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Hochwasser in Deutschland: Sind extreme Niederschläge ab jetzt normal?


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Kolumne "Klartext Klima"
Das ist erst der Anfang

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

Aktualisiert am 19.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Hochwasser in KölnVergrößern des Bildes
Hochwasser in Köln (Archivbild): Ist das jetzt normal? (Quelle: Roberto Pfeil/dpa/dpa)
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Der menschengemachte Klimawandel lässt viele Wetterextreme stärker und häufiger werden. Entscheidend ist, wie wir jetzt damit umgehen.

Das Hochwasser zum Jahreswechsel wurde in vielen Medien und Wohnzimmern außerhalb der betroffenen Regionen vergleichsweise emotionslos wahr- und hingenommen, habe ich den Eindruck. Zu viele andere Krisen gibt es in der Welt, das Budget für Sorge und Mitgefühl scheint bei vielen erschöpft zu sein. Mir geht es oft nicht anders.

Gleichzeitig haben wir uns ein Stück weit auch an die verstörenden Bilder gewöhnt. An die überschwemmten Orte, Straßen und Häuser. An Menschen, die Angst um ihr Zuhause oder ihre Angehörigen haben, an Anwohnerinnen, die Wasser aus ihren Häusern pumpen, Helfende, die Sandsäcke stapeln, und Politiker in Gummistiefeln.

Gesehen haben wir diese Bilder beim Jahrhunderthochwasser 2002 an der Elbe und 2006 und 2013 bei den erneuten Höchstständen dort. Gesehen haben wir sie auch 2010 an der Oder, 2016 in Süddeutschland, 2017 im Harz. Ich musste die Jahreszahlen nachschlagen, weil sie in meiner Erinnerung bereits verschwommen waren.

Etwas andere Schäden und Bilder hinterließ die Jahrhundertflut an der Ostsee im vergangenen Jahr, viel mehr Aufmerksamkeit bekam sie dennoch nicht. Eine neue, überwältigende Dimension erreichte die Flutkatastrophe 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, die so schnell kam, dass 136 Menschen starben. Von den extrem zerstörerischen und tödlichen Überschwemmungskatastrophen in Pakistan 2022 und Libyen 2023 und den weitläufigen Überflutungen in Slowenien und Griechenland im vergangenen Sommer fange ich hier gar nicht erst an.

Regelmäßiges Hochwasser – ist das die neue Realität?

In der Berichterstattung spielten die aktuellen Überschwemmungen in Tageszeitungen und auf Nachrichtenseiten schon nach kurzer Zeit keine Hauptrolle mehr. Das Wort "Klima" hat man im Zusammenhang mit den Hochwassern erstaunlich selten gehört. Auch wenn der exakte Anteil der Erderhitzung an einem Extremwetterereignis schwer zu benennen ist – das klären sogenannte Attributionsstudien –, gibt es klare Zusammenhänge: Zum einen kann wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen und führt so auch zu stärkeren Niederschlägen. Zum anderen sorgt der durch die Erderhitzung abnehmende Jetstream dafür, dass Wetterlagen länger stabil bleiben. Es regnet – oder schneit, je nach Temperatur – also nicht nur mehr, sondern auch länger.

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In Deutschland nimmt der Niederschlag seit 1881 im Winter messbar zu. Um die Frage danach, ob das noch Wetter ist oder schon Klima, etwas in Perspektive zu rücken: Eine 2020 veröffentlichte Studie der ETH Zürich zeigt, dass seit Anfang 2012 das Wetter auf der Erde an jedem einzelnen Tag von der Erderhitzung beeinflusst wird. Viele Kinder meiner Freundinnen und Freunde haben so gesehen in ihrem Leben also nicht einen Tag normales Wetter erlebt. Sind die Realitäten der vergangenen Monate und Jahre also das, womit wir leben und worauf wir uns künftig einstellen müssen? Nicht ganz. Das ist erst der Anfang.

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, sodass jede und jeder sie verstehen kann. Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom "Medium Magazin" zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.

