: Bisphenol A (BPA). Und zwar nicht, weil das Trinkwasser ohnehin damit belastet ist. Viel häufiger stecken die Trinkwasserleitungen im Eigenheim oder Mehrfamilienhaus dahinter.

Was ist BPA?

Bisphenol A wird als reproduktionstoxisch eingestuft. Zudem beeinflusst es den Hormonhaushalt eines Menschen, weshalb BPA "nach dem europäischen Chemikalienrecht als besonders besorgniserregende Substanz (Substance of Very High Concern, SVHC) identifiziert" wird, erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Darüber hinaus erwies sich BPA in Tierversuchen als "wahrscheinlich" nieren- und leberschädigend.

Isolierung der Trinkwasserleitung kann giftig sein

Die Experten des CVUA stellten bei ihrer Trinkwasseranalyse in Wohngebäuden teilweise eine kritisch hohe Konzentration von BPA fest. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass das besonders bei den Trinkwasserleitungen der Fall ist, die von innen mit Epoxidharz (EP-Harz) isoliert worden waren. Zwischen den Jahren 2000 und 2015 war das Einleiten von dem Kunstharz in Trinkwasserleitungen eine gängige und kostengünstige Methode, alte verzinkte und/oder verrostete Stahl- oder Bleirohre zu sanieren, ohne diese komplett austauschen zu müssen. Aber auch schon 1987 wurden in bis zu 100.000 Wohnungen die Stahlrohre auf diese Weise von innen saniert.

Das Problem bei dieser Art der Innenrohrsanierung ist jedoch, dass sich bei Warmwasserrohren die EP-Harzschicht aufgrund der hohen Temperaturen nach und nach ablöst. Die kleinen Partikel werden sodann mit dem Wasser nach draußen – und demnach zum Verbraucher – gespült. Wird das nun belastete Leitungswasser beispielsweise zum Kochen oder Trinken genutzt, gelangt das BPA in den Organismus des Menschen und kann hier seine gesundheitsschädigende Wirkung entfalten.

Und die Werte, die das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt im Leitungswasser nach dem Austritt festgestellt hat, sind nicht gerade gering. In 87 Prozent der Warmwasserproben lagen die BPA-Konzentrationen über dem ab 2024 gültigen Grenzwert von 2,5 Mikrogramm pro Liter (µg/L). Teilweise wurde der Wert auch um das Achtfache des in der Trinkwasserverordnung erlaubten Werts überschritten, erklären die Experten von Stiftung Warentest. Ein gemessener Wert lag beispielsweise bei 211 µg/L.

Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Im Kaltwasser konnten keine EP-Harz-Bestandteile und somit kein BPA aus den Leitungen nachgewiesen werden.

Das können Hausbesitzer tun

Das Problem ist, dass die Innenrohrsanierung – auch Relining genannt – nicht rückgängig gemacht werden kann. So bleibt als einzige Lösung, die Rohre (nun doch) komplett austauschen zu lassen.

Zwar würde die Schadstoffbelastung auch reduziert werden, wenn die Warmwassertemperatur auf deutlich unter 65 Grad Celsius (in den Rohren) gesenkt würde. Doch das wiederum kann die Legionellengefahr erhöhen (mehr dazu erfahren Sie in diesem Artikel). Insbesondere, weil ein Test des Verbrauchermagazins "Markt" zeigt, dass sich Legionellen aufgrund der porösen und unebenen Oberfläche gerne in dem Kunstharz festsetzen und sodann mit hinausgespült werden könnten.

Bevor Sie jetzt jedoch Sanierungsmaßnahmen planen oder ergreifen, sollten Sie erst ein unabhängiges, professionelles Labor mit der Untersuchung Ihrer Trinkwasserleitung beauftragen. Die Kosten hierfür liegen bei etwa 90 Euro. Erst dann sollten Sie einen Fachbetrieb mit der Untersuchung und gegebenenfalls dem Austausch der Rohre beauftragen.

Mieter sollten Ihren Vermieter bitten, ihnen Informationen über den Zustand der Trinkwasserrohre zukommen zu lassen. Sie können allerdings auch selbst ein Labor mit der entsprechenden Untersuchung beauftragen und bei einem positiven Befund den Vermieter hiermit konfrontieren. Dieser sollte dann entsprechende Verbesserungsmaßnahmen ergreifen.

Epoxidharz auch in Abwasserleitungen

Teilweise empfehlen Experten, Abwasserleitung mit Epoxidharz zu verwenden. Denn hierbei würden die Abtragungen nicht mehr direkt beim Entnehmer landen. Stimmt das?

Korrekt ist, dass das Abwasser tendenziell kälter ist. Somit sind die Temperaturen im Rohr geringer, wodurch weniger BPA gelöst und abgetragen wird. Nichtsdestotrotz sollten Sie auf die Verwendung des Kunstharzes verzichten. Denn auch durch Erosion können sich Substanzen aus der Innenrohrisolierung lösen und in das Wasser gelangen – mit schweren Folgen für die Umwelt, wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie berichtet: "BPA wird über das Abwasser in die Oberflächengewässer eingetragen und somit sind Kläranlagen eine wichtige Eintragsquelle. Die weite Verwendung und ubiquitäre Verbreitung von BPA führt auch zu diffusen Einträgen in geringen, ökotoxikologisch jedoch relevanten Konzentrationen."

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