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Klima im Klartext: Extremwetter gefährden unser Zuhause – eine Kolumne


Immer häufiger Extremwetter
Darauf kommt es jetzt an

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

Aktualisiert am 31.05.2024Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Überschwemmungen in SaarbrückenVergrößern des Bildes
Feuerwehrleute bewegen sich durch das Hochwasser in Saarbrücken. (Quelle: Harald Tittel/dpa/dpa-bilder)

Deutschland hat bereits zwei Hochwasser in diesem Jahr erlebt, für das Wochenende gibt es weitere Warnungen. Wie können Hausbesitzer sich absichern, wenn Extremwetter immer häufiger auftreten?

Fürs Wochenende ist wieder Starkregen im Südosten Deutschlands vorausgesagt und damit potenziell das dritte Hochwasser des Jahres. Ende 2023, Anfang 2024 hatte es vor allem Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen getroffen. Am Pfingstwochenende regnete es dann so viel, dass in Saarbrücken nicht nur die Stadtautobahn unter Wasser stand. Das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg waren von Überschwemmungen betroffen. Wege und Wälder wurden geflutet, Straßen und Wohnhäuser beschädigt, viele Menschen evakuiert. Das Wasser bahnte sich seinen Weg in Keller und Wohnzimmer.

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise so, dass jede und jeder sie verstehen kann.
In ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. 2022 wurde sie vom "Medium Magazin" zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt. Hier geht es zum Autorinnen-Profil.

Für Hausbesitzer bedeutet das: Es wird teuer. Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) geht von Schäden in Höhe von 200 Millionen Euro aus – und zwar allein für die versicherten Gebäude und Fahrzeuge. Nicht Versicherte sind darin nicht enthalten. Eigentümer, die keine Versicherung haben, sind daher doppelt schwer getroffen. Deutschlandweit sind 54 Prozent der Wohnhäuser gegen sogenannte Elementarschäden versichert. Im Saarland sind es nach Angaben des GDV 47 Prozent. (Ob Hausbesitzende sich noch schnell versichern können, lesen Sie hier.)

Video | Das macht die Wetterlage noch gefährlicher
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Quelle: t-online

Elementarschäden sind von der Natur verursachte Schäden, etwa durch Hagel, Sturm, Blitzschlag, Frost, Überschwemmung und Erdrutsche. Genau genommen ist es aber der Mensch, der viele dieser Schäden mittlerweile verursacht. Denn dass sich Unwetter derart häufen, ist eine Folge der menschengemachten Erderhitzung. Und das, was wir heute erleben, ist erst der Anfang. Es stellt sich also die Frage, wie wir uns vor den Folgen besser schützen können, insbesondere Hausbesitzer.

Plichtversicherung gegen Elementarschäden?

Schon seit der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 wird daher, mal wieder, über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden diskutiert. Damals kamen mindestens 185 Menschen ums Leben; der Staat zahlte 30 Milliarden Euro, um betroffenen Hausbesitzern zu helfen. Anschließend wurde eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eingesetzt, um einen Bericht darüber vorzulegen, inwiefern sich die Einführung einer Pflichtversicherung empfiehlt. Die Länderchefs sprachen sich darin erneut dafür aus. Im Juni will Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten darüber beraten.

Das Problem: Wenn immer häufiger starke Schäden auftreten – wer soll das bezahlen? Hausbesitzende, Versicherungen und der Staat haben Angst vor finanzieller Überforderung. In den USA steigen die Prämien bereits kräftig. Zum Teil ziehen sich Gebäudeversicherer auch zurück, einige bieten etwa in Florida und Kalifornien gar keine Policen mehr an.

So weit ist es in Deutschland noch nicht. Aber Bayern hatte in der Vergangenheit bereits angekündigt, ab Juli 2019 nach Naturkatastrophen keine finanzielle Unterstützung mehr zu leisten. Die Begründung: Es sei nicht Aufgabe des Staates, als Ersatzversicherer einzuspringen. Aufgrund der zunehmenden Naturgefahren sei es das oberste Ziel, die Versicherungsquote für Elementarschäden signifikant zu erhöhen. Nach den Überflutungen im Juli 2021 hatte der Freistaat dann doch noch mal Soforthilfen ausgegeben, betonte aber, dass es sich um ein einmaliges Abweichen gehandelt habe.

Im Saarland wurden gerade staatliche Hilfen zugesagt. Betroffene können pauschal 1.000 Euro erhalten, wenn sie nachweisen, dass ihr Haus im Überflutungsgebiet lag und auch tatsächlich betroffen war. Bei größeren Schäden sind die Hilfen für Hausbesitzende ohne Versicherungen an Bedingungen geknüpft. Sie können demnach finanzielle Unterstützung erhalten, wenn der Schaden einen Wert von mindestens 5.000 Euro hat – und der Abschluss einer Elementarschadenversicherung finanziell nicht zumutbar gewesen war. Dafür müssen Versicherungsangebote vorgelegt werden, die über zwei Prozent des Nettoeinkommens des Haushalts liegen. Außerdem gebe es Härtefallregelungen für jene, die durchs Raster fallen und steuerliche Erleichterungen für vom Hochwasser Betroffene.

