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Jeder kann das Umgangsrecht einfordern


Umgangsrecht auch für die Tante?
Jeder kann das Umgangsrecht einfordern – wenn er gute Gründe hat

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 20.03.2018Lesedauer: 4 Min.
Wenn er gute Gründe hat, kann jeder das Umgangsrecht für ein Kind einfordernVergrößern des BildesNicht immer sind Blutsbande einzige Voraussetzung für den Umgang mit dem Kind. (Quelle: Joseffson/imago-images-bilder)
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Eltern haben das Recht auf Umgang mit ihrem Kind, Großeltern und Geschwister in der Regel auch. Aber selbst Verwandte und Freunde der Familie können unter Umständen ein Recht auf den Umgang mit einem Kind haben.

Blutsbande sind für ein Umgangsrecht nicht zwingend

Es gibt Fälle, in denen Menschen, die nicht zum engsten Familienkreis gehören, trotzdem das Recht auf den Umgang mit einem Kind haben. Und dieses Recht auch einklagen können. Voraussetzung ist, so die Berliner Rechtsanwältin Eva Becker, dass sie über einen längeren Zeitraum in irgendeiner Form Verantwortung für das Kind übernommen haben, dass eine sozial-familiäre Beziehung besteht und sie eine enge Bindung nachweisen können.

"In solchen Gerichtsverfahren ist man geschult darauf, zu erkennen, ob es wirklich um das Wohlergehen des Kindes geht oder ob der Wunsch nach Umgang zum Beispiel als Retourkutsche gedacht ist. Wenn derjenige nicht weiß, wie der Klavierlehrer heißt, wenn er den Stundenplan nicht kennt oder nichts über die medizinische Versorgung des Kindes sagen kann, dann kann man daraus seine Schlüsse ziehen", so die Vorsitzende der AG Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Übernahme von Verantwortung ist entscheidend

Die Beziehung zum Kind muss über die, wie es die Rechtsprechung fordert, "übliche Unterstützung innerhalb einer Familie" hinausgehen. Dass man der Babysitter des Kindes war, das allein reicht nicht. Genauso wenig, wie man zwingend ein Recht auf den Umgang mit dem Kind seines Ex-Partners einfordern kann, nur weil man ab und zu die Wochenenden gemeinsam verbracht hat.

Wenn aber zum Beispiel die das Umgangsrecht einklagende Person der Hauptansprechpartner für das Kind während einer Trennung oder Scheidung gewesen ist und es seelisch gestützt hat, dann sieht das schon ganz anders aus. "Ein solcher Fall trifft den Sinn der gesetzlichen Vorschriften sehr genau", da ist sich der Nürnberger Fachanwalt für Familienrecht, Martin Weispfenning, sicher. "Derjenige hat Verantwortung übernommen, Hilfestellung geleistet, Stabilität geboten und ist eine enge Bezugs- und Vertrauensperson für das Kind geworden."

Für das Kind vor Gericht ziehen

Eigentlich kann man davon ausgehen, dass jemand, der eine enge und vertraute Beziehung zu einem Kind hat, möglicherweise auch mit ihm zusammengelebt hat, selbstverständlich das Kind sehen und mit ihm Zeit verbringen kann. Eigentlich – denn es gibt zahlreiche Fälle, in denen das schwierig wird. Zum Beispiel, wenn es sich um die Kinder des Ex-Partners handelt oder um das Patenkind, mit dessen Eltern man sich zerstritten hat.

"Natürlich ist es immer so, dass etwas nicht im Reinen ist, wenn man vor Gericht geht. Und es kostet viel Überwindung, einen solchen Schritt zu gehen. Aber man muss das vom Blickwinkel des Kindes aus sehen. Denn es sind ja nicht nur die Rechte des Erwachsenen, die er geltend macht. Sondern es ist im optimalen Fall die feste Überzeugung, dass das Kind das braucht. Dazu ist es wichtig, keine Kriegsschauplätze zu eröffnen und vernünftig vorzugehen."

Beim Umgangsrecht steht das Kindeswohl an erster Stelle

Bei der Entscheidung, ob jemand das Umgangsrecht erhält, zählt auch, was das Kind möchte. "Um gegen den Willen eines Kindes zu entscheiden, müssen schon sehr gute Gründe sprechen. Allerdings wird vor Gericht auch genau darauf geachtet, ob das Kind eventuell manipuliert wurde." Und natürlich macht es einen Unterschied, ob ein Kind drei oder dreizehn Jahre alt ist.

Wenn Dritte ein Umgangsrecht bei Gericht beantragen, dann kann das auch zum zeitlichen Problem werden, zum Beispiel bei getrennten Eltern. "Da hat man das Kind sowieso nur jedes zweite Wochenende und dann muss man diese knappe Zeit noch mit einem anderen teilen. Auch das kann gegen das Kindeswohl sein", so Martin Weispfenning. "Wenn aber zum Beispiel das Kind schon seit Jahren jeden Sommer drei Wochen bei der Tante verbracht hat und es das auch weiter tun möchte, dann sieht die Sache schon ganz anders aus."

Vieles lässt sich außergerichtlich klären

Fälle wie diese werden zwar immer wieder vor Gericht verhandelt, können häufig aber bereits im Vorfeld in Gesprächen mit dem Jugendamt oder Anwälten bzw. Mediatoren geklärt werden. "Oft kann man das Problem über das Umgangsrecht der Eltern lösen. Mal angenommen, der Vater möchte keinen Kontakt mehr zu seiner eigenen Familie. Dann kann die Mutter, wenn sie das im Sinne des Kindes für richtig hält und es in ihre Betreuungszeit fällt, die Familie trotzdem besuchen oder das Kind zum Beispiel auch bei seinem Cousin übernachten lassen." Vorausgesetzt, dort wird nicht schlecht über den Vater geredet. Denn das wiederum kann bereits eine Form von Kindeswohlschädigung sein. "Wenn das aber einfach eine liebe Omi oder Tante ist, die traurig über den Kontaktabbruch ist, sich aber freut, mit dem Kind Zeit verbringen zu dürfen, dann spricht da absolut nichts dagegen."

Letztendlich zählt in Fragen des Umgangsrechts immer das Kindeswohl. Das Gesetz bietet einen ziemlichen Spielraum. Entschieden wird im Einzelfall. Bestehen aber offensichtlich unüberbrückbare Zerwürfnisse, dann ist das nicht im Interesse des Kindes. Ist abzusehen, dass ein Erteilen des Umgangsrechts nur Stress geben wird, dann billigen Gerichte das in der Regel nicht. Wird das Umgangsrecht allerdings rechtlich angeordnet, dann sind die Eltern gezwungen, es auch zu fördern. Sonst kann ein Ordnungsgeld gegen sie verhängt werden.

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