Alles, was wir heute sehen und erleben, passiert bei einer Erderhitzung von etwa 1,2 Grad. Und mit jedem Zehntelgrad werden die Folgen drastischer. Wir müssen uns also nicht einfach nur auf immer neue Überflutungen einstellen, wir müssen auch damit rechnen, dass sie in immer kürzeren Abständen kommen können und immer neue Höchstwerte liefern.

So schnell wie möglich, in jeder Branche und jeder Region.

2023 war das heißeste Jahr seit der Wetteraufzeichnung, wohl sogar das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren. Im vergangenen Jahr war es unterschiedlichen Messreihen zufolge im Schnitt 1,45 Grad wärmer als zur vorindustriellen Zeit. Der 1,5-Grad-Grenze kommen wir damit immer schneller immer näher. Doch auch wenn einzelne Jahre bereits an der Temperaturmarke kratzen und der Trend klar ist: Klima ist das Mittel des Wetters über einen Zeitraum von 30 Jahren.

Um die Erderhitzung zu stoppen und das Klima idealerweise auf einem Level zu stabilisieren, an das wir Menschen uns, unsere Infrastruktur und unsere Landwirtschaft noch einigermaßen gut anpassen können, müssen wir vor allem aufhören, Kohle, Gas und Öl zu verbrennen und Treibhausgase wie Methan auszustoßen. So schnell wie möglich, in jeder Branche und jeder Region.

Wenn die Klimakrise tatsächlich da sei, werde man auch entschlossen handeln, suggerierten 2019 Politikerinnen und Politiker den Aktivisten von Fridays for Future immer wieder. Der Satz war schon damals falsch, die Krise ist längst da. Sie wird immer deutlicher sicht- und spürbar und würde eigentlich Notfallpläne und Sofortmaßnahmen erfordern. Stattdessen wurde 2023 ein Klimagesetz verabschiedet, dessen Maßnahmen nicht ausreichen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Und dessen Ziele nicht ausreichen, damit Deutschland seinen fairen Anteil daran leistet, das auf dem vergangenen Weltklimagipfel auch von der Bundesregierung noch immer proklamierte Limit von 1,5 Grad Erderhitzung einzuhalten. Mehr zu der Erreichbarkeit des 1,5-Grad-Ziels vor dem Hintergrund der Klimakonferenz in Dubai lesen Sie hier.

Und nun? Kopf in den Sand stecken?

Die Klimakrise ist die Realität, in der wir leben. Wir können sie ignorieren, aus Fatalismus, Unwissenheit oder Überforderung. Oder wir können uns entscheiden, die Folgen so gut es geht abzubremsen und versuchen, uns an das anzupassen, was wir nicht mehr verhindern können. Und wir entscheiden jeden Tag neu darüber, ob wir es versuchen, egal ob wir es bewusst tun oder nicht.

Ich bin überzeugt, dass viele Menschen Veränderung wollen, das zeigen auch Studien immer wieder. Daher werde ich ab sofort versuchen, jede Woche aufzuzeigen, was wir tun können.

Dieses schwammige "Wir", das meint sowohl die Politikerinnen und Politiker als auch jede und jeden Einzelnen. Was könnte und müsste die Politik tun, um das, was Ihnen wichtig ist, Ihr Zuhause, Ihre Kinder und Enkel oder einfach Ihren eigenen Ruhestand so gut es geht zu schützen? Und wie können Sie privat dafür vorsorgen, vor allem aber: Was können Sie tun, um größere Veränderungen mit anzuschieben, wenn die Politik es nicht ausreichend tut?

Seitdem mir die Dringlichkeit der Krise klarer bewusst ist, hat sich mein Blick darauf komplett verschoben, welche Veränderungen nötig und möglich sind. Wir wissen nicht, inwiefern es klappen wird und ob genug Menschen aktiv werden, um entsprechende Veränderungen schnell und umfassend genug einzufordern. Das einzige, was sicher ist: Wenn wir gar nicht erst ernsthaft versuchen, unsere Lebensgrundlagen zu retten, dann kann – und wird – es nicht gelingen.

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