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Partnerschaft: Ist das jetzt eigentlich schon Liebe oder bin ich noch verliebt?


Ist das jetzt eigentlich schon Liebe oder bin ich noch verliebt?

  • Jennifer Buchholz
Eine Kolumne von Jennifer Buchholz

Aktualisiert am 03.07.2019Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Eine Frau hält zwei Herzen vor ihre Augen: Mit der rosaroten Brille können Verliebte ihr Gegenüber schwerer einschätzen. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Eine Frau hält zwei Herzen vor ihre Augen: Mit der rosaroten Brille können Verliebte ihr Gegenüber schwerer einschätzen. (Symbolbild) (Quelle: Deagreez/getty-images-bilder)

Nach einer stürmischen Phase der Verliebtheit sehen wir unseren Partner mit ganz anderen Augen. Das passiert allerdings nicht über Nacht. Es ist ein schleichender Prozess, den wir selbst gar nicht so merken und sogar leugnen.

"Logisch, ganz am Anfang ist man verliebt und irgendwann wird daraus Liebe. Das passiert halt einfach mit der Zeit", dachte ich als Teenager. Stimmt nicht ganz. Zwar sind die Übergänge fließend, aber es gibt doch große Unterschiede, die uns oft gar nicht bewusst sind.

Wann bin ich verliebt?

Erst einmal ganz nüchtern und wissenschaftlich betrachtet: Verliebtsein bedeutet, laut einer Untersuchung der Universität Oldenburg, "das Verspüren 'körperlicher Empfindungen'" wenn der Partner anwesend ist, ein starkes Sehnsuchtsgefühl nach dem Partner und ständiges Denken an ihn. Jedoch ist nicht alles so rosarot. Denn laut der Forscher sind Verliebte gegenüber ihrem Partner weniger offen und ehrlich und wollen am liebsten keinerlei Verantwortung übernehmen. Das kenne ich von meiner Verliebtheit nur zu gut: Ich bin in dieser Phase misstrauisch und erzähle "ihm" sehr Intimes oder Wichtiges aus meiner Vergangenheit nicht sofort – und auch nicht, dass ich meinen Abwasch manchmal mehrere Tage im Waschbecken stehen lasse und nur spüle, was ich gerade brauche. Wäre ja peinlich.

Neurowissenschaftler des University College in London ergänzen noch, dass Verliebte beispielsweise ein hohes Adrenalinlevel haben, das für die Schmetterlinge im Bauch verantwortlich ist. Zusätzlich schüttet der Körper eine sehr große Menge an Dopamin und Serotonin aus, die für die Glücksgefühle sorgen. Das macht mich, wenn ich verliebt bin, beispielsweise zur hyperaktiven Grinsebacke, die am liebsten die ganze Welt umarmen möchte. Andere Areale im Gehirn werden hingegen sehr träge. Die Folge: Wir können kaum noch rationale Entscheidungen treffen. Vernünftige, logische Entscheidung? Nicht, wenn ich verliebt bin! Da gebe ich auch mal fünf Euro für eine Kugel Eis aus, obwohl ich ein paar Meter weiter zwei dafür bekommen würde.

Woran merken wir, dass wir verliebt sind?

Und abseits von der Wissenschaft? Verliebte Frauen und Männer geben bei Umfragen an, dass sie viel lächeln, in den Tag hinein träumen und ihren Freunden natürlich von "ihm/ihr" erzählen – und das oft und ausführlich. Unterschiedlich ist nur, dass verliebte Frauen eher keinen Hunger haben – Männer ihrer Auserwählten hingegen häufig SMS senden und ihr sogar Blumen schicken.

Hinzu kommen meiner Erfahrung nach Konzentrations- und Schlafstörungen. Der Kopf ist schließlich mit anderen, viel wichtigeren Dingen beschäftigt.

Und wann ist es Liebe?

"Ganz klar! Das Verliebtsein ist vorbei, wenn die Gefühle nicht mehr so überschwänglich sind!", dachte ich. Die Teilnehmer der Studie von der Universität Oldenburg machten jedoch andere Erfahrungen: Ihre Gefühle veränderten sich laut eigenen Aussagen kaum. Zusätzlich spürten sie in ihrer länger bestehenden Partnerschaft ein gestiegenes Vertauen und waren offener und ehrlicher gegenüber ihrem Partner. Weitere Unterschiede zwischen Liebenden und Verliebten sind laut der Studie auch, dass sich die Partner gegenseitig mehr schätzen und die Schwächen des anderen akzeptieren. Und meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Faktor: Echte Trauer, wenn die Beziehung zu Ende ist. Auf dieses Indiz würde ich jedoch nicht warten – schließlich bedeutet es zugleich das Aus der Liebe.

Und auch wenn es die Teilnehmer nicht spürten: Das Gehirn unterscheidet ebenfalls ganz klar zwischen Verliebtheit und Liebe. Anstatt wie eine Fabrik ununterbrochen Dopamin auszuschütten, ist der Kopf jetzt damit beschäftigt, das anfängliche Emotionschaos zu verarbeiten – man wird sich seiner Gefühle bewusst, ist entspannter und kann sein Gegenüber besser einschätzen. Zusätzlich produziert der Körper durch die Nähe und das Kuscheln mit dem Partner Oxytocin statt Dopamin. Das Kuschelhormon schwächt unseren Dopaminrausch langsam ab und stärkt die Verbundenheit und das Vertrauen.

Bei mir bedeutet das, dass ich dann auch schon mal bei einem Besuch von "ihm" meine alte Jogginghose anlasse, mich vorher nicht ewig style und ihm sage, wenn ich auf etwas keine Lust habe. Das ist mir nun nicht mehr peinlich. Und wenn wir uns nicht stündlich schreiben oder täglich sehen, ist das auch kein Beinbruch, da ich ihm vertraue.

Duracell-Hase vs. Turteltauben

Ich finde es verrückt, dass die Unterschiede zwischen Verliebtheit und Liebe so groß sind, wir es aber in den einzelnen Phasen der Beziehung kaum merken. Schließlich werden wir von einem verliebten, dauergrinsenden, überaktiven aber misstrauischen Duracell-Hasen zu einer liebenden, entspannten, wertschätzenden und ehrlichen Turteltaube.

Aber es ist schön zu wissen, dass trotz sinkendem Dopamin- und Adrenalinspiegel die Gefühle für unseren Partner nicht verschwinden, sondern sich ändern. Nur so kann aus dem Ende der Verliebtheit der Anfang von Liebe werden, bei der Vertrauen, Zuneigung, Verbundenheit und Ehrlichkeit im Vordergrund stehen.

Jennifer Buchholz, Redakteurin bei t-online.de, schreibt in ihrer Kolumne "Lust, Laster, Liebe" über Liebe, Partnerschaft und Sex.

Verwendete Quellen
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