Eine Pflichtversicherung soll nun einerseits gewährleisten, dass möglichst alle Häuser mit Versicherungen abgedeckt sind. Andererseits soll die höhere Versicherungsquote dabei helfen, die Preise für Policen gering zu halten.

Versicherer sind gegen Pflichtversicherung

Ausgerechnet die Versicherer sehen das kritisch. Einige Einwände sind nachvollziehbar, andere weniger. Sie kritisieren etwa, dass eine Versicherungspflicht ein zu schwerer Eingriff in Eigentümerrechte sei. Der Einwand überzeugt mich wenig. Ohne eine Haftpflichtversicherung kann in Deutschland zum Beispiel auch kein Fahrzeug zugelassen werden. Das Problem könnte eher sein, dass bei einer Versicherungspflicht nicht nur alle eine Versicherung abschließen müssen, sondern auch alle aufgenommen werden müssen. Auch Häuser, die gerade in ausgewiesenen Überflutungs- und Hochrisikogebieten neu oder wiederaufgebaut werden. Nicht nur im Ahrtal.

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Außerdem fürchten Versicherer, dass sich Bund, Länder, Kommunen und auch Eigentümer auf dem Versicherungsschutz ausruhen könnten. Prävention und Klimafolgen-Anpassung seien zentral, damit die Schäden und Versicherungsprämien nicht aus dem Ruder liefen, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Auch das Problem ließe sich lösen, indem die Versicherung, wie in Frankreich, an Auflagen geknüpft wird und bei Nicht-Erfüllung zum Beispiel der Selbstbehalt deutlich ansteigt.

Wichtig wären laut GDV Bauverbote in gefährdeten Gebieten, eine Pflicht, überschwemmungsresiliente Baustoffe zu verwenden, für Baugenehmigungen eine Klima-Gefährdungsbeurteilung einzuholen und einen Naturgefahrenausweis einzuführen, der zeigt, wie anfällig die Gebäude für Schäden sind.

Für Bewohner und Besitzer ist es wichtig, sich über mögliche Gefahren zu informieren und entsprechende Versicherungen rechtzeitig abzuschließen. Da die Erderhitzung Erfahrungswissen entwertet, kann man sich künftig nicht mehr darauf verlassen, dass das eigene Haus etwa vor Hochwasser sicher ist, nur weil das in der Vergangenheit der Fall war. In Österreich gibt es dafür ein Naturgefahrenportal, bei dem man nachschauen kann, welche Gefahren dem eigenen Zuhause drohen und wie man sich schützen kann – wie viele Sandsäcke man zum Beispiel zu Hause haben sollte. In Deutschland haben wir so etwas noch nicht.

Beim Haus meiner Familie in Brandenburg hatte ich bisher angenommen, dass es vor Hochwasser sicher sein dürfte. Doch nicht nur zu viel Wasser ist ein Problem, sondern auch zu wenig. In Frankreich gibt es bereits ein massives Problem damit, dass Häuser Risse bekommen, weil der Grundwasserspiegel absinkt und mit ihm der Erdboden. Und auch flache Regionen ohne Flüsse in der unmittelbaren Umgebung können mittlerweile massiv überschwemmt werden, wenn genug Wasser vom Himmel kommt. Das wurde auch mir erst klar, als ich die Bilder der heftigen Fluten in Griechenland und Libyen im vergangenen Jahr sah. Es empfiehlt sich daher, Wetterwarnungen und Gefahrenlagen im Blick zu haben.

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Erderhitzung muss gestoppt werden

Auf das Unwetter am Wochenende seien die Einsatzkräfte vorbereitet, versichert etwa das THW Bayern. Forschende wie der Klimawissenschaftler Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung warnen aber schon länger vor sogenannten verbundenen Effekten: Man könne alle möglichen Szenarien und Rettungspläne durchspielen, in der Realität kann es dennoch zu unvorhergesehenen Ereignissen kommen. Wenn etwa eine Brücke oder eine Straße bei einem Unwetter mit weggeschwemmt wird, können Einsatzkräfte nicht an betroffene Orte gelangen, um zu helfen.

Anpassung ist daher wichtig. Wir können uns aber längst nicht an alles anpassen. Vor allem nicht an ein eskalierendes Klima. Damit Anpassung möglichst gut gelingt, müssen wir vor allem eins: die Erderhitzung abbremsen. Und wenn möglich stoppen.